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5 Jahre Kötte

Autorenbild: Praktikant Praktikant

Wir sind umgeben von Jahrestagen, die wir eifrig in unsere Kalender kritzeln, weil man derartige Dinge angemessen zelebrieren muss. Die Art der Feierlichkeiten ist dabei so variabel, wie die jeweiligen Ereignisse. Schluchzend legen wir einen Strauß dahinsiechender Tankstellenblumen auf das Grab des Lieblingshamsters. Feierlich zerreißen wir am Geburtstag Geschenkpapier, das von überarbeiteten Kassiererinnen um ein billiges Parfum gewickelt wurde. Oder wir mieten eine Schützenhalle, damit das Vereinsjubiläum mit möglichst vielen Alkoholvergiftungen standesgemäß begangen wird. Im Fall der Werler Kötte betreiben wir einfach etwas Selbstbeweihräucherung und schauen, wie es zu dieser Unverschämtheit von Homepage kommen konnte, die nun seit 5 Jahren das sonst so unschuldige Netz verseucht.

 

Warum?!

 

Wo ist der Startpunkt dieser verhängnisvollen Zeitfressmaschine, die nicht satt werden will? Und wen interessiert es? Irgendwann habe ich angefangen, gerne zu schreiben. Das soll nicht heißen, dass die Worte irgendwas taugen. Hin und wieder „tanze“ ich auch, was nicht gleichbedeutend damit wäre, dies in irgendeiner Weise zu beherrschen. Wir tun eben manchmal Dinge, die wir nicht gut können.


Vor vielen Jahren (ist zwar so eine Phrase, passt in diesem Fall jedoch) habe ich beispielsweise eine Art Miniaturkurzgeschichtensammlung zusammengeschrieben, in der es um die jugendlichen Abenteuer einiger mir lieben Menschen ging. Das vulgäre Werk umfasste knapp 50 Seiten und einer der Protagonisten erhielt es als kostengünstiges Geburtstagsgeschenk. Darin waren nicht nur alkoholgeschwängerte Anekdoten, sondern auch Wucherungen von Rechtschreibfehlern, kurios platzierte Kommata und weitere Defizite in Ausdruck und Wortwahl. Das ist bis heute geblieben, denn niemand sollte das Gefasel Korrekturlesen müssen.

 

Soester Anzeiger

 

Dem Soester Anzeiger habe ich in grauer Vorzeit bereits einen ausführlichen Text gewidmet, der nach Überarbeitung der Homepage aber in einer staubigen Schublade meines Rechners verblieben ist. Allerdings spielt das Leitmedium in der Entstehung der Homepage eine nicht außer Acht zu lassende Rolle. Einst war ich stolzer Abonnent der journalismusähnlichen Bruchbude. Morgens markierte ich Rechtschreibfehler und völlig deplatzierte, vollkommen unpassende Wortspiele und ließ meine Freunde in der Whatsapp-Gruppe an den Entdeckungen teilhaben. Irgendwann dürften sie von den alltäglichen Absurditäten genervt gewesen sein und teilten mir mit, ich solle doch eine eigene Zeitung herausbringen. Frei nach dem Motto „Fresse halten, selber machen“


Aus dem Archiv und schlecht gealtert.
Natürlich hat Joe Bausch nicht mit mir gesprochen. Der ist ja nicht bekloppt.

Gesagt, getan. In koffeininduzierten Sitzungen, die noch heute der Textproduktion dienen, zimmerte ich derben Quatsch zusammen, den ich im PDF-Format speicherte und an die ungewollten Abonnenten in der Gruppe schickte. Der Aufbau war einfach. Ein mit bildhaften Beleidigungen gespicktes Editorial, 2 Texte zu einem übergeordneten Thema und ein fiktives Interview mit echten WerlerInnen. Die „Zeitung“ hieß damals bereits WERLER KÖTTE und brachte es auf 12 Ausgaben (plus Sonderausgaben). Irgendwann fiel mir nix mehr ein und man hat ja auch zu tun.


Ebenfalls Archivmaterial, ebenfalls schlimm gealtert.
Der Praktikant war schon damals zu nix zu gebrauchen.

 

2019- Start einer Pandemie

 

2019 und besonders die folgenden Jahre waren kein Zimtzuckerschlecken. Viele Menschen sind gestorben, viele Menschen haben gelitten und einige waren spazieren. Man könnte viel über jene Tage schreiben. Es gibt da sicher nicht nur schwarz und weiß, aber gewisse Bewegungen haben meinen Horizont gesprengt. Zeitweise war ich als Beobachter in einer Telegramgruppe, die von erleuchteten Untergrundkämpfern in Soest betrieben wurde. Wenn ich an die Posts zurückdenke, bekomme ich Kopfschmerzen. Für mich war es auch nicht immer leicht, aber ich bin zurechtgekommen. Dennoch musste ein Ausgleich her.

 


So sah die Seite einst aus. Schön war sie nie und wird es auch nicht werden.
Waybackmaschine sei Dank. Die erste Version sah noch schlimmer aus.

Auf ins Netz!

 

Als Gernschreiber habe ich für die Homepage meines Herzensvereins (SuS Scheidingen) Spielberichte und eine kleine Kolumne zusammengestümpert, doch irgendwie reichte das nicht. Also bastelte ich an einer Homepage herum. Bis heute habe ich von technischen Hintergründen, Möglichkeiten der Gestaltung, Opimierungsprozessen und weiteren Aspekten wenig bis gar keine Ahnung, denn letztlich wollte ich ja nur einen Blog. Früher war das einfach; da hat man sich einen Account bei BlogPUNKTde erstellt, sich Hodenwackler69 genannt und darüber geschrieben, wie schlimm die Ausdünstungen von Menschen in öffentlichen Verkehrsmitteln miefen. Heute muss man ein bisschen mehr beachten.


Dennoch musste ich mir selbst Fragen stellen und sie beantworten. Wie baue ich das Teil auf? Worüber kann ich schreiben? Was will ich eigentlich? Die Fragen stellen sich noch immer, doch weigere ich mich inzwischen, Antworten zu suchen. Ich mache, was ich mache. Ich schreibe, also bin ich. Oder so ähnlich.


Kunst oder so
Köttenkunst

Irgendwann (vor 5 Jahren) ging die Seite Online, die Bedienung kostete Zeit, war umständlich und führte letztlich zu einer inneren Unzufriedenheit, bei der auch Werler Tropfen keine Abhilfe schaffen konnten. Besonders der Umgang mit Fotos frustrierte mich, weshalb Instagram auf dem Handy installiert wurde. Dort bin ich eigentlich am aktivsten. Beinahe täglich darf der Praktikant Schnappschüsse aus Werl posten oder gelegentlich einen Beitrag veröffentlichen. Bei Facebook weise ich eigentlich nur auf Veröffentlichungen hin, denn zu viel Facebook hat ein bisschen was von Selbstgeißelung in menschlichen Abgründen.


Alles neu?!

 

Irgendwann habe ich die Inhalte komplett gelöscht und einen neuen Anlauf gestartet. Werl war und ist weiterhin der drehende Angelpunkt des „Projektes“ oder wie man es nennen möchte, allerdings folgten auch weitere Experimente. So wurden favorisierten Videospielen Berichte gewidmet, in den Kindheitserinnerungen gekramt und ein waschechter Krimi aufs virtuelle Papier gezaubert. Andere Kategorien wurden erdacht und wieder ins Nirwana geschickt. Beispielsweise ein Reisetagebuch oder Interviews mit fiktiven Leuten. Werl- A bis Z ist ein Rundumschlag, der ziemlich viele Aspekte meiner Heimatstadt grell beleuchtet.  

 


Große Literatur kostet nix.
Da können die Bördekrimis einpacken.

Antiwerl-Propaganda

 

Die Aufmerksamkeit, die mein kleines, missverstandenes Baby erhält, schwankte und schwankt in letzter Zeit enorm, was mannigfaltige Gründe hat. Durch die Veröffentlichungen und die Präsenz in den vermaledeiten sozialen Medien bin ich immer wieder im Austausch mit anderen Menschen, was eher zu den Dingen gehört, die ich nicht gut kann und meist vermeide.


Diese Leute haben sich allerdings durch mein Geschreibe gekämpft, wofür ihnen Anerkennung und Respekt gebührt. Dementsprechend beantworte ich Fragen, nehme mir Kritik an und versuche mein Treiben einzuordnen. Recht schnell merkt man, ob verstanden wird, was zwischen den Zeilen steht. Man kann es nicht jedem recht machen, sollte dies auch nicht. Man hat schließlich das Recht auf seine eigene Meinung, wobei es keine Rolle spielt, wie töricht und stumpf diese ist. Dennoch möchte ich ein wenig über die Motive schreiben, insofern es sie gibt.

 


Einiges an "Merch" wurde in den Jahren produziert
Viel Merchandising wurde in trunkener Handarbeit produziert.

Was will „Werler Kötte“?

 

Gar nix. Jedenfalls kein Geld, dafür gibt es Spielotheken. Anders. Ich gehöre zur aussterbenden Gattung von gebürtigen Werlern und treibe mich gerne in meiner alten Heimatstadt herum. Die Texte, die bei Kaffee und Cola entstehen, sollen primär unterhalten, denn bereits Brecht wusste, erst kommt die Pommes, dann die Moral.


Daneben möchte ich einige Aspekte benennen, die nicht jeder auf dem sprichwörtlichen Schirm hat. Für manche Artikel habe ich gar recherchiert (eine ebenfalls im Aussterben befindliche Aktivität), wofür u.a. die „Werl-gestern-heute-morgen“ Ausgaben sehr dienlich waren. Gibt es übrigens auch in der Bücherei. Etliche Artikel rücken positive Aspekte ins Scheinwerferlicht. Dem Sportpark habe ich gehuldigt, die Besonderheit des Parkfriedhofs herausgearbeitet, die Bücherei vorgestellt und einzelne Veranstaltungen beworben. Japp, beworben. Letztlich mache ich nix anderes als Werbung bzw. Reklame, wie meine Omma zu sagen pflegte. Die meisten Artikel folgen einem bewährten Muster. Ich mache mich über etwas lustig (bspw. den Weltrekordversuch), wähle provokante Formulierungen, komme schließlich aber abschließend zu dem Schluss, dass man nicht zu viel meckern sollte. Sonst würde ich meine Freizeit ja auch nicht opfern, um verschiedene Veranstaltungen aufzusuchen. Ich freue mich, wenn hier etwas auf die Beine gestellt wird. Dass meine Art nicht bei allen Leuten ankommt, ist gut. Wer mein Geschreibe als Verunglimpfung Werls auffasst, gehört eben nicht zur Zielgruppe, die es wiederum gar nicht gibt.

 


Recherche ist das A und O oder so.
Wer schreiben will, sollte lesen.

Und nu?

 

Wer weiß, vielleicht gibt es irgendwann mal einen feierlichen Text zum Zehnjährigen, vielleicht habe ich in 2 Wochen kein Bock mehr auf Schreiben oder mache eine Frittenbude auf. Vielleicht ist die Bevölkerung in einem halben Jahr ausgetauscht und ich muss in einer anderen Sprache schreiben. Alles wäre besser als das unnötig umständliche Deutsch. Oder ich sitze in einem Jahr im Knast, weil ich zu wenig gegendert habe. Wer weiß?  Wir werden sehen.


Entschuldigung für den langen Text (neben Schreiben ist das ausschweifende Abschweifen ein wertes Hobby von mir), allerdings feiert man nicht alle Tage das 5-jährige; eigentlich nur einmal höhö


Wir lesen uns sicher im nächsten Jahr. Ich wünsche allen eine reichhaltige Bescherung, seid nett zueinander (auch abseits des Adventsfirlefanzes) und kommt gesund ins neue Jahr.

Frei nach Torsten Sträter: Wer hat den Deutschen eigentlich Böllern erlaubt? Ach, wo du gerade besoffen bist, Bock auf Sprengstoff? Lasst euch heile.

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