Anfang:
Wie praktisch, dass der Beginn eines Projektes im Deutschen mit dem prachtvoll klingenden Begriff „Anfang“ betitelt werden kann. In dieser neuen Kategorie beschäftigen wir uns mit der köttigsten Stadt unter dem flammenden Feuerball am Firmament. Von A wie Arbeitsamt bis zu Z wie Zeitung wollen wir die gesamte Bandbreite Werls in den trüben Blick nehmen. Sicherlich werden wir das eine oder andere Thema überstrapazieren, dafür aber auch wichtige Dinge vergessen. Das liegt in der Natur unserer Arbeitsweise, die nicht unbedingt von Struktur und planerischer Vorgehensweise geprägt ist. Dennoch wünschen wir viel Spaß und springen nun ins kalte Wasser.
Autos:
Ohne sie wäre der moderne Mensch nur ein fadenscheiniger Schatten seiner selbst. Wie würde er vom Jobcenter zum Pfandautomaten kommen? Und überhaupt, welchen Sinn hätte ein Fußmarsch, bei dem man nicht hupend und fluchend den Motor abwürgen könnte? Sicherlich allerhand Fragen rhetorischer Natur. Aber Fakt ist, dass ein fahrbarer Untersatz mit den Ausmaßen eines Lastwagens erst die Würze in den Mobilitätsbereich bringt.
In Werl würdigen wir noch die deutsche Ingenieurskunst. Zwar gelten auf den meisten schlaglochübersäten Pisten 30 Km/h als Tempoempfehlung, doch gibt es noch immer ausreichend Strecken, auf denen man auch mal mit 50 Sachen an dem platzverschwendenden Radler vorbeiheizen kann. Viele Autohäuser bieten dem Nachhaltigkeitsexperten hinterm Steuer Nachschub, wobei inzwischen auch elektrisierte Klitschen zu erwerben sind.
Hier muss man sich als umweltbewusster SUV-Fahrer nicht schämen, hier kann man kostengünstig parken, hier wird nicht jeder Trend aus der woken Abteilung mitgemacht. Also, liebe Autofahrer, ihr habt Besseres verdient als Rumpelstädte wie Münster, in denen tankfaule Leute auf mickrigen 2 Rädern Sonderrechte erhalten. Kommt nach Werl!
Autobahn:
Zwar verfügen wir auch über einen Bahnhof, aber welcher Geringverdiener ist schon auf diese Schienentaxen angewiesen, in denen man sich die Sitzplätze mit anderen autofreien Gestalten teilen muss?
Werl hat über 3 (in Worten drei!!!) Aus- bzw. Auffahrten. Dort kann man das Gaspedal noch bis zum rostigen Bodenblech durchtreten und die Freiheit genießen, die man nur auf dem Beschleunigungsstreifen erleben kann.
Arbeitsamt:
Ja, mittlerweile wurde der Schuppen umbenannt und hört auf den urdeutschen Namen Jobcenter bzw. Agentur für Arbeit. Klingt für mich nach nem 1-Euro Shop bzw. einer Firma für Auftragskiller, aber ich bin auch kein Marketingexperte. Am Marktplatz, dem zentralen Ort für spärlich besuchte Veranstaltungen befindet sich die Werler Filiale. Hier beantragen Arbeitsuchende Gelder für Kühlschränke, Bildungsgutscheine und andere Leistungen, die ihre prekäre Situation vernebeln sollen. Daneben werden Fortbildungen angeboten, bei denen man Murmelbahnen baut, Mandalas ausmalt und weitere essenzielle Fähigkeiten für das umkämpfte Haifischbecken erlernt.
ATU:
Das sympathische Familienunternehmen, welches sich um das kostengünstige Reparieren von Rostlauben und dem nervtötenden Reifenwechsel an Klapperkisten kümmert, hat Werl als seinen Standort auserkoren.
An der Hammer Straße befindet sich eine Werkstatt, in der man Scheibenwischer und Öl in Plastikbehältnissen erwerben kann. Zudem sind einem die kritischen Gesichtsausdrücke der Fachmänner (Frauen haben an und im Auto schließlich nur zu Dekozwecken etwas zu suchen) gewiss, wenn man von einem Holpern oder Klackern spricht. Allerdings ist so ne olle Werkstatt nicht wirklich der Rede oder des Geschreibes wert, denn die Bumsbuden gibt es schließlich in jeder zugemüllten Garage.
Der Gigant des Flickens hat im Werler Gewerbegebiet allerdings auch ein sogenanntes Logistikzentrum eröffnet. Schickes Wort für ne große Lagerhalle, in der Ersatzteile unzählige Schichten Staub ansetzen. In unmittelbarer Nähe eines ehemaligen Militärgeländes treffen sich auch gerne Golfer, die auf sattes Grün verzichten können. Einmal fungierte der Bereich hinter dem Lager auch als Ersatzort für die Wanderung am ersten Mai. Da der Weg für die meisten Teilnehmer deutlich kürzer als bis in den Stadtwald war, freuten sich die dehydrierten Muskeln über die Schonung, die von den kampferprobten Lebern kompensiert wurde.
Abitur:
Falls man ein speichelschlürfender Klugscheißer sein sollte, ist in Werl das Erreichen der allgemeinen Hochschulreife möglich. Ist aber wirklich nur was für Leute, die zu faul zum Pfandsammeln sind.
Arschschießen:
Das klingt zunächst leicht vulgär, was grundsätzlich aber mit dem Werler Geist zu vereinbaren ist. Dennoch sollte man als Teutone mit Enthusiasmus und genetisch bedingter Fußballaffinität wissen, worum es sich handelt. Zumindest in den Grundzügen.
In den düsteren Tagen, die ohne Facebook, Insta und Netflix trübe ins öde Land zogen, beschäftigte sich die legendäre Meute (wer mehr wissen möchte, hat Pech gehabt) am Freitagnachmittag am MG. Auf der asphaltierten Fläche wurde gesoffen, analoge Musik gehört und Sport getrieben. Je nach Gruppenstärke musste auch die eine oder andere Runde „HOCH 1“ absolviert werden. Ein hochkomplexes Spiel, dessen Regeln von Generation zu Generation weitergegeben werden und schriftlich lediglich auf Papyrusrollen auf dem Mond hinterlegt sind. Jedenfalls läuft es darauf hinaus, dass ein talentfreier Volldepp als Verlierer dasteht. Und zwar mit dem Blick ins Tor und in gebückter Haltung. Die siegreichen Teilnehmer versuchen nun den möglichst hart aufgepumpten Ball auf das Gesäß des tragischen Helden zu ballern, wobei Experten eher auf die Waden zielen, um ein möglichst fatales- sprich schmerzhaftes- Ergebnis zu erreichen.
Mittlerweile finden derartig martialische Rituale nicht mehr in der Öffentlichkeit statt, wo man heutzutage eher konzentriert auf die Videos des benachbarten Handynutzers stiert.
Angeln:
Kann man in Richtung Westönnen in unmittelbarer Nähe eines bestialisch stinkenden Bauernhofes. Ist aber langweilig.
Arrest:
Das ist ein Fremdwort. Kann man googeln. Jedenfalls gibt es in Werl eine Polizeiwache, in der volltrunkene Randalierer auch mal ausnüchtern können und dabei die heimelige Atmosphäre einer Zelle genießen. Da man nicht alle Einwohner zeitgleich unterbringen kann, werden nur die Vollprofis und ernsthaften Trinker beherbergt.
Avantgarde:
Früh übt es sich. Das gilt auch für volltrunkenes Ballern auf wehrlose Holzvögel. Daher gibt es für aufstrebende Köttenkinder die Möglichkeit, sich bereits im jungen Alter einem Schützenverein anzuschließen. Jedes noch so kleine Kaff in der Umgebung bietet Interessierten hochqualifizierte Anlaufstellen. Also weg vom Smartphone, ran an den Zapfhahn!
Aufkleber:
Einige kleben sich frisch frisierte Fußballprofis in hochpreisige Sammelalben. Die klebrigen Bildnisse stammen u.a. aus der Umverpackung gesunder Lebensmittel mit viel reichhaltiger Schokolade.
Aufkleber findet man aber nicht nur in kleinen Päckchen am Kiosk und in leckeren Fitness-Snacks, sondern ebenso im öffentlichen Raum. In Werl kann der aufmerksame Flaniergänger zahlreiche kunstvolle Exemplare entdecken. Politisch motivierte Laternen, vereinsbezogene Mülltonnen und Schilder mit weitergehenden Hinweisen zieren das Stadtbild.
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