Der Monat Juni steht ganz im Zeichen der „Männergesundheit“. Nur ein Monat? Diese Frage ist vollkommen berechtigt. Weil wir Männers chronisch unterrepräsentiert werden, hat sich die monomaskuline Redaktion für die Veröffentlichung einer kleinen Huldigung des Herren der Schöpfung stark gemacht. Also auf ins Gefecht!
Männer sind toll
Wir Kerle sind bekanntlich ganz besondere Menschen und zeigen uns federführend, was bahnbrechende Erfindungen anbelangt, welche die Menschheit so richtig nach vorne gebracht haben. Zuallererst ist an dieser Stelle das Patriarchat zu erwähnen. Zwar liegt kein Patent vor, doch ist das Patriarchat derartig ausgereift, durchdacht und inhaltlich stabil, dass man es einfach nicht kaputtbekommt. Es hält seit eigentlich immer und wird uns hoffentlich noch eine ganze Weile begleiten.
Dank des Patriarchats herrscht in einer ungerechten Welt wenigstens etwas Gerechtigkeit. Das Gehalt der Herrschaften ist in der Regel höher als der Verdienst weiblicher Arbeitskräfte. Das ist eine Anerkennung der großen Leistungen bepimmelter Personen.
Warum man Kerle einfach lieben muss
In diesem Abschnitt müssen wir uns etwas zusammenreißen und einschränken; schließlich soll das hier kein dicker Schinken á la „Krieg und Frieden“ von Leo Tolstoi werden. Da wären wir schonmal bei einem wichtigen Punkt. Wer eifrig das Magazin Royale schaut, weiß Bescheid. Genies sind meistens Männer. Männer sind Genies. Deutschland verbindet man mit Goethe, Schiller und Mario Barth. Sicher, Frauen haben auch schonmal zusammenhängende Bücher geschrieben und die Poesie von Blümchen entzückt jeden mit einem Hauch von Musikgeschmack, aber die ganz Großen sind eben Männers.
Kerle sind richtig stark und haben mächtig Ausdauer. Sie wuchten Kästen voller Bier in einen Bollerwagen und wandern so lange durch die Gegend bis sie in einem bequemen Busch landen. Überhaupt wissen Männer mit Alkohol umzugehen und bauen diesen auch zügiger ab als Damen, die bekanntlich eh nur Prosecco, Hugo und ähnliche Kuriositäten süppeln.
Außen hart, innen weich. Das gilt nicht nur für das perfekt zubereitete Steak, sondern auch für Männer. Apropos Steak. Männer wissen, wie man einen Grill richtig bedient. Paprika oder Zucchini bleiben den Meerschweinchen vorbehalten, sodass nur feinste Waren aus den Plastikschälchen ihren Weg auf das Rost finden. Doch ich schweife ab. Wo war ich stehengeblieben? Richtig, innen weich.
Männer bestehen aus purer Muskelmasse oder ästhetisch verteilten Fetteinlagerungen. Mackern wird gemeinhin nachgesagt, sie seien wenig emotional und würden ihre Gefühle nicht zeigen können. Welch bizarre Unterstellung! Nur weil wir nicht bei jedem Kratzer einen auf Heulboje machen, bedeutet dies ja nicht, dass wir nicht auch mal sensibel sind. Fragt mal einen Schalke-Fan nach der Saison 2000/01. Schaut euch die Szenen von Jürgen Klopps Abschied in Liverpool an. Okay, viele Männer fangen nicht an zu flennen, wenn sie Leonardo Di Caprio beim Absaufen im Eiswasser zusehen. Bei wahren Romanzen, wie Terminator 2 aber, da wird jedem Mannsbild eine Träne aus den Augen kullern, wenn sich der Killerroboter am Ende des Streifens opfert. Ganz großes Tennis!
Männer werden im Alter immer attraktiver. Graue Haare, tiefe Falten, Hosenträger und Beinkleider aus zeitlosem Cord. Greise Männer werden oft als weise Weise dargestellt. Alte Frauen hingegen eher als Menschen, die Falschparker beim Ordnungsamt verpfeifen. Das kommt ja nicht von ungefähr!
Hinzu kommt, dass wir Typen dem Gesundheitssystem nicht sonderlich zur Last fallen. Wir rennen nicht wegen jedem Schnupfen zum Quacksalber. Wir jammern wehklagend, verfluchen die Wirkungslosigkeit der Placebos und greifen dann zur Selbstmedikation aus dem praktischen Sixpack. Wenn das Knie schmerzt, beim Husten Blut ausgespien wird und man scheinbar grundlos im Kaufland vor dem Regal einen Heulkrampf bekommt, wird in höchst männlicher Weise wegignoriert.
Spaß beiseite
Jaja, wir Männer sind schon toll. Eimerweise Sangria mit Strohhalmen leeren, das will schon gelernt sein. Und unsere zielorientierten Konfliktlösungsstrategien mit Elementen physischer Gewalt, sexuelle Belästigungen aller Art, die Dummschwätzerei, wenn wir meinen, was gut und richtig für Frauen ist, habe ich gar nicht mal groß thematisiert.
Allerdings sind wir Männer ebenso die größten Vollidioten. Stumpfsinnige Sturheit begleitet uns das gesamte Leben. Im Monat der Männergesundheit geht es um die Gesundheit der Männer. Japp, ich erläutere gerne komplexe Begriffe. Aber warum soll man sowas überhaupt thematisieren? Nun ja, wir Männer sind halt aus verschiedenen Gründen nicht sonderlich sorgsam, wenn es um unsere Gesundheit geht.
Kerle gehen gaaaanz ungern zum Arzt. Was von allein kommt, geht auch wieder von allein. Wenn man lange genug wartet und einem das Ergebnis egal ist, stimmt das sogar. Warum gehen wir nicht zum Onkel Doktor? Sozialisation, Selbstbild, ein gewisser Grad an Unreife, Angst (ja, Angst! Wir Männer haben nicht nur vor Haarausfall Angst), jahrhundertelanger Unfug von wegen starkem Geschlecht (pff, stark wahrnehmungsgestört vielleicht) etc…
Man merkt, Männer haben es nicht leicht. Und wir machen es uns nicht leichter, wenn wir uns die Augen mit den Händen zuhalten und meinen, dass dann alles in Ordnung ist.
Was tun?
Eigentlich ist es recht einfach. Wenn man körperliche Beschwerden hat, die durch ein bisschen Ausruhen nicht verschwinden, könnte der Besuch eines sogenannten Arztes gar nicht mal so abwegig sein. Okay, wenn man eine Fachärztin aufsuchen möchte, muss man halt ein bisschen warten.
Vorsorgeuntersuchungen schaden ebenfalls nicht. Außerdem zahlen das die Krankenkassen. Da bekommt man quasi etwas gratis! Also nicht zu lange aufschieben und einfach mal den Hausarzt ansprechen. Der beißt nicht, piekst höchstens.
Generell ist das Schamgefühl bei uns Herren besonders ausgeprägt, was irgendwie absurd erscheint, wenn man bedenkt, wie wir uns benehmen, wenn wir die eine oder andere Dose Faxe intus haben. Allerdings kann ich meine Geschlechtsgenossen beruhigen. Egal wie verwuchert die Hämorrhoiden sind, wie verknotet sich die Murmeln im herabhängenden Sack anfühlen oder wie schorfig das Ekzem an der Achsel erscheint, die Ärzte haben Schlimmeres gesehen und behandelt. Außerdem müssen die studierten Kittelträger eh die Klappe halten.
Hör auf zu jammern!
Es gibt nicht nur Aua Aua an der Hüfte oder gemarterte Gelenke, sondern auch die mentale Verfassung. Dafür gibt es allerlei Begrifflichkeiten, die alle ein und dasselbe meinen. Kurz gesagt. Es geht nicht um einen schlechten Tag, weil die Fußballmannschaft des Herzens mal wieder den Arsch versohlt bekommen hat. Schlechte Tage hat jeder, die gehören dazu, wie die Kopfschmerzen am Morgen nach der Brauereibesichtigung in Warstein.
Es geht um mehr. Es müssen nicht immer gleich Depressionen sein und ich bin auch kein Experte für psychische Erkrankungen, Störungen oder dergleichen. Aber es gibt Menschen, die sich damit auskennen und helfen können. Wer sich Hilfe sucht, ist nicht schwach, sondern stark. Das klingt wie eine Plattitüde, doch manchmal entsprechen auch Kalendersprüche den Tatsachen. Sicher, man wartet lange, wenn man beispielsweise einen Therapieplatz in Anspruch nehmen möchte, und über das Gesundheitssystem ließe sich ein noch längerer Bericht verfassen. Als Ausrede sollte das jedoch nicht herhalten.
Also liebe Mitmänner, passt auf euch auf, geht zum Arzt, lasst euch helfen und wascht euch regelmäßig die Pranken!
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