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  • AutorenbildWerler Kötte

Köttiges Gespräch- Knastarzt

Unser Praktikant hat die pubertäre Phase des Liebeskummers inzwischen überwunden. Netterweise kümmerte sich die gesamte Redaktion aufopferungsvoll um den von niederen Trieben getriebenen Jüngling. Mehrere Flaschen feinsten Fusels, ein paar Stunden Mario Barth und schon war der Filius wieder geheilt. Um ihm aufzuzeigen, was mit ihm passiert, falls sich derartige Vorkommnisse wiederholen sollten, schickten wir ihn zu Jochen Rausch, dem Werler Knastarzt.


Hinter diesen ansehnlichen Mauern befindet sich die Praxis.

Meine Leber schmerzt zwar noch, aber ich komme klar. Ich möchte einfach nie wieder das Zeug trinken, das mir der Chef in den getragenen Gummistiefel gekippt hat. Daher freute ich mich auf die Ablenkung, denn ich durfte Jochen Rausch, den berühmten Doktor treffen. Das Gespräch fand auf einer Bank im Kurpark statt, die sichtgeschützt hinter dem Teich liegt.


Praktikant: Doktor Rausch, vielen Dank, dass Sie sich Zeit für unser bescheidenes Blättchen genommen haben.


Doktor Rausch: Ach nenn mich doch Joe, du Patient. Und stellt euer Licht nicht unter den Scheffel, schließlich seid ihr nicht der Anzeiger. Für euch räume ich gerne die Mittagspause frei.


Patient: Joe, deine Worte ehren uns, da spreche ich für die gesamte Redaktion. Mal vorweg, warum wolltest du mich hier treffen?


Joe: Das hat vornehmlich 2 Gründe. Erstens möchte ich nicht unbedingt in der Öffentlichkeit mit einem jungen Mann gesehen werden, der mich offenbar mit seinen Blicken nackig macht. Zweitens gibt es hier keine Zeugen, falls ich andere Saiten aufziehen muss.


Patient: Es scheint, dass du ein Mann bist, der gerne auf alle erdenklichen Eventualitäten vorbereitet ist. Da stellt sich die Frage, inwiefern der Beruf zu diesen Vorkehrungen geführt hat. Erzähl doch mal von deinem Alltag.


Joe: Nenn mich Doktor Eisenfaust, du gesetzlich Versicherter. Der Job im Knast hat einfach unfassbar viele Vorteile. Wer eine eigene Praxis eröffnen möchte, ertrinkt in Bürokratie, malocht in der Freizeit und kommt kaum dazu, am Handicap auf dem Golfplatz zu arbeiten. Und im Bau kannste eigentlich machen, was du willst. Guck dir mal die Kommentare beim Anzeiger an. Die meisten würden mich abfeiern und mir die Kimme auslecken, wenn ich den Knastis absichtlich Schmerzen zufügen würde.


Überhaupt nicht versicherter Eigenzahler: Das irritiert mich jetzt schon ein wenig. Sie haben doch den Happy Hippo Eid geleistet oder so?


Doktor Eisenfaust: Deine Irritation ist verständlich. Nach oberflächlicher Betrachtung scheint dein Frontallappen ordentlich was abbekommen zu haben. Hast du in letzter Zeit vielleicht etwas am Glas übertrieben? (ich nicke mit gesenktem Blick) Nein, jetzt mal Spaß beiseite. Ich möchte den Patienten ja helfen. Auch wenn sie niederträchtige Parasiten sind, die gemordet und gemeuchelt haben.


Der Typ, der anscheinend nichts verträgt: Das ehrt dich, Doktor Eisenfaust. Erzähl unseren minderbemittelten Lesern doch mal vom Alltag in der Knastpraxis. Das dürfte bestimmt spannend sein. Also falls es aus Datenschutzgründen möglich ist.


Doktor Eisenfaust: Kannst mich gerne Doktor Riesenschwengel nennen. Datenschutz (Er schnauft und spuckt einen klebrig gelben Schwall neben die Bank)… Das sind Verbrecher, was wollen die schon machen? Zu mir nach Hause kommen?! (er lacht wie ein Bondbösewicht) Eigentlich läuft es immer gleich ab. Die muskulösen Prachtkerle heulen etwas rum, weil die Mitgefangenen mal etwas zu heftig waren oder das improvisierte Gerät zum Tätowieren zu tief in sensible Hautregionen vorgedrungen ist. Dann sitzen sie bei mir im Behandlungszimmer und wollen Schmerzmittel. Immer das Gleiche.


Papierkorbentleerer: Doktor Dödel, wie gehst du denn mit solchen Leistungserschleichern um? (Seine Mundwinkel ziehen sich zu einem Lächeln zusammen. Aber es wirkt nicht freundlich…)


Doktor Grinsebacke: Nun ja, ich sitze natürlich am längeren Hebel. (Sein Lächeln wird eindeutig zweideutig) Die Kerle tun in gewisser Weise alles, um an den Stoff zu kommen. Und da ich den Eid des Doctor Strange abgelegt habe, muss ich den Jammerlappen auch helfen. Beim Eid musste ich nicht sagen, dass ich dafür keine Gegenleistung in Anspruch nehmen darf, weshalb ich dies auch tue.


Originaler Nichtskönner: Was bieten dir denn die bösen Buben so an? Zigaretten? Selbst gebaute Waffen? Das würde unsere Leser bestimmt interessieren. Schließlich ergötzen sich die Freunde fremden Leids in Podcasts, Zeitschriften, Fernsehformaten etc. an allem, was richtig schlimm ist.


Arzt aus Leidenschaft: Quatsch. Du guckst zu viel Fernsehen. Was soll ich mit Kippen? Die kann ich an jeder Grundschule den halbwüchsigen Blagen klauen. Sagen wir mal so. Wenn die bei mir aus dem Behandlungszimmer heraustorkeln, haben die wirklich einen Grund zum Heulen, was sie dann auch meist tun.


RTL Now-Abonnent: Doktor Rausch, ich bin mir sicher, dass Sie Gründe für ihr Handeln haben, möchte aber auf weitere Fragen verzichten.


Sadist mit Kittel: Auf einmal werde ich wieder gesiezt?! Pass bloß auf, dass du nicht irgendwann bei mir landest, denn ich würde dir eine Spezialbehandlung verpassen, dass du nie mehr gehen könntest. (Stille) Das war ein Scherz. Pass gut auf dich auf und halte dich an die Gesetze. Irgendwelche Sitzpinkler müssen es ja tun.


Sitzpinkler: Dankeschön für dieses durchweg unangenehme Gespräch, ich werde wohl in Angstträumen darauf zurückkommen.


Unser talentbefreiter Praktikant lieferte dieses wirre Geschreibe verspätet ab. Er redete sich um Kopf und dürren Kragen. Angeblich habe er eine Straße nicht überqueren können, weil die Ampelanlage nicht funktionierte. Schließlich wolle er kein schlechtes Beispiel sein und Probleme mit den Ordnungshütern bekommen. Selten so einen Schwachsinn gehört. Als Entschuldigung durfte er das Klo nach unserem mexikanischem Mottoabend mit seiner Zahnbürste auf Vordermann bringen.

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