Döner:
Ja. Döner. Des Deutschen liebstes Essen, wenn der Besuch in der Stammkneipe mal wieder etwas länger gedauert hat und das Bier auch verdammt lecker war. Früher hatten wir hier mehr Dönerläden als Handyvertretungen. Nach den Preisschlachten hat nur noch ein kleiner Kern überlebt. Dennoch ist die Grundversorgung für fachmännische Trinker weiterhin mehr als gewährleistet.
Allerdings schwelge ich in melancholischen Gedanken, wenn ich mich an die Besuche bei Cappadocia erinnere. Damals zahlten wir den Fladenbrotsnack noch mit Deutscher Mark und gönnten un anschließend einen Tee aufs Haus.
DJK:
Vereine gibt es wie Plastik im Meer. Der DJK Werl ist allerdings ein ganz besonderer Vertreter. Verschiedene Abteilungen (u.a. Basketball, Volleyball, Zirkus) beheimaten über 1000 bewegungsaffine Mitgliedskötten. Den höchsten Bekanntheitsgrad hat allerdings die Leichtathletik-Sparte. Meist am Buchgeister-Stadion treffen sich alle Altersklassen, um gemeinsam im Kreis zu rennen, zügig geradeaus zu sprinten, Kugeln und Stöcker durch die Gegend zu schleudern und in Sandkästern oder über Stangen zu hüpfen.
Der DJK ist ein sehr durchlässiger Schuppen, was heißt, dass man kein vermögender Blaublütler sein muss, um dort aktiv zu werden. Hinzu kommt, dass die Verantwortlichen sich immer wieder durch sozialpolitisches Engagement hervortun und viel ehrenamtlichen Fleiß in die Arbeit stecken.
Danielsmeier:
Oberhausen hat das CentrO, Dortmund die Thier-Galerie, London das Harrods und Werl beherbergt Danielsmeier. Auf 2 Etagen kann man hier alles ergattern, was das unregelmäßig gluckernde Herz begehrt. Eierkneifer für den ungepflegten Herren, kostspielige Polyesterklamotten zum hechelnden Joggen, das Bügeleisen für die fleißige Gattin oder feinste Füllfederhalter für das kleine Köttenkind. Wer hier nicht fündig wird, achtet wahrscheinlich auf den Preis.
Das Kaufhaus hält die Fahne des Einzelhandels seit gefühlten Ewigkeiten in den widrigen Wind und ist die erste Anlaufstelle für außerhalb des Internets shoppende Menschen.
Digitalisierung:
Eines der inhaltsbefreiten Schlagwörter, die unser bemitleidenswertes Dasein lebenswerter machen sollen. Anwendungen, die in irgendeiner Form das Internet nutzen, ermöglichen Einkäufe von Zuhause, verwaltungstechnische Vorgänge beim Kacken, logistisches Organisieren beim Pornokonsum und einfach alles ohne das heißgelaufene Faxgerät zu behelligen. So sieht es jedenfalls in der verheißungsvollen Theorie aus. Die Voraussetzungen zur erfolgreichen Umsetzung sind jedoch umfangreich, komplex und erfordern u.a. geistige Flexibilität und eine stabile Internetverbindung. Das sind naturgemäß Faktoren, die im Lande der Teutonen meist vergeblich gesucht werden.
Werl ist diesbezüglich natürlich eine willkommene Ausnahme. Um Glasfaserkabel zu verlegen, werden regelmäßig Asphaltdecken aufgerissen und die damit verbundenen Annehmlichkeiten sinnvoll genutzt. Der Höhepunkt in der Symbiose deutscher Ingenieurskunst und modernen Kommunikationsmethoden findet sich in der Fußgängerzone- wo auch sonst?! Ein überdimensioniertes Rentner-Smartphone lädt den genügsamen Anwender zum Erkunden der Stadt ein. Hier kann man Wanderrouten, Sehenswürdigkeiten oder die werbeverseuchte Seite des Anzeigers aufrufen und von den Vorzügen des Heilsbringers „Digitalisierung“ profitieren.
Drosselweg:
Im ornithologisch angehauchten Norden der Stadt befindet sich der Drosselweg. Warum erwähne ich sie, während Finkenstraße, Schwalbennest und Meisenstraße unterschlagen werden sollen? Nun ja, ich habe meine Kindheit in besagtem Drosselweg ebenso verbracht, wie die beginnende Adoleszenz, die mit Grenzerfahrungen im Zusammenhang mit alkoholischen Getränken einherging.
Ich merke, dass ich inzwischen alt bin, da ich rückblickend sehr verklärt an die Tage zurückdenke. Früher war eben alles besser, und für das Leben im Drosselweg scheint diese Phrase zumindest annähernd zu stimmen. Unzählige Nationalitäten, sprachlicher Kauderwelsch vom Feinsten und gemeinsame Freizeitgestaltung standen oben auf der Tagesordnung. Kettcar-Rennen, Räuber und Gendarme, Pöhlen bis zum Abwinken, Murmeln (Knicker), Ballspiele aller Art usw. prägten den Alltag. Zwischendurch brachte Calvano das beste Zitroneneis meines Lebens im VW-Bulli vorbei und es war einfach besonders.
Heute kontrastreiche Tristesse. Müll wohin man blickt. Spielplätze eingestampft oder in unverändertem Zustand. Zum Glück haben Blagen Phantasie. Die brauchen sie nämlich in Hülle und Fülle, um aus den Gegebenheiten etwas Erbauliches zu gestalten.
Discounter:
Inflation, Arbeitslosigkeit, Pech in der Spielo. Heutzutage muss man jeden Cent mehrmals umdrehen, um die lebensnotwendigen Einkäufe finanzieren zu können. Bier, Chips und Mikrowellenerzeugnisse kosten nun einmal teuer Geld. Daher suchen Deutsche gerne sogenannte Discounter auf, damit die Zahlen auf dem Kassenzettel nicht in die Privatinsolvenz führen. Zwar haben die jeweiligen Anbieter ihr Image in den letzten Jahren massiv aufpoliert, doch stehen sie nach wie vor im Ruf, möglichst viel für wenig Knete nach Hause tragen zu können.
Werl bietet seinen Bürgern eine reichhaltige Auswahl an günstigen Einkaufsmöglichkeiten. Im gesamten Stadtgebiet gibt es zahlreiche Läden, die den modernen Bedürfnissen gerecht werden. In der Nähe des Kurparks gibt gar den Discounter unter den Billigpalästen, bei dem man allerdings auf die Mindesthaltbarkeit achten sollte.
Dörfer:
Die Welt ist ein Dorf. Werl hingegen ist eine Metropole, die vergeblich ihresgleichen sucht. Als Geflecht komplexer Siedlungsstrukturen verfügt das Werler Umland über zahlreiche Dörfer. Hier kennt man sich, hier säuft man schon mit 12 in der Kneipe (oder mangels Möglichkeiten im Kinderzimmer), hier verpfeift man sich beim Ordnungsamt, hier bestimmen überbreite Traktoren das Straßenbild und verfeinern das Olfaktorische mit fein zerstäubten Fäkalien.
Dreiklang:
Kaffee trinken kann man in Deutschland überall und zu jeder Zeit. Es grenzt an ein Grundrecht, immer an dampfendes Koffeingebräu zu kommen. An der Tanke um Mitternacht oder spät abends am Büdchen. Solange die Kaffeeversorgung gewährleistet ist, muss man sich nur bedingt Sorgen machen. In Werl gibt es Kaffeestuben für jeden Geschmack. Kitsch trifft Moderne. Ich persönlich hocke seit Jahren gerne im Dreiklang herum, welches sich in der Gasse gegenüber des DM’s befindet.
Der inklusive Betrieb versprüht eine warmselige Atmosphäre, bietet fair gehandelte Produkte an und sogar Kinder sind hier gern gesehen.
Drogen:
Der Germane sitzt zur Mittagspause im Wirtshaus des Vertrauens und schüttet sich Gerstensaft in die dürre Kehle. Bier, des Deutschen liebste Flüssignahrung, ist die Allzweckwaffe. Du bist schüchtern? Trink was! Du triffst dich mit sogenannten Freunden, um was zu essen? Trink was! Du guckst Fußball? Trink was! Du sitzt alleine auf dem Klo und hast Langeweile? Trink was! Der Arzt hat eine Depression diagnostiziert und die Wartezeit für einen Therapieplatz beträgt läppische anderthalb Jahre? Trink was!
Doch im Lande Christoph Daums wird nicht nur gesoffen, bis jede Musik tanzbar wird. Nein, wir kiffen, koksen, spritzen und schnüffeln alles, was es für Bargeld von einem schmierigen Wollmützenträger zu kaufen gibt. Werl ist da keine Ausnahme. Besonders das süßlich duftende Zeug, das von Leuten mit verfilzten Haaren und Atomkraftgegnern bevorzugt wird, gehört in der Köttenstadt zu den beliebtesten Drogen. Auf jedem Klo findet der findige Fahnder Jointstümmel oder leere Plastiktütchen, auf denen subtil eine Cannabispflanze gedruckt ist.
Werler Kötte vertraut auf die bewährte Wirkung des Premiumfusels, den es an jeder Ecke legal zu erwerben gibt. Dennoch ist die grundsätzliche Verteufelung des klischeebehafteten Krauts weder berechtigt noch zeitgemäß. Wer sich zudröhnen möchte, findet in Werl auf jeden Fall die dafür notwendigen Ansprechpartner.
Drogerie:
Klingt zwar ähnlich, hat aber nur unmerklich etwas mit dem vorrangegangenen Thema zu tun. In Drogerien kann der kaufwillige Konsument prachtvolle Produkte erwerben. Duftwässerchen, Hygienezeugs, Schminke, Postkarten, Pflaster, Windeln, Teelichter (dafür muss man nicht immer zu Ikea…), veganes Futter, Rasierer, Präservative, Putzmittel und sogar Fotos.
In der Vergangenheit gab es mehrere Anlaufstellen für Fans des erlesenen Einkaufens. Schlecker passte vom Gesamtkonzept her gut ins Stadtbild, siechte aber vor geraumer Zeit dahin, und spukt nur noch in den Köpfen von Einrichtungsdesignern herum und verursacht dabei schlaflose Nächte. Ebenfalls erwähnenswert ist „Ihr Platz“, die Sonnenblume unter den Drogeriemärkten. Als kleines Köttenkind erfreute ich mich an den Miniatur-Einkaufswagen mit der obligatorischen Fahne. Im schmucken Grün machten die bereiften Produkttransporter optisch einiges her.
Dulle:
Dull ist ein Begriff, den ich mit meinem Großvater verbinde, der wahrscheinlich gerade ein paar Engel zusammenscheißt, die ihn auf ein Rauchverbot hinweisen. Immer wenn im Röhrenfernseher etwas äußerst Dummes zu sehen war, kommentierte er dies kopfschüttelnd mit dem Wort „dull“. Das bedeutet im weitesten Sinne „bekloppt“ oder „bescheuert“.
In Werl lebt die gesamte Bandbreite des Dullen bzw. rennen hier überall Dulle herum. Da gibt es die standardisierte Form des drogenzersetzten Oberstübchens, das zu lauten Selbstgesprächen neigt. Je nach Tagesform kann es auch zu aggressiven Handlungen kommen. So werden Autos getreten, die verdutzten Fahrer kurbeln elektrisch das Fenster herunter, um nach den Hintergründen zu fragen, nur damit sie einem Schwall gelber Rotze ausgesetzt werden, der von der tretenden Person zielsicher abgefeuert wurde.
Solche und ähnliche Vorfälle gehören in der Köttenstadt zum Alltag, ja sie bereichern ihn mit überraschenden Momenten der Unterhaltung. Allerdings nur, wenn man nicht selbst als Nebendarsteller in der Szene auftritt.
Diers am Markt:
Wenn der Alman ein Getöse in der Magengegend vernimmt, muss schnellstens gehandelt werden. Der Tempel von Körper verträgt aber nicht jeden Quatsch, weshalb das zünftige Wirtshaus ebenso Weltkulturerbe werden sollte, wie es für den Kiosk/die Bude gilt. Nur hier gibt es die einzigartige Kombination von „watt auf den Teller“ und „watt ins Glas“.
Am Werler Marktplatz gibt es eine traditionsreiche Lokalität, in der man sich lebensnotwendige Schnitzel und Gerstensaft einverleiben kann. Das schmucke Fachwerkhaus stammt ursprünglich aus dem 15. Jahrhundert und damals verfügte es gar über das Braurecht. Wer mehr über deutsche Kultur erfahren möchte, sollte sich mal eine Portion Bratkartoffeln samt Bierchen gönnen.
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