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  • AutorenbildWerler Kötte

1. Mai - Saufend Wandern

Der erste Mai, Tag der Arbeit steht bevor. Daher haben wir uns für eine kleine Sonderausgabe entschieden bzw. einen alten Text aus der staubigen Schublade gekramt. Dabei widmen wir uns allerdings nicht den körperbetonten Demonstrationen, die sich für gewöhnlich in einigen Großstädten zutragen, sondern beschränken uns auf die gute alte Werler Tradition, die von durstiger Generation zu arbeitsscheuer Generation weitergegeben wird. Statt mit Steinen zu werfen, wandert man in Werl lieber saufend in den Stadtwald und versucht dabei möglichst knapp einer Alkoholvergiftung zu entgehen.


Wer? Warum? Wann?


Bevor wir uns mit den Abläufen der Festivitäten näher beschäftigen können, sollte der geschärfte Blick auf das Personal gerichtet werden. Dieses setzt sich vornehmlich aus Jugendlichen (12-16 Jahre) zusammen, die sich durch die Teilnahme an dem Festakt vom harten Alltag in Problemfamilien und überfüllten, nach oralen Auswürfen duftenden Klassenzimmern erholen möchten. Ein freier Tag eignet sich für diese Zwecke natürlich hervorragend. Dennoch nehmen auch ältere Gestalten die Strapazen des Mammutmarsches auf sich.


Um das genannte Ziel zu erreichen, ist zunächst die Absprache eines Treffpunktes samt Uhrzeit notwendig. In den heutigen Zeiten geschieht dies selbstverständlich unter Zuhilfenahme modernster Technologien (Whatsapp, Schülervz, Postkarte etc.). Was die verabredete Uhrzeit anbelangt, ist eine gewisse Flexibilität zwingend erforderlich. Bei einer durchschnittlichen Gruppengröße von 10 Kötten, ist davon auszugehen, dass mindestens 2 Personen einen kaputten Wecker neben ihrer muffigen Matratze stehen haben (wahrscheinlich kostengünstig bei TEDI erworben). Dennoch schaffen es alle Freiluftfanatiker im Laufe des Vormittags am Treffpunkt einzutrudeln.


Chronologie des Deliriums


Vollbepackt mit tollen Sachen, die das Leben schöner machen, finden sich die durstigen Kötten an verschiedenen Schulhöfen ein. Da der Weg vom vermüllten Zuhause zu den Treffpunkten bereits sehr energieaufwändig ist, stärken sich die Wanderer mit den ersten Bieren, Likören und anderen Leckereien. Dies hat den positiven Nebeneffekt, dass das zu transportierende Gepäck schon zu Beginn etwas an Gewicht verliert.


Vorbildlich- Man weiß, Pfand gehört daneben oder eben darauf. Jedenfalls nicht in Scherbenform auf das Trottoir.

Die überwiegend aus umdrehungsreicher Flüssignahrung bestehende Wegzehrung wird entweder in überladenen Rucksäcken oder teils liebevoll gestalteten Bollerwagen verstaut. Während man auf dem Schulhof auf die Nachzügler wartet, werden Stärkungen zu sich genommen. Ein Mettbrötchen wird beispielsweise mit einem halben Liter Jägermeister heruntergespült. Wenn sich dann alle angemeldeten Teilnehmer an den Startpunkt verirrt haben, wird noch ein Gruppenfoto geknipst. Schließlich ist davon auszugehen, dass man am nächsten Tag nicht mehr auf die meisten Erinnerungen zurückgreifen kann.


Endlich geht es los. Der leicht angeschwipste Mob setzt sich in Bewegung. Aus den Boxen, die an den Bollerwagen angebracht sind, dröhnt unerträglich zu ertragender musikähnlicher Lärm. Unterwegs müssen zwangsläufig etliche Pinkelpausen eingelegt werden, da kaum ein Meter ohne kräftigen Schluck aus der Pulle bewältigt wird. Die Fassaden der Werler Schrottbuden eignen sich für die erleichternden Pissereien außerordentlich gut. Gelegentlich darf aber auch eine schlecht gestutzte Hecke bewässert werden.


Um die unbeschreiblich hohe körperliche Belastung ertragen zu können, werden regelmäßige Pausen eingelegt, die sich im Laufe der Zeit häufen. Dabei setzt man sich auf von Motten bearbeitete Decken, schießt Fotos und versucht sich an unterschiedlichen Saufspielen. Auch Einweggrills werden angeschmissen, um die betrunkene Meute mit fettigem Fraß zu versorgen. Außerdem sollte das später Erbrochene ja nicht nur aus flüssiger Galle bestehen.


Sie haben das Ziel erreicht


Irgendwann erreichen die tapferen Wanderer dann den Werler Stadtwald. Dort torkeln sie über die Pfade, stolpern über das Wurzelwerk und erleichtern sich an den vertrockneten Bäumen, bis sie den legendären, mystischen Kanadierplatz erreichen.


Baum. der es mit dem Absinth offensichtlich übertrieben hat.

Dort werden die bisherigen Tätigkeiten fortgeführt. Man sucht sich einen Platz, der noch nicht nach Pisse oder Kotze riecht und macht es sich so bequem, wie es eben geht. Im Sitzen trinkt es sich schließlich am besten.

Man freut sich über die vielen bekannten Gesichter und philosophiert über Gott, die Welt und Zukunftspläne. Aufgrund der Unmengen Alkohols in den Blutkreisläufen kommt es im Laufe des Tages selbstverständlich auch zu Meinungsverschiedenheiten. Diese können schon alleine daher rühren, dass man das Gelalle seines Gegenübers falsch übersetzt hat. Die Auseinandersetzungen werden in einigen Fällen dann auch mittels behäbig geschwungener Fäuste ausgetragen. Prellungen in den Hackfressen und kleinere Platzwunden fallen dabei aber nicht schwer ins Gewicht, da ausreichend Betäubungs- und Schmerzmittel in den Venen vorhanden sind. Ordnungsamt und Polizei schauen gelegentlich, ob sich das Spektakel in einem annehmbaren Rahmen bewegt.


Irgendwann ist der Spuk vorbei und man lässt sich von freundlichen Polizisten wieder nach Hause bringen oder die Parentalgeneration spielt Taxi. Alternativ kann man auch ein Taxi als Taxi nutzen, denn gelaufen ist man heute genug. Viel Spaß, Freude und guten Durst wünscht die gesamte Redaktion. Wir lassen uns in wie gewohnt auf dem Sofa volllaufen, wo man am Ende des Tages ja eh landet.


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