Friedhof:
Ehrlich geschrieben habe ich gerade keine Lust, diesen Aspekt ausführlich zu beschreiben. War schon immer gerne da, bin leider viel zu oft da und der letzte Besuch steckt mir noch in den Knochen, wo er wohl auch noch einige Zeit verharren wird. Daher widme ich mich dem Leichenacker einfach bei P (Parkfriedhof). Dennoch schicke ich hiermit Liebkosungen aller Art an Marga (die alte Nebelkrähe), Oppa (den Alten), Papa (auch wenn du nicht im Lande bist), Mama (hoffe, du bist gut angekommen), Tante Tina und das Sternenmädchen, das wir nie leibhaftig kennenlernen durften und doch vermissen. Fühlt euch alle gedrückt. So, genug der Sentimentalität, demnächst geht es mit G weiter, dann können wir uns in der Galle schön besaufen. Also weiter im Text...
Fressen:
Erst kommt die Currywurst und dann die Moral. So oder so ähnlich hat das mal ne klugscheißende Brillenschlange gesagt, die Theaterstücke oder son Klamauk fabriziert hat. Dennoch ist da was dran. Wenn im Tank der Karre kein Tropfen Benzin mehr auf Verbrennung wartet, kommste nicht weit.
In Werl gibt es für jeden Geschmack etwas zwischen die kariösen Kauleisten. Die Sterneköche aus Übersee haben hier eine Filiale eröffnet, in der man pappige Burger und großzügige Mengen an Verpackungsmüll zur Verdauung erhält. Doch nicht nur Gourmets, die gleichbleibend geschmackfreien Fraß bevorzugen, werden hier fündig. Die schnelle Bratwurst in der einsamen Fußgängerzone, das fetttriefende Gyros im augenschmeichelnden Styropor oder auch das frisch aufgebackene Industriebrötchen vom Bäcker warten auf knurrende Mägen. Wie es sich für ein Kaff von Rang gehört, stehen dem hungrigen Maul zahlreiche Pizzerien zur Verfügung, in denen man mit überzogenem Akzent begrüßt wird, während die Teigkneter beim Zaubern italienischen Fußball auf dem Smartphone schauen.
Fußball:
Man kann eine deutsche Stadt nicht beschreiben, ohne über die Pöhlerei zu sprechen. Jedes noch so kleine Kaff am Rande der Peripherie zivilisierter Gegenden verfügt über einen eigenen Fußballverein. Das gilt für Werl natürlich ebenfalls.
Im gigantischen Sportpark befindet sich die Heimat von Preußen TV Werl, das sich gegenwärtig in der Kreisliga B herumtummelt. Was bedeutet, dass das Geschehen auf dem Maulwurfsacker zeitweise, mit viel Wohlwollen und hohem Promillewert an Fußball erinnert. Neben dem holprigen Gras steht den Kötten ein Kunstrasenplatz zur Verfügung, der im Rahmen einer Kunst-Performance durch einen Minijobber gemäht wurde, um den Aspekt der Nachhaltigkeit ins blendende Flutlicht zu stellen. Oder weil er noch rotzevoll war.
Die etlichen Stadtteile unserer Metropole lassen sich ebenfalls nicht lumpen und jagen dem runden Kunstleder nach. Auf dem Türkenplatz in Sönnern und in der Heimat des Grünsandsteins Westönnen wird Bezirksliga angeboten. Die schwarz-gelben Hilbecker gehen ihrem Fußwerk gar in der Landesliga nach. Wer sonntags also mal nicht zur ausufernden Beichte möchte, hat die Qual der Wahl, wo er sich sein Bierchen genehmigen möchte.
Feten:
Eigentlich braucht ein anständiger Einwohner Werls keinen Anlass, um sich über den Rand des Deliriums hinwegzusaufen. Dennoch gibt es genügend Veranstaltungen, die unter dem Deckmantel geselliger Zusammenkünfte das Heben des Glases erleichtern. Fete an sich ist ja ein kryptischer Begriff der mittelalterlichen Jugendsprache. Die Sprachvirtuosen der jeweiligen Events haben diesem staubigen Wort kreative Umschreibungen vorangestellt.
In Westönnen treffen sich halbwüchsige Köttenkinder, um die Frühlingsfete mit eingedieselter Anwesenheit zu ehren. In Büderich zeigen sich die lokalen Schützen als Gastgeber der Rübenfete. In Holtum, unweit Büderichs besäuft man sich auf der Birkenfete. Wenn das Wetter sich von der feuchtfröhlichen Seite zeigt, hat man in Westönnen erneut die Möglichkeit, seine Trinkfestigkeit im Rahmen der Herbstfete zu testen.
Fahrrad:
Das Auto des geringverdienenden Klimaretters. Da der öffentliche Nahverkehr in Werl nicht zu den Vorzeigeprojekten gehört, sind viele Ökofaschisten auf das Getrampel angewiesen, um ihre täglichen Termine am Pfandautomaten und beim Jobcenter wahrnehmen zu können.
Die Möglichkeiten, in Werl mit dem Rad durch die Gegend zu schleichen, um Autofahrer zu terrorisieren, sind zwar ausbaufähig, aber durchaus vorhanden. Das sogenannte „Werler-Kleeblatt“ führt die Pedalenthusiasten über Feldwege, die mild nach Gülle duften und startet die jeweiligen Routen jeweils am Freizeitbad im Sportpark. Also, Reifen aufpumpen, Klingel prüfen und ab auf die Piste!
Flora:
Kehr is datt Ruhrgebiet grün… Das gilt auch für das beschauliche Metropölchen Werl. Bäume mit komischen Namen, mit Plastiktüten verzierte Büsche, liebevoll gepflegte und vollgekackte Wiesen, Blümchen und alles, was auf den Feldern so wächst, geben den Einwohnern das Gefühl, in einem Paradies nach Pfandflaschen zu suchen.
Der Stadtwald verdient einen eigenen Eintrag, sei aber der Vollständigkeit halber erwähnt. Stadtwald.
Friseure:
Die Dienstleister, deren Salonbezeichnung mutmaßlich von Schreiberlingen des Soester Anzeigers vorgenommen wird, gibt es in Werl natürlich auch in ausreichender Anzahl. Wenn die schuppig filzige Matte auf der Rübe wild vor sich hin wuchert, muss schließlich fachlich versierte Hilfe her.
Dabei deckt die Köttenstadt eine enorme Bandbreite ab. Eher aus der Zeit gefallene Läden, in denen vornehmlich Dauerwellen gezaubert werden, finden sich ebenso im Portfolio wie hochmoderne Barber-Shops. Kosmetikexpert*innen können bei weitreichenderen Eingriffen auch zu Rate gezogen werden.
Feuerwehr:
Wo sich Kötten rumtreiben, kann es brenzlig werden. Zum Glück gibt es in Werl und Umgebung Menschen, die sich um das Bekämpfen allerlei Gefahren kümmern. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Abstellen des Herdes vergessen wurde oder ein W*****r die Klos in Brand gesteckt hat. Von der Grafenstraße oder den unterschiedlichen Stationen in den umliegenden Dörfern eilen die ikonischen roten Fahrzeuge zu ihren jeweiligen Einsatzorten. Viele opfern einen Großteil ihrer Freizeit, um anderen Menschen in der Not beizustehen. Daher sei an dieser Stelle ein köttiger Dank ausgesprochen.
Fische:
Wer im Salzbach genau hinschaut, kann zwischen Chipsdosen und kleinen Bierfässern hin und wieder eines der Wassertierchen erspähen.
Fröbse:
Unter Unwissenden auch als Friedrich-Fröbel Schule bekannt. Ihren Ursprung hat die Legende unter den Bildungseinrichtungen im Jahr 1950, wo sie als Sonderschule für Kinder mit Lernbehinderungen erstmalig die Glocken bimmeln ließ. Platzmangel, Unterfinanzierung und die üblichen Probleme teutonischer Planungen führten zu mehreren Umzügen, bis im Jahre 1976 der Neubau bezogen werden konnte (Heute Sälzer-Sekundarschule).
Hier konnten junge Menschen entsprechend ihrer Stärken gefördert werden, Selbstvertrauen aufbauen und ihren Platz im Getümmel der Gesellschaft finden. Was im Lande der Defizitorientierung schon etwas Besonderes war. Außerdem wurde der Schulhof von Köttenkindern mit Leben gefüllt, die so heutzutage gar nicht mehr hergestellt werden…
Auch im Freizeitbereich hatte die Fröbse ihren festen Platz auf der Karte. Hier warfen Jugendliche mit zu großen Hosen ein paar Körbe, während aus der batteriebetriebenen mobilen Soundanlage wummernder Hip-Hip dröhnte. Hier lag süßlicher Geruch in der Luft, wenn die Kicker den Rasen malträtierten. Hier traf man sich auch in den Abendstunden, grillte, trank und rannte anschließend vor den Streifenhörnchen weg.
Fitness:
Wer auf seinem Instagram-Account nicht nur Bilder von üppigen Mantaplatten und der pompösen Pfandsammlung präsentieren möchte, muss auf seinen Körper achten. Das Gesamtkunstwerk menschlicher Ästhetik bedarf besonderer Beachtung. Um den Maßstäben der heutigen Gesellschaft zu entsprechen, muss man sogenannten Sport treiben. Das Angebot Werls muss sich in diesem Bereich wahrlich vor nichts und niemandem verstecken.
So gibt es für Leute, die gerne gesehen werden, ein Fitness-Studio (East), in dem man sich von Trainern und Trainerinnen so richtig langmachen lassen kann. Selbiges gilt auch für das Maifeld, welches nicht nur ein beliebtes Hotel ist, sondern auch etliche Betätigungsmöglichkeiten für Bewegungsfanatiker bietet. Tennis, Badminton, Rumhampeln an Geräten und anschließendes Saunieren lassen auch den Wellness-Faktor nicht außer Acht.
Doch es muss nicht immer Geld kosten, das ist schließlich eine rare Ressource. Im Buchgeister-Stadion stehen dem klammen Körperklaus Geräte zur Verfügung, an denen er seinen schlaffen Leib in Form bringen kann. Auch hat sich der Kurpark zu einem Freiluftstudio entwickelt. Verschiedene Trainingsmöglichkeiten bieten sich hier an, damit man in der Freibadsaison den Borat-Gedächtnis-Bikini ohne Scham tragen kann. Hinzu kommen regelmäßige Angebote von Profis. Yoga im Kurpark oder Tabata an der frischen Luft haben noch jeden Fitnessmuffel vom Sofa hervorgeholt.
Freibad:
Warum überhaupt Fitness?! Nun ja, wenn die Freibadsaison startet, möchte man seinen gestählten Körper schließlich den anderen chlorierten Kötten präsentieren. Und dafür gibt es das Freibad im Werler Sportpark.
Wenn der Feuerball am Firmament seine Strahlen auf die Erde hinabglühen lässt, wird es eng. Der Alman an sich verzichtet dann lieber auf 200 Meter Fußmarsch vom Ruheort des Autos an der ehemaligen Realschule und parkt stattdessen die ansonsten nutzlos vor sich vegetierenden Bürgersteige zu. Anschließend reiht er sich in eine schier endlose Schlange an der Kasse ein und sucht nach Entrichten des Eintrittsgeldes einen freien Quadratzentimeter, um das Lager aufzuschlagen.
Clever verzichtet er auf das leidige Einschmieren mit Sonnencreme, um schnellstmöglich die landestypische hautkrebsrote Farbe zu entwickeln. In Werl kann die Wasserratte auf mehrere Schwimmbecken, mehrere Rutschen, einen Spielplatz, Pinkelbecken mit Chlorzusatz und weitere Annehmlichkeiten zurückgreifen. In der Röhrenrutsche verursachen die kleinen Köttenkinder den obligatorischen Stau, nachdem sie sich eine LKW-Fuhre Fritten einverleibt haben.
Damals kletterten mutige Kötten bei Nacht noch über den Zaun, um beim romantischen Mondlicht ein erfrischendes Bad zu nehmen. Von derartigen Machenschaften rät die rechtschaffene Redaktion mit aller Inbrunst ab.
Fäkalien:
Wo Menschen leben, da stinkt es. Das ist ein Axiom (einfach Google fragen). Die Gründe dafür sind zahlreich. Schweiß, Duftwasser, Kochversuche, Polyesterklamotten stellen einige Beispiele für abstoßende Gerüche dar.
Hinzu kommt, dass der moderne Mensch seine Ausscheidungen zwar nicht mehr vor die Haustüre kippt, aber temporär zu ähnlichen Verhaltensweisen neigt. Öffentliche Toiletten und Bahnhöfe werden mit Fäkalien in allerlei farblichen Ausprägungen und unterschiedlichen Konsistenzen verziert. Daher gehört zur Standardausrüstung eines echten Werlers auch die Wäscheklammer, die korrekt an der Nase angebracht vor den Auswirkungen der Attacken schützt.
Frucht-Center:
Wir kaufen gerne ein. Am liebsten vom durchgesessenen Schimmelsofa aus, das zwischen pfandbefüllten Tüten und vor der überdimensionierten Glotze steht. Den lokalen Einzelhandel meiden wir nach Möglichkeit, denn dort begegnen wir anderen Menschen, was in Werl das Risiko körperlicher Auseinandersetzungen einbezieht. Neben den gesichtslosen Giganten, Franchiseanbietern und Konsumparadiesen gibt es immer noch gallisch anmutende Kleinstunternehmen, die ihren Geschäften im beschaulichen Werl nachgehen.
Im berüchtigten Norden gab es das Frucht-Center. Hier konnte man Getränke, Süßigkeiten, aber auch so exotische Dinge wie Äpfel und Blattsalat erwerben. Das Ambiente passte sich der Umgebung an, sodass ich gerne mein Taschengeld in die betonierten Hallen trug. Ein verheerender Brand hat den Tempel leider in Schutt und Asche gelegt, weshalb die Erinnerungen an Wassereis und Co. reichen müssen.
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