Endlich ist es soweit, der erste Gastbeitrag erscheint (als Re-Upload) auf der traditionsträchtigen Homepage des Werler Kötten! Über den Einsender möchte ich nicht zu viel verraten. Diejenigen, die ihn kennen, wissen, wer er ist. Mit seinem bürgerlichen Namen wird er selbst von seiner Frau Mama schon seit Jahrzehnten nur in Ausnahmefällen angesprochen. Durch dieses Meisterwerk der Realitätsfiktion wird er wahrscheinlich den Platz unseres bisherigen Praktikanten einnehmen, der kaum noch einen fehlerfreien Satz zustande bringt und deshalb demnächst in die Redaktion des Soester Anzeigers ausgelagert wird.
Der geneigte Leser*in wird durch diese auf Tatsachen beruhenden Anekdoten in die undurchdringliche Unterwelt Werls geführt. Der Gastautor zeichnet ein bedrückendes Bild voller Zwietracht, Gewalt, innerfamiliärer Konflikte, verbaler Entgleisungen und dem Alltag bei der dringlichen Beschaffung illegaler Substanzen, die das Leben in Werl dauerhaft erst ermöglichen. Wir wünschen viel Spaß beim Ausflug ins Land der Kötten.
Die Kötten, die ich rief
Dieser Gastbeitrag behandelt Erlebnisse und Erfahrungen von Dennis, der bis zum Abschluss seiner Schullaufbahn und seiner Ausbildung als Barkeeper in Werl aufgewachsen ist und gelebt hat.
Unser Dennis war schon immer ein Rumtreiber und verbrachte seine Zeit mit diversen Kötten. Da Werl nicht unbedingt bekannt für Musterschüler und Athleten ist, sondern für Drogen und Gewaltstraftaten, kam es, dass Dennis eine innige Beziehung zum Milieu der Kleinkriminalität entwickelte, also zu richtig köttigen Kötten.
So verging die Zeit, Dennis nahm Drogen und klatschte auch mal nichtsnutzigen Nachwuchskötten ein paar lehrende Schellen vor die Fressluke. Die Grundlage für seine Talente im Austeilen schlagkräftiger Argumente bildeten natürlich eigene Köttenerfahrungen. Nicht selten kam er mit einem blauen Auge und einem lückenhaften oder abgebrochenen Grinsen nach Hause und beteuerte gegenüber seiner Mutter, dass er mit dem Fahrrad mit Vollkaracho über den Sönneraner Salzbach geflogen oder beim Entenfüttern in den Köttenteich geplumpst sei. Mittlerweile war er eine bekannte Größe im Werler Kleinkriminellenköttenkreis und dies zeigte sich schon in den Begrüßungen anderer Kötten: „Ey Dennis alten Crackdealer, lang nicht mehr zusammen Pimmelfechten gespielt.“ oder „Ey Dennis, du geiles Pferd, schieb mal n Zwacken rüber!“
Als gestandene kleinkriminelle Kötte erhielt er sogar Einblick in die Welt noch köttigerer Kötten. Das waren förmlich anerkannte Ultrakötten. Hier war der raue Ton nicht immer als Spaß gemeint, wie es bei normalen Kötten häufig vorkommt und als Durchschnittskötte musste man Angst haben, abgezogen zu werden, wobei das noch eine der schöneren Erfahrungen gewesen ist, die man hier sammeln konnte. Denn häufig wurde man mit einem Bud Spencer Dampfhammer bedacht, wenn man z.B. den Frevel beging und es wagte, jemanden falsch anzuschauen.
Doch auch die Ultrakötten merkten schnell: „Auch wenn wir Dennis verprügeln können, können wir ihn nicht brechen.“ Außerdem konnte er das kleine 1x1 besser als alle Ultrakötten zusammen. Als sich rumsprach, wie häufig Dennis im Eckenrechnen in der Grundschule gewonnen hatte (Exkurs: viele Ultrakötten strebten gar nicht den Abschluss der vierten Klasse einer gewöhnlichen Grundschule an, weil sie für etwas anderes privilegiert waren: sie durften Begabtenunterricht an der Friedrich-Fröbel-University of Werl Town nehmen und dort kümmerte man sich nicht viel um belanglose Rechnereien), ersuchten ihn immer häufiger Ultrakötten um Rat: „Ey Dennis, ich hab n todsicheres Ding geplant: beim Juwelier sind doch immer Ringe und so im Schaufenster und die Idioten lassen das Zeug nachts drin.“ Dennis unterbrach: „Du weißt schon, dass das nur Ausstellungsstücke sind und der Juwelier mit einer LED Leuchte im Schaufenster genau darauf hinweist, damit kein blitzgescheites Genie auf geniale Ideen kommt?!“ „Lass mich ausreden: ich werf da einfach n Gullydeckel durch und dann gehört der Schatz mir. Verkaufen lässt sich das bestimmt an irgendeinen Bilbo.“ Gegen soviel Unternehmergeist konnte Dennis einfach nicht argumentieren. Das wollte er auch gar nicht. Wieso ein junges Start Up sofort in Grund und Boden stampfen? Du hast deinen Einwand erbracht und er wurde bedacht. Ende Gelände.
Ein anderes mal ersuchte eine andere Ultrakötte ebenfalls einen Rat: „Ey Dennis schau mal, morgen muss ich wieder Drogen bei som Spasstie kaufen. Ich habe lange und gut über folgenden Plan nachgedacht. Ich nehm ihm einfach die Drogen ab. Wieso sollte ich diesem Spacko Geld geben? Wenn er aufmuckt, polier ich ihm seine Fonduefresse und zu den bekackten Bullen kann er nicht laufen, der Volltrottel. So hätte ich die Drogen und das Geld.“ „Ausgebuffter Plan!“, bestätigte Dennis, „und den hast du dir wirklich ganz alleine ausgedacht? Hast du denn noch einen weiteren Pusher für neuen Nachschub?“ „Na klar Dennis, als ob ich nur einen Pusher hab. Sei froh, dass ich dir nicht direkt n Schädelbaselbruch verpasse.“
Obwohl Dennis gelernt hatte, zuerst positives Feedback zu geben, um dann seinen Einwand einzubringen und obwohl die Ultrakötten ja extra seinen Rat suchten, hatte er das Gefühl, als sei dieser schlussendlich gar nicht gefragt. Naja, die sind länger im Business und wissen schon ganz genau, was sie machen. Zu der Zeit hoffte Dennis, dass er auch mal eine Ultrakötte werden würde, um solche ausgeklügelten Businesspläne zu entwickeln und endlich reich zu werden.
Zu Besuch
Doch eines Tages als er bei einer ihm freundschaftlich gesinnten Dealerkötte zum Barzen und Wrestlen verabredet war, geschah es: Zuerst sollte er zum Pinkeln nicht auf den hausinternen Lokus stolzieren, sondern in einem Nebenraum in Einwegflaschen pissen, wobei er den ganzen halben Raum voll squirtete.
Nachdem der erste Schock überwunden war, wurde dann endlich, wie geplant gewrestelt, „don‘t try this at home“ - halt deine Schnauze, Vince McMahon und geh in Deckung bekackte U,S und A. Doch dann tropfte der letzte Tropfen auf den heißen Stein: nach einer Powerbomb, die das Bett zerbersten ließ, wagte die Mutter der Dealerkötte es doch glatt, sich zu beschweren: „Was ist da oben los? Reißt ihr die Bude ab oder was?“ Wortgewandt erwiderte die Dealerkötte seiner Mutter, die ihn einst unter Schmerzen gebar: „HALT‘S MAUL DU HURENSOHN!!!!!“ Dennis musste unheimlich lachen, gleichzeitig war es ihm furchtbar unangenehm. Hat er seine eigene Mutter gerade als Hurensohn beschimpft? Dennis rauchte noch schnell zwei Köpfe und ging paralysiert nach Hause. Erst am nächsten Tag hatte er sich gesammelt und fasste den Entschluss: Ich bleib lieber eine normale Kötte und halte mich von Ultrakötten fern.
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