Mawicke:
Als Stadtteil muss es Erwähnung finden. In der Nähe Westönnens liegend, ist Mawicke an sich eine Schande. Im Gegensatz zu den anderen (ernstzunehmenden) Puzzleteilen Werls, sucht man eine Schützenhalle hier vergebens. Unwürdig wird das Sportevent (Kampfsaufend auf wehrlose Holzvögel ballern) hier in einem Zelt abgehalten. Doch Spaß beiseite, auch in Mawicke hausen Kötten und darüber sind wir natürlich froh. Die Eingeborenen nennen das Dorf übrigens "Mauke".
Maiwanderung:
Am Tag der Arbeit frönt der Deutsche heißgeliebten Traditionen. Man zerdeppert Schaufenster, wirft Steine auf Polizeiautos und zündet ein paar explosive Cocktails. In Werl bedient man etwas einfachere Bedürfnisse. Am 1. Mai wird gewandert. Alle Altersklassen ziehen sich bequeme Schuhe an und marschieren munter drauflos. Die älteren Teilnehmer ziehen ihre antiken Bollerwagen über die asphaltierten Feldwege und treffen sich abschließend bei einem undankbaren Gastgeber, wo der Grill angeschmissen wird.
Die jüngere Generation trifft sich an Schulhöfen und wandert mit Hightechwagen (inklusive Kühlschrank und Musikbox) gen Stadtwald, wo am Kanadierplatz das nach oralem Auswurf duftende Ziel wartet. Unterwegs wird alles durcheinandergesoffen, gelegentlich zum Flunkiballspielen und Pinkeln pausiert. Im Wald selbst wird weitergesoffen, an steilen Hängen die Blase entleert und die mit massivem Alkoholkonsum einhergehenden Verhaltensauffälligkeiten beobachtet. Ordnungsamt und Polizei schauen zwischendurch nach dem Rechten, rufen die Sorgeberechtigten einiger Jünglinge an, sprechen Platzverweise aus oder leiten etwaige Schnapsleichen an Sanitäter weiter. Ein typisch deutsches Vergnügen eben.
Mühle:
Das Brettspiel der Könige und Weisen hat nicht unbedingt etwas mit Werl zu tun. Aber es gibt ja auch die Bauwerke, in denen in der verschollenen Vergangenheit Mehl hergestellt wurde. In der Köttenstadt erinnert eine baufällige Mühle an diese widrigen Tage. Innerhalb des denkmalgeschützten Gebäudes kann man standesamtlich heiraten oder am Abend fein dinieren, falls die Gutscheine für Mecces nicht auffindbar sein sollten.
Müllkippe:
Auch Abfallwirtschaftszentrum genannt, doch aus unserer Sicht klingt der Begriff Müllkippe passender. Unrat, Abfall, Müll, McDonalds. Es gibt viele Namen für das, was die Menschheit den Kakerlaken irgendwann hinterlassen wird. Im Zuge unseres Erfindungsgeistes haben wir die dollsten Sachen entwickelt, die uns das Dasein auf dem vermaledeiten Planeten erträglicher machen sollen. Bierdosen, Tragbare DVD (netflix zum Mitnehmen)-Player, Pornohefte, Pizzakartons, Haarspray und weitere Errungenschaften zeugen davon, dass der Homo (hihi) sapiens verdient das Anrecht auf die Krone der Schöpfung hat. Doch wo soll das ganze Zeug hin? Wir haben begonnen, die nicht oder schwer zu verwertenden Überreste ins Meer zu leiten, wo es das nichtsnutzige Fischgetier zur Dekoration seiner Wohnräume nutzen kann. Allerdings gibt es einige Menschen, die dieses clevere Vorgehen kritisieren, was lediglich für deren engstirnige und rückwärtsgewandte Denkweise spricht.
Werl geht voran und fungiert als Modellstadt. Hier wird nicht rücksichtslos getrennt, recycelt und verbrannt. Hier wird der integrative Ansatz verfolgt und eine neuartige kulturelle Strömung aus muffenden Plastikbehältnissen geformt. Kreative Künstler arbeiten unermüdlich an erstaunlichen Projekten. Scheinbarer Abfall erhält durch Zweckentfremdung einen neuartigen Sinn, verschönert das Stadtbild und lastet somit nicht mehr auf den Schultern emsiger Arbeiter der Entsorgungsbetriebe.
Dennoch gibt es auch Situationen, in denen man keine Verwendung mehr für die vollgeschissenen Windeln, die abgelaufenen Uranstäbe oder ähnlichen Firlefanz hat. Dann rast man eben gen Scheidingen, wo man alles abliefern kann, was man so auf dem Trottoir findet.
Meeresluft:
Der salzigen Luft an der Küste wird eine sagenhafte Wirkung auf den menschlichen, dahinsiechenden Organismus nachgesagt. Wer auf der mit dem frisch geklauten Handtuch reservierten Liege am Strand herumliegt, soll demnach positive Effekte zu spüren bekommen, die auf die geteerte Lunge wie eine Art Kur wirken.
Man muss aber nicht gleich in den nächsten Billigflieger steigen, um in den Genuss salziger Luft zu kommen. Schließlich gehört Salz zu Werl wie wilde Sperrmüllberge vor Mietshäusern. Im Kurpark kann man nützliches Pfandsuchen mit einer Kurzzeitkur an der Saline verbinden. Dort plätschert das Wasser am Geäst herab und verbreitet dabei die unfassbar realitätsnahe Illusion, man sei am Meer.
Museum:
Es gibt Museen mit unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten. Sexspielzeug, Verpackungen, Handtaschen und weiß der Geier was. Sie dienen wiederum verschiedenen Zwecken. Falls Lehrer nicht wissen, welches Youtube-Video im Klassenverbund bestaunt werden sollte, planen sie einfach einen Museumsbesuch. Hier lernen die Blagen noch was, wenn sie die unbezahlbare Statue mit dem Permanentmarker verfeinern. Andererseits können Klugscheißer stundenlang vor schmierigen Leinwänden stehen, ihren Kopf neigen und den Bekannten im kleinen Kreis erzählen, dass die Eindrücke von erhabener Tiefgründigkeit waren, während die Zuhörer schon bei der Begrüßung auf Durchzug gestellt haben.
Da Werl historisch betrachtet so einiges zu bieten hat, gibt es hier natürlich auch Museen. Das Forum der Völker war über Jahrzehnte ein beliebter Anlaufpunkt für Grundschulen und anthropologisch interessierte Kötten. Weil sich die betreibenden Franziskaner aus Werl zurückgezogen haben, befindet sich das Museum momentan in einem Schwebezustand. Es wird Inventur betrieben und beizeiten wird verlautbart, wie es mit den Räumlichkeiten weitergehen wird.
Davon abgesehen gibt es noch das Städtische Museum am Rykenberg. Hier kann man erfahren, wie das eigentlich mit dem Salz früher ablief oder einen intensiveren Blick auf die Historie werfen.
Militär:
Uniformierte Menschen prägen unseren Alltag. Im Zug kontrollieren die kostümierten Schaffner, bei Mecces tragen die Frittierkorbschüttler ebenfalls Einheitskleidung und Arbeiter der Müllabfuhr lassen sich ebenfalls nicht lumpen. Früher war das Werler Stadtbild allerdings in anderer Weise von Uniformen geprägt.
Nach der Kapitulation 1945 nahm die Präsenz der Besatzungsmächte stetig zu. Neben den Streitkräften der USA waren auch Kanadier und Belgier im Stadtgebiet stationiert. Anfang der 70er waren ca. 4500 NATO-Soldaten untergebracht, sodass der wirtschaftliche Faktor von nicht zu unterschätzender Bedeutung war. Die Zeit der Besatzung hat einen eigenen Bericht verdient, denn ohne die Anwesenheit eines belgischen Soldaten würde es diese Seite nicht geben. Allerdings dürfte eine ausführliche Abhandlung länger auf sich warten lassen, weshalb hier nur einige Zeilen als Dank und Würdigung ausreichen müssen.
So ließen es sich die Kanadier in den Victoria Barracks im Stadtwald gutgehen. Kino, Casino inklusive. Leider wurde der Bereich über Jahrzehnte im Stich gelassen, was für die „Lost Places“-Szene nett war, jedoch begehbare Geschichte der Verrottung überließ. Auf dem Parkfriedhof haben viele kanadische Soldaten und Angehörige ihre letzte Ruhe gefunden.
Das Hotel Melstergarten befindet sich in einem alten Kasernengebäude, auch der alte Fliegerhorst zeigt noch Spuren der militärischen Präsenz. Die in Werl lebenden Soldaten fügten sich nach anfänglichen Reibereien in den Alltag ein. Denn Wohnraum war knapp und wurde von den Uniformierten ohne großes Gerede in Beschlag genommen.
Letztlich profitierte die Stadt ungemein von den untergebrachten Einheiten. Sie waren trinkfest, gaben gerne Geld aus und halfen auch unbürokratisch. So nutzten die Belgier ihre militärischen Fahrzeuge, um Möbelstücke in die zu beziehende Peter-Härtling-Schule in Sönnern zu transportieren. Regelmäßig fanden Feste statt, in denen kultureller Austausch im Vordergrund stand.
Sicher gab es auch immer wieder Reibereien, aber das ist bekanntlich überall so, wo Menschen aufeinandertreffen. Eine ausführliche Auseinandersetzung steht definitiv auf der To-Do-Liste, muss sich aber relativ weit unter „Pfand wegbringen“ und „Werl- A bis Z fertigstellen“ einreihen. Also Geduld!
Maria:
Ist ein handelsüblicher Frauenname. Jedenfalls auf den ersten Blick. Maria ist eben auch die Mama vom Jesus. Und ein Gnadenbild Marias befindet sich in der Werler Basilika. Heerscharen von Touristen kommen zu uns, um Köttenkunst zu betrachten. An zweiter Stelle in Sachen Besuchermagneten rangiert die Wallfahrt, der wir uns entweder beim Pilgern oder der Wallfahrt intensiver widmen werden. Dennoch sei die Mutter Gottes an dieser Stelle schonmal erwähnt.
Musik:
Der Teutone ist weltweit bekannt für seine virtuosen Werke, die besonders auf dem Ballermann die Gehörgänge von fachkundigen Gourmets erfreuen. Doch es gibt nicht nur die wummernden Bässe, drängenden Rhythmen und poetischen Verse der Liedermacher. Fein gekleidete Menschen richten sich die Frisur mit reichlich Spucke und lauschen den Klängen, die mittels Gestreiche und Geblase erzeugt werden.
In Werl gibt es mehrere Anlaufstellen für Anhänger der musischen Kunst. In der Musikschule können Eltern ihre Blagen zum Erlernen der traumatisierenden Blockflöte zwingen. Im historischen Gebäude (früher Rathaus) werden aber auch andere Instrumente gespielt.
Ebenfalls erwähnenswert ist ein eigener Musikladen, der neben den Gerätschaften Beratung und Kurse anbietet. Sogar Klaviere (Keyboards in unhandlich) gibt es in Werl zu kaufen. Wer also irgendwas mit Mukke am Hut hat, wird in der Köttenstadt fündig werden.
Marktplatz:
Das Herz einer jeden Stadt ist bekanntlich der Marktplatz, das Epizentrum eventartiger Ereignisse. Da macht auch Werl keinen Unterschied. Früher wurden hier Kutschen abgestellt, später dann die knatternden Karren und heute ist der zentrale Ort den Fußgängern vorbehalten.
Hier, wo das Kopfsteinpflaster aufmerksame Schritte erfordert, ist die Location für alles, was die Menschen vom Sofa lockt. Und was feinste Festivitäten angeht, macht den Werlern keiner so schnell was vor. Das Siederfest, Volksbankfest, Beachvolleyball oder auch Beach-Soccer, Weihnachtsmarkt, Streetfood-Festival und weitere Höhepunkte dienen der Gemeinschaft und einem professionellen Lebertraining.
Zudem bietet der Wochenmarkt eine Alternative zum üblichen Einkauf im Discounter, wenngleich fehlende Pfandautomaten den Gesamteindruck leicht schmälern.
Das Bankenwesen ist im Zentrum ebenso vertreten, wie Möglichkeiten, sich mit Kaffee und fettigen Köstlichkeiten einzudecken. Des Weiteren erfreut das Wasserspiel die Blagen, die sich dort eifrig austoben können, während die Eltern stilvoll an der Cola mit Zitrone schlürfen.
Motorsport:
Wir Deutschen treten gerne aufs Gaspedal, während wir über die schleichenden Schnecken und nervtötenden Radfahrer meckern. Wir sind nicht nur das Land des Bieres, sondern weltweit berühmt für unsere Brumm-Brumms. In Werl lassen die schlaglochübersäten Straßen und vielfach aufgestellten „Tempo-30 Schilder“ eine angemessene Reisegeschwindigkeit kaum zu. Dennoch hat die Köttenstadt etwas im Angebot für Menschen mit Sprit in den Venen.
Das Gelände des MSC liegt in praktischer Nähe einer Autobahnauffahrt und ist Spielplatz für rasantes Rennfahren. Hier wird bevorzugt auf zweirädrigen Crossmaschinen geheizt, die spektakuläre Sprünge und diabolische Drifts ermöglichen. Weitere Infos samt Webcam gibt es hier.
Money/ Monetäres:
Geld macht glücklich, das ist eine der wenigen belastbaren Weisheiten, die der Menschheit bekannt sind. Geld wächst aber nicht auf Bäumen, sondern ist in Form von Pfandflaschen an den entlegensten Orten versteckt. Spaß beiseite, Kohle ist ein Mittel zum Zweck, welches auch in Werl eine triftige Rolle spielt.
Das konservative Betätigungsfeld geldgeiler Kohlegeier ist das Bankenwesen, welches in Werl zentral gelegen ist. Die feinen Anzugträger hocken entweder in den imposanten und geschichtsträchtigen Räumlichkeiten der Volksbank oder der sonnendurchfluteten Sparkasse. Hier kann man sich noch ein museumswürdiges Sparbuch ausstellen, Kleingeld rollen lassen oder am Automaten den verheerenden Kontostand ablesen.
Doch nicht nur Finanzhistoriker werden in der Köttenstadt glücklich. Denn es gibt auch moderne Ansätze, die ihren Platz haben. So ist Werl über die Landesgrenzen hinaus bekannt für die wohl leistungsstärksten Pfandautomaten, die jemals mit zerbeulten Energydrinkdosen befüllt worden sind.
Hauptanlaufstelle für fachkundige Investoren stellen die Spielotheken und Wettbuden dar. Hier kann man anhand von wissenschaftlich fundierten Methoden auf alles wetten, was man sich vorstellen kann. Wirklich alles! Einfach mal in so einen Laden hineingehen. Wichtig ist lediglich die angemessene Kleidung. Fleckige Jogginghose, Dreitagebart, gefälschtes Fußballtrikot und Plastikkette in Goldoptik. Bei Zweifeln einfach den Typen um Rat bitten, der gerade seinen Schein fluchend in tausende Teile gerissen hat.
Die Spielothek erfordert lediglich Geduld. Die blinkenden und piependen Automaten müssen so lange mit Kleingeld versorgt werden, bis sie die Schnauze voll haben. Irgendwann kotzen sie nämlich hunderte Taler aus. Falls man das gesamte Investitionskapital ausgegeben und noch keine Dividenden erhalten hat, muss schnellstmöglich Nachschub besorgt werden, denn der Gewinn ist nur eine Frage von Zeit und Ausdauer.
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