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  • AutorenbildWerler Kötte

Balla Balla

Ich war zwar viel und gerne an den unterschiedlichen Konsolen beschäftigt, an denen ich virtuelle Abenteuer erlebte, doch zog es mich ebenso sehr an die frische Luft. Als Kind gab es reichlich Beschäftigung in der Siedlung. Da wir uns noch nicht über Apps oder Messenger austauschten, klingelte man bei den jeweiligen Blagen, wenn man sich nicht gerade verabredete hatte. Je nach Konstellation und Gruppenstärke wurde unterschiedlichen Aktivitäten nachgegangen. Im folgenden Text soll es um ballbezogene Beschäftigungen gehen.

 

König Fußball

 

Fußball geht und ging immer. Zu zweit wurden eben 2 Stöcker in den Boden gerammt und man pöhlte drauflos. Ich erinnere mich gerne an die Einheiten mit Ralle. Als er in den Drosselweg gezogen war, sprach er noch kein Deutsch. Dennoch kickten wir stundenlang hinter dem Haus. Irgendwann war er auch im Verein bei den Werler Kötten mein Mitspieler. Wenn mehr Teilnehmer zur Verfügung standen, gab es verschiedene Ansätze. Hoch 1 kennt jeder, der schonmal Fußball gespielt hat, jedoch ist das Regelwerk recht variabel. Da eine Erklärung zu umständlich wäre, hier einige Eckdaten. Wer mit Fußball nichts am Hut hat, möge die kommenden Zeilen überspringen.


Torwart 12 Punkte, der Rest 10 Punkte, es wurde mit Schwimmer gespielt (0 also nicht Game Over), Tor 1 Punkt Abzug, Kopfballtor 2 Punkte, Hacke/Fallrückzieher 3 Punkte, Retten ist Pflicht, Luftlinie im Tor und daneben, mit Freiköpfen. Damals noch ohne Arschschießen.


Ansonsten wurde WM gespielt. Einer ging ins Tor und für die anderen Pöhler hieß es „alle gegen alle“. In der ersten Runde musste man eine Hütte erzielen, um in die nächste Runde zu kommen. Danach 2, dann 3 etc… Der Sieger reckte einen imaginären Pott in die Höhe.

Falls ausreichend Blagen vor Ort waren, wurde die gesamte Rasenfläche genutzt und auf 2 Tore gespielt. Mannschaften wurden per „Pisspott“ gewählt, wobei man nicht umme Ecke gehen durfte. Es war ein teils chaotisches Treiben, aber richtig Stress gab es selten.

 


Da hilft auch Üben nicht. Abschläge konnte ich nie.

Ich weiß nicht mehr, wie das Spiel genau hieß, aber oft zockten wir es. Einer „war“ es. Ein Fußball wurde weit weggeschossen und von dem Auserwählten geholt, der ihn auf der Basis platzierte. Währenddessen versteckten sich die anderen Kinder (unterm Balkon, im Gebüsch oder sonstwo). Der Suchende musste die anderen Blagen finden (D., ich sehe dich, du bist auf dem Baum), wobei der Ball berührt werden musste. Wer erwischt wurde, ging zur Fläche vor einer Haustür, die als Freiluftkerker fungierte. Die sich versteckenden Übeltäter konnten die Gefangenen befreien, indem sie sich unentdeckt zum Ball begaben und diesen wegballerten. Das Spiel ging so lange, bis alle gefangen wurden oder der Suchende frustriert aufgab.


Es wurde jedoch auch Basketball gespielt. Aber da ist doch nirgends ein Korb! Japp, Mamma besorgte einen Korb und malte das Logo der Chicago Bulls darauf. An einer exklusiven Stelle auf dem Parkplatz stand das gute Stück und wurde vornehmlich von den älteren Jugendlichen (u.a. meinem Bruder) genutzt.

 

Ganz großes Tennis

 

Mir ist nicht bekannt, dass irgendwer aus unserer Siedlung im Tennisverein aktiv war. Golf dürfte auch nicht unbedingt zu den Kernsportarten gehört haben. Dennoch war Tennis eine nicht unbeträchtliche Zeit eine sehr beliebte Beschäftigung. Auf dem kleinen Spielplatz zierten recht glatte Betonplatten den Boden. Mittels Kreide aus den bekannten Eimerchen zeichneten wir ein Feld auf die Fläche, wobei die Linien weniger Unregelmäßigkeiten aufwiesen als der typische Fußballplatz in der Kreisliga.


Zwar hatten wir kein passendes Netz für unser improvisiertes Wimbledon, aber Konflikte über Bälle, die nicht über die imaginierte Barriere flogen, gab es nur äußerst selten. Anfangs stümperten wir uns noch extrem einen zurecht. Doch mit der Zeit entwickelten alle Blagen mehr oder weniger ausgeprägte Fertigkeiten im Umgang mit den Schlägern. Wir imitierten die Stars, spielten mal beidhändige Rückhände, beizeiten auch mal einhändig. Als ich mit einem Klassenkameraden in Büderich auf den Ascheplatz ging, erlebte ich Erstaunliches. Mein Freund war bereits Jahre im Verein, ich lediglich bei den Werler Preußen für das Rumbrüllen im Tor zuständig. Aufschläge von Oben konnte ich nicht. Nie geübt, nie gebraucht. Aber ich war zu einem ordnungsgemäßen „Slice“ in der Lage. M. (Datenschutz und so) setzte einen verblüfften Blick auf und fragte mich, wie ich das gemacht hätte. Ich wiederholte den Schlag. Er meinte anschließend zu mir, dass ihm sein Trainer trotz wiederholter Nachfragen die Technik bisher nicht beigebracht hätte. Manchmal ist Herumprobieren in ungezwungener Atmosphäre zielführender als das Vereinssystem.

 

Baseball

 

In der Siedlung gab es hinter jedem Haus eine rechteckig langgezogene Wiese, auf der traditionell gepöhlt wurde. In der Nähe des Flachdachs war hingegen eine etwas größere Wiese. Ich weiß noch, dass sich ein „Vater“ lange dafür eingesetzt hat, dass wir diesen Rasen ausgiebig nutzen durften, denn angrenzend befanden sich Einfamilienhäuser, in die regelmäßig Bälle flogen. Beziehungsweise in die Gärten der Bonzenbuden. In urdeutscher Weise wurde uns dann nach genervter Rückgabe mitgeteilt, dass die Spielgeräte demnächst einfach zerstochen werden würden. Richtig so. Sollen die Blagen lieber arbeiten gehen oder vor der Glotze hocken.


Hier konnten größere Mannschaften herumtoben.

Irgendwann wurde es allerdings akzeptiert, dass wir unseren Bewegungsdrang dort auslebten.

Da wir alles ausprobierten, was die Ludologie hergab, versuchten wir uns auch an Baseball. Wie beim Tennis hatte unser Vorgehen nicht das Allermeiste mit dem eigentlichen Sport zu tun, aber das hielt uns natürlich nicht ab. Mit Stöckern wurden die Bases markiert und mit einem angepassten Regelwerk warfen, schlugen und rannten wir. Statt eines echten Baseballs, warfen wir eben Tennisbälle. Genau diese Begeisterung für Spielformen macht das Kindliche aus. Neugierig sein, austesten, nachjustieren und einfach gemeinsam aktiv sein. Improvisation liegt im Blut eines jeden Blages.

 

Ping Pong

 

Tischtennis, der weiße Sport des Geringverdieners. Man kennt es aus der Schule. 1, 2, 3, der Anbau ist vorbei. Rundlauf an den asphaltierten Betonplatten war in den Pausen lange Zeit die obligatorische Beschäftigung. In unserer Siedlung gab es derartige Spielgeräte allerdings nicht. Doch was für Basketball galt, war für Tischtennis nicht anders. Wir hatten in unserem Keller ein Prachtexemplar aus dem teutonischen Hause Kettler. Im Sommer wurde das gute Stück vor dem Haus platziert, wo ein Baum für Schatten sorgte.


An diesem Baum stand im Sommer gelegentlich unsere Tischtennisplatte.

Sicher, der Wind durchkreuzte regelmäßig unsere Partien, doch als Kind der 90er hatte man eine ausgesprochen ausgeprägte Frustrationstoleranz, was u.a. daran lag, dass die Videospiele damals unverzeihliche Lernkurven aufwiesen, sodass wir auf derartige Kinkerlitzchen gut vorbereitet waren. Durch die regelmäßigen Einheiten auf dem Schulhof, im Keller und vor dem Haus konnte ich mit dem kleinen Schläger ganz gut umgehen. So gewann ich triumphal, souverän und mit einem sympathisch wirkendem Bayern-Shirt ein Turnier am ÄMG (Mariengymnasium ;D).

 

Sind Murmeln Bälle?

 

In diesem Text geht es im weitesten Sinne um Ballsportarten, die unseren Alltag prägten. Andere Aktivitäten gibt es in anderen Texten. Doch sind Murmeln Bälle? Zunächst heißen die Teile Knicker. Das ist Fakt. Zum anderen, nein! Daher beschäftigen wir uns ein anderes Mal mit der hoffentlich bald olympischen Sportart.

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