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  • AutorenbildWerler Kötte

Bundestagsqual 21

Alle 4 Jahre finden zauberhafte Ereignisse statt, welche die Überlegenheit der menschlichen Spezies demonstrieren. Die Fußball-Weltmeisterschaft, die in ihrer offenherzigen Liebe zum Geld alles über Bord schmeißt, was jemals irgendeine Bedeutung für das „joga bonito“ hatte. Die olympischen Spiele, die in eine ähnliche Kerbe schlagen. Und zu guter Letzt natürlich die Bundestagswahlen der Bundesrepublik Deutschland GmbH. Auch hier geht es um einen Wettkampf, der mit ähnlich integren Mitteln und einer ähnlich verkorksten Zielgruppe geführt wird.


Warum Wahlen?


Deutschland ist ein Land der Rückständigkeit. Noch immer wird hier eine sogenannte Demokratie künstlich am Leben gehalten, die ihre Ursprünge in der Antike hat. Andere Länder (Lukaschenkos Oase, Putins Sandkasten, Erdogans Spielplatz und viele weitere progressive Staaten) machen vor, wie man heutzutage seriöse Politik betreiben kann.


In der Theorie ist die Demokratie eine feine Sache. Jede Bekloppte und jeder Spinner verfügt über eine Stimme (ja, im Detail ist das noch etwas komplexer) und kann diese mittels Kreuzes abgeben. Die Truppe mit den meisten Stimmen hat gewonnen und darf 4 Jahre lang den Ton angeben. Durch unterschiedliche Mehrheitsverhältnisse kommt es meist zu Koalitionen, die durch das Eingehen von Kompromissen nicht das eigene Programm umsetzen können. Stattdessen agieren die Zweckpartner wie Kindergartenblagen, die sich nicht auf die Regeln der Doktorspiele einigen können. Es ist wie mit aussichtsreichen Bestellungen bei wish. Das, was man in den Warenkorb geklickt hat, stimmt mit dem Müll im Paket nur in entfernter Weise überein. Dennoch kann ich mir keine andere Staatsform vorstellen. Vielleicht fällt unserem Praktikanten im nächsten Delirium eine sinnvolle Alternative ein.


Analog und lebensnah. Auf Wahlplakaten betteln Parteien um Aufmerksamkeit.


Realität vs. Wahlkampf



Die PolitikerInnen verfügen nicht über den schmeichelhaftesten Ruf, was vielfältige Gründe hat. Der Lobbyismus ist beispielsweise ein Faktor für das schwindende Vertrauen in die Volksvertreter. Überall rennen schick gekleidete Agenten aus der Wirtschaft herum und beraten die überforderten Abgeordneten in vollkommen uneigennütziger Weise, damit diese auch die sinnvollsten Entscheidungen treffen können. Leider sind die Aktivitäten der Lobbyisten so transparent und verständlich wie die Datenschutzerklärungen von Facebook.


Außerdem kommt es immer wieder zu famosen Auswüchsen, die im Volksmund auch Skandale genannt werden. Berateraffären, Cum-Ex, Wirecard, alles, was der Scheuer so treibt, völlig irre Aktionen mit Masken, um sich die Taschen mit Kohle vollzustopfen, absurde Werbeauftritte für Nestlé und anderweitige Spitzenleistungen, bei deren Betrachtung das Exen einer Pulle Schnaps die einzig wirksame Maßnahme zu sein scheint.


Die dafür verantwortlichen Hampeldamen und Hampelmänner leiden im Nachgang meist an einer äußerst seltenen Form der Demenz bzw. einer psychologisch begründeten Abwehrreaktion, die auch bei traumatischen Erfahrungen zur Anwendung kommt (Dissoziation). So kann man sich plötzlich nicht mehr an die eigenen Verfehlungen erinnern (siehe Scholz und Scheuer) oder hat sie in irgendwelche staubigen Schubladen im Oberstübchen verstaut bzw. aus Versehen alle relevanten Daten von den Handys gelöscht.


Interessant ist dabei der Umgang der medialen Landschaft und der Leute, die sich im verkorksten Internet herumtreiben. Besonders in der heißen Phase des Wahlkampfes wirkt es beinahe wie eine schlecht geschriebene Episode von GZSZ. Die Verfehlungen der konservativ geprägten Parteien finden kurz Erwähnung und verlieren schnell an Bedeutung. Wenn ich in irgendeinem Beruf (Supermarkt, Erzieher, Lehrerin, Bratwurstbrater etc.) derartige Gedächtnislücken und mangelnde Kompetenzen zeigen würde, wären mir einige Termine beim Jobcenter gewiss. Andere Parteien könne sich hingegen sicher sein, dass jeder Fehltritt wochenlang breitgetreten wird. Argumentativ wird ebenso auf Schulhofniveau diskutiert. Partei XY möchte mehr alternative Mobilität, fährt aber selbst mit dem Dieselbus durch die Gegend. Okay, wenn meine Ärztin raucht und mir das Qualmen verbieten möchte, nur weil ich Lungenkrebs habe, sollte ich ihr auch den Vogel zeigen, denn wen interessieren Inhalte, wenn man doch so einfach Nebelkerzen abfeuern kann…


Wahre Worte!

Nicht falsch verstehen, für die Auswahl seiner bevorzugten Partei darf jedes Wesen seine Beweggründe haben, denn die Bedürfnisse sind höchst unterschiedlich. Nur sollten die Wahlberechtigten ihre Entscheidung nicht einzig von Gewohnheiten und Plakaten abhängig machen, denn diese haben mit den konkreten Vorstellungen in etwa so viel gemein, wie die Wahrnehmung bei 1,95 Promille mit den tatsächlichen Gegebenheiten. Dennoch dienen die teuer produzierten Altpapierbildnisse immer wieder als Projektionsfläche für kreative Köpfe oder ermöglichen einen Dialog bzw. Stellungnahme des betrachtenden Wählerchens.


Ja, watt soll ich denn wählen?


Solange es die Köttenpartei noch nicht gibt, ist das tatsächlich eine schwierige Frage. Ich kann nur für mich sprechen, weshalb ich eine Partei ausschließen muss, deren VertreterInnen u.a. die Auffassung vertreten, dass die Veränderungen des Jet-Streams durch Windräder verursacht werden. Einige der Mitglieder darf man gesichert als Faschos bezeichnen, was jetzt nicht unbedingt ein Argument für die Wahl wäre. Außer man ist selbst ein Fascho, dann wäre das Kreuz für politikbetreibende Nazis in gewisser Weise „normal“. Zu beachten ist ungeachtet aller berechtigten Häme, dass die Vögel eh nicht regieren wollen, was immerhin eine halbwegs taugliche Selbsteinschätzung nahelegt.


Aufmerksames Wahlvolk legt die eigentlichen Motive frei.

Klar ist, dass die Wählerinnen und Wähler es lange nicht mehr so schwer hatten. Jedenfalls, wenn sie die meiste Zeit in den düsteren Gegenden des Internets verbracht haben, wo sich Fake-News, manipulative Fehlinterpretationen und Verkürzungen schneller verbreiten als Tripper auf einer Swingerparty ohne Gummis. Andererseits reicht auch das Vertrauen auf die Medien des Springer-Verlags, um ähnlich schlecht informiert zu sein. Warum ich für die GEZ dankbar bin und mich über die unterschiedlichen Angebote des Staatsfunks freue, werde ich irgendein anderes Mal näher ausführen.


Wer jetzt noch nicht per Brief abgestimmt hat, sollte also am Sonntag in das ranzige Schützenheim oder die sanierungsbedürftige Grundschule torkeln, ordentlich Restalkohol versprühen und seine Kreuzchen machen. Auch wenn es sich anders anfühlen mag, zählt tatsächlich jede Stimme. Gerade in den letzten 2 Jahren ist in mir die Gewissheit gewachsen, dass wir in Deutschland unfassbar viel Potential haben, dass sich leider in unterschiedlichen Extremen seine teils menschenfeindlichen Bahnen schlägt. Whataboutism bis zum geht nicht mehr, Misogynie, krankhafter Egoismus, Lügen und lustige Geschichten über Adenochrom und weitere Absurditäten gehören inzwischen zum Alltag wie der morgendliche Schnaps zum Aufstehen.


Dennoch gibt es so viele engagierte, clevere und liebenswürdige Menschen, die sich den haarigen Arsch aufreißen, um etwas zum Positiven zu verändern.


Also ganz einfach: Sonntag ein paar Kreuze machen und dann kann man sich wieder 4 Jahre lang auf dem Sofa breitmachen, um über die faulen Politiker zu schimpfen, die einem nicht die Yacht in Monaco finanziert haben, obwohl man sich doch bei Youtube und Facebook so doll weitergebildet hat…




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