Hilbeck:
Hilbeck ist der Randstein Werls. Der Stadtteil liegt in Richtung Hamm und ist vornehmlich Durchgangsstraße für Brummis und andere motorisierte Menschen, die gerne im schleichenden Auto herumsitzen und dabei wilde Flüche brüllen. Erwähnenswert ist allerdings noch der Fußballverein, der immerhin in der Landesliga dem Kunstleder hinterherhetzt. Das bedeutet, das Treiben auf dem Rasenplatz ist nicht nur von Gestolper und Gepöhle geprägt.
Holtum:
Schon wieder ein Ortsteil in Form eines Dorfes. Unmittelbar neben Büderich gelegen, verfügt das Kleinod naturgemäß über einen eigenen Schützenverein und ein Gotteshaus. Auf dem Landgut Mawick werden pompöse Veranstaltungen gefeiert; ich war mal auf einer Hochzeit dort, wenn ich mich recht erinnere. Nicht zu vergessen, dass die legendäre Birkenparty ihre Heimat hat.
Hallenbad:
In ihrer Freizeit plantschen Menschen gerne in chlorierten Gewässern. Damit dies auch in den winterlichen Monaten möglich ist, gibt es in Werl ein hochmodernes Hallenbad. Egal, ob pickeliges Pubertierchen oder Badehaubenmodel im letzten Lebensdrittel, hier wird jeder glücklich. Eine Rutsche, die über Monate hinweg saniert wurde, garantiert Schürfwunden und Zusammenstöße mit schlecht erzogenen Blagen. Ein angegliedertes Lehrschwimmbecken erlaubt auch unerfahrenen Wasserratten die Gewöhnung an das chemisch duftende Wasser. Wer sich vormittags in die duftenden Räumlichkeiten wagt, kann schulpflichtigen Köttenkindern beim Plantschen zusehen, um die Gewissheit einer apokalyptischen Zukunft zu festigen.
Info: In diesem Sommer sind die chemisch duftenden Räumlichkeiten für Ottonormalkötte nicht zugänglich, da irgendwelche Sanierungsarbeiten anstehen. Bleibt immerhin noch das Freibad und der Salzbach.
Hexen:
Im düsteren Mittelalter hat der Mensch das getan, was er nach wie vor am besten beherrscht, nämlich andere Leute zu massakrieren. Die Hexenverfolgung, eine hauptsächlich der katholischen Kirche anzurechnende Meisterleistung (in einer Reihe mit weiteren Errungenschaften wie Kindesmissbrauch, Homophobie etc.), machte auch vor Werl nicht halt.
Doch nicht nur religiöse Beweggründe spielten eine Rolle bei den wenig märchenhaften Ereignissen, denn derartige Auswüchse stecken halt in uns. Als Beweisführung dürften 2 Minuten Facebook ausreichen. Das Prozedere bei der massenhaften Ermordung von (meist) Frauen dürfte jedem Leser bekannt sein bzw. sind die Abläufe leicht recherchierbar.
Sobald ein Anfangsverdacht bestand, kam Betrieb in jene Farce, die man Gerichtsverhandlung schimpfte und an deren Ende mit fast grenzenloser Sicherheit ein toter Mensch stand.
In der Köttenstadt wurden zwischen 1628-1630 57 Frauen und 16 Männer dem heiligen Feuer anheimgestellt. Am ehemaligen Melstertor wurde die Befragung (Folter) durchgeführt. Dafür zuständig waren spezielle Spezialfachmänner. Dr. Christian Kleinsorge und Dr. Oger Brandis versahen neben dem Amt des Hexenkommissars auch den Posten des Bürgermeisters. Aber besonders hervorzuheben ist Caspar Reinhartz, der ebenfalls ab und an Bürgermeister war (1630-34/ 1642-45 und 1648-53) und einen Ruf als herausragender Jäger genoss.
Aber wir leben zum Glück endlich in aufgeklärten Zeiten, in denen die Krone der Schöpfung nicht mehr zu solch grauenvollen, wie dummen Handlungen fähig wäre…
Humor:
Der deutsche Humor ist weltweit bekannt und beliebt für seine subtile Art. Oftmals so subtil, dass es einfach nicht zum Lachen ist…
Der Werler Humor ist für Außenstehende schwer bis gar nicht greifbar, da es sich dabei um eine merkwürdige Mischung handelt. Einerseits sehr fatalistisch, andererseits auch naturalistisch. Gerne macht sich die Kötte über Vorgänge in der eigenen Stadt lustig, wenn ein Ortsfremder allerdings was zu nörgeln haben sollte, kann es auch schnell todernst werden. Nicht zu vergessen, dass der Soester Anzeiger das einzige Satiremagazin ist, welches täglich erscheint.
Teutonische Brauchtümer sind nicht immer lustig, aber immer mit ausreichender Gerstensaftzufuhr verbunden. Karneval (Unwissende sprechen auch von Fasching) gehört zu den Veranstaltungen, die so witzig sind, dass man sich während der Sitzungen und Umzüge meist bis an den Rand des Deliriums säuft. Werl verfügt über einen eigenen Karnevalsverein (Lachendes Werl). Um den köttigen Humor die angemessene Führung angedeihen zu lassen, ist der Vorsitzende von Beruf Bestatter. Tusch!
Holz:
Wenngleich für die Verwendung dieses beliebten Baustoffes massenhaft Bäume geschlachtet werden müssen, ist Holz allgegenwärtig. Piraten lassen sich Prothesen aus Kiefer schnitzen, der Baseballschläger zur Selbstverteidigung entstammt ebenso einem Stamme und in der Mietbude stapeln wir unsere Pfandflaschen in bemalten Schränken hölzernen Ursprungs.
Das ist zunächst keine Information, die unmittelbar mit Werl zusammenhängt, aber beim Durchblättern von alten Stadionzeitschriften der Werler Preußen ist mir dieses Inserat ins Auge gesprungen.
Erwähnenswert, weil diese hippe Werbung um 1980 herum erschienen ist. Normalerweise beträgt die Halbwertszeit von Betrieben, Firmen oder sonstigen Einrichtungen wenige Monate, weshalb wir Holz Rubarth hiermit lobpreisen wollen. Was man hier kaufen kann, lässt sich mittels weniger Klicks herausfinden, doch wir wollen nicht zum Reklameportal mutieren. Irgendwas mit Holz, so viel ist sicher.
Heimatverein:
Heimat ist für mich ein teils mit fragwürdiger Ideologie aufgeladener Begriff, welcher recht individuell ausgelegt werden kann. Mein Verständnis ist dabei recht weit von mikropatriotischen Irrungen entfernt, aber darum soll es hier auch nicht gehen.
Der Werler Heimatverein befasst sich mit der bewegten Historie der Stadt und ist für viele Aktionen, Hinweisschilder und eine allgemeine Erinnerungskultur verantwortlich. Die Mitglieder treffen sich im „Backofen“, einem geschichtsträchtigen Gebäude in der Nähe der Galle. Bei Interesse einfach mal reinschauen. Unser Chefredakteur liebäugelt schon länger damit, sich in dem Laden anzumelden. Die jährliche Ausgabe des "Werl-gestern-heute-morgen" ist inklusive und man kann in dem Archiv herumstöbern.
Heimatpreis:
Seit 2019 zeichnet die Stadt Werl Projekte, Vereine oder sonstigen Klamauk aus, der sich im weitesten Sinne um die Erhaltung und Verbreitung heimatlicher Gepflogenheiten bemüht. Unter den bisherigen Preisträgern waren beispielsweise der Verein „Saline e.V.“, der Heimatverein, aber auch die Redaktion hinter dem Jahresbuch „Werl-gestern-heute-morgen“, welches uns oft als Recherchegrundlage für den einen oder anderen Artikel dient.
Eigentlich müssten wir uns für diesen mit bis zu 5000 Tacken dotierten Preis bewerben. Schließlich haben wir uns in der Vergangenheit bereits mit außerordentlich geschichtsträchtigen Themen beschäftigt. Artikel zur Hexenverfolgung, dem Schnadegang, Pengelpad, der düsteren Historie der JVA und dem Parkfriedhof wurden in die Tasten geklimpert. Auch Blicke in die nähere Vergangenheit stehen regelmäßig auf der Tagesordnung, wenn beispielsweise geschlossene Geschäfte gewürdigt werden. Aktuelle Entwicklungen beschäftigen unsere Korrespondenten in der Kernstadt und seinen schmucken Ortsteilen natürlich ebenfalls. Per Fax tauschen wir Infos über anstehende Veranstaltungen (Kirmes, Streetfood, Neueröffnung Bücherei etc.) aus und informieren die interessierten Leser und Abonnenten. Einerseits dient die Homepage als digitales Altpapierlager, andererseits werden auch neumodische Plattformen, wie Instagram bedient.
Wer den folgenden Link aktiviert, kann sich die Voraussetzungen mal zu Gemüte führen. Grundsätzlich ist es ne feine Sache, dass Engagement gewürdigt wird.
Aktiv werden wir uns nicht bewerben. Warum. Okay, das Preisgeld würde in ausgiebige Testbesuche in den lokalen Kneipen fließen und daher einem guten Zweck dienen. Aber erfahrungsgemäß kommt unser Köttenbaby bei vielen Verantwortlichen der Stadt nicht allzu gut an. Zugegeben, wir sind stilistisch nicht immer ganz astrein. Aber jeder, der unsere fleißigen Tastaturmalträtierer kennt, weiß, dass wir unsere Köttenstadt mit jeder Faser lieben. Daher werden wir den beschrittenen Weg nicht verlassen, auf Monetarisierungen jedweder Art verzichten und den Spagat zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft weiterhin wagen, auch wenn es gelegentlich an den Sehnen und Bändern zwackt und zwickt.
Hotels:
Tourismus ist die zentrale Einnahmequelle der Köttenstadt. So pilgern Esspapiergourmets katholischen Glaubens traditionell zur Basilika. Das gilt auch für die zahlreichen Besucher, welche die anderen Sehenswürdigkeiten („Zu-vermieten“-Schilder, gemähter Kunstrasen, Müllsammlung im öffentlichen Raum etc.) bestaunen. Für Eventtouristen und die immer gebrechlicher werdenden Geronten gilt gleichermaßen, dass sie ein gemütliches Nachtlager benötigen, um ihre erschöpften Leiber wieder mit Vitalität auszustatten. Um den gehobenen Ansprüchen ansprechend zu entsprechen, bietet Werl einige Anlaufstellen für schlafdürstende Portemonnaies auf zwei Beinen.
Hanse:
Watt soll das denn jetzt schon wieder?! Hanse, das sind doch die Hafenstädte, in denen großmäulige Matrosen ihre Heuer (Kohle) in schmierigen Spelunken und rotlichtdurchfluteten Schlafzimmern durchbringen. So einfach ist es natürlich nicht. Ihren Ursprung hat die Hanse als Vereinigung von Kaufleuten, die den Handel auf Wasserwegen zur Erschließung und Entwicklung weltweiter Beziehungen nutzten (kurz gesagt). Werl lag und liegt am Hellweg, der alten Salzroute und hatte so eine wichtige Bedeutung beim Transport und Handel von bzw. mit Waren. Zwar büßten die Landwege zunehmend an Relevanz ein, ihre geschichtliche Stellung verdient dennoch Erinnerung. Mitte der 80er wurde der Hansebund erneuert.
Das Bündnis dient allerdings eher als Marketingplattform, in dem die Mitgliedsstädte ins glorifizierende Scheinwerferlicht gestellt werden. Dennoch ist Werls Geschichte eng verwoben mit Salz und Handel. Mehr dazu beim Buchstaben „S“ wie weißes Gold.
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