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  • AutorenbildWerler Kötte

Oppa "kocht"

Die Aufgabenverteilung in deutschen Haushalten war in der guten alten Zeit noch klar geregelt und an ihr wurde gefälligst nicht gerüttelt. Die Frau kümmerte sich um Nichtigkeiten, wie Einkaufen, Kochen, Putzen, Wäsche, Kindern die Ohren langziehen, Behördengänge, Gartenpflege, Events veranstalten, Arztbesuche koordinieren, Kleidung ausbessern und anderen Firlefanz.


Der Mann malochte, um die Kohle ranzuschaffen, soff sich abends in der Kneipe einen an und zimmerte den frechen Blagen ein paar um die Ohren, wenn die Hausaufgaben mal wieder fehlerhaft waren.


Dieses wünschenswerte Idealbild einer einträchtigen Familie gab es bei uns in dieser glorreichen Form nicht. Klar, Oppa malochte sich den Buckel krumm, Erna kaufte für ihr Leben gerne ein und brachte noch jede Waschmaschine zur Weißglut. Aber es gab eben auch Situationen, in denen die angestaubte Rollenverteilung aufgebrochen wurde.


Sicherlich verfügte er nicht über die Bandbreite, um mehrere Gänge auf die blank polierten Teller zu zaubern. Dennoch waren die wenigen Spezialitäten von herausragender Qualität.

Eines Abends war die kleine Bude leergefegt. Mein großer Bruder war auf Achse und zockte wahrscheinlich mit seinen Kollegen brutale Spiele ab 18 oder rauchte die eine oder andere Zigarette. Mamma und Erna waren ebenfalls außer Haus. Da die Geschäfte abends geschlossen waren, kam die naheliegende Vermutung, dass sie einkaufen waren, nicht infrage. Sei’s drum.


Oppa und ich waren allein daheim. Er saß im Wohnzimmer auf seinem Stammplatz, dem Sessel. In bequemer Reichweite die Fernbedienung und das Gemisch aus Whiskey (nur Bourbon!) und Cola. Rechts neben ihm lag Tiger (ein Mischlingsköter, der mehr Menschlichkeit versprühte als ganz Facebook). Ich verbrachte meinen Abend derweil mit dem Super Nintendo, auf dem ich den Speicherstand meines Bruders fortsetzte, da dieser bei Zelda bereits ein üppiges Waffenarsenal sein Eigen nennen durfte.


Obligatorisch mit der festgewachsenen Zigarre.

Ich ging durchs Wohnzimmer, um mir einige Leckereien aus dem Süßigkeitenschrank zu nehmen. In dem klaren Tonfall, der zwischen Strenge und Humor pendelte, sprach mich der Herr des Hauses an. <<Purk, willste nicht was Richtiges essen?>> Was Richtiges. Das konnte Vieles bedeuten. Bereits damals wusste ich, dass der Alte gerne Möpkenbrot aß, die Mutprobe unter den Metzgereiprodukten, deren Zusammensetzung ich gar nicht wissen möchte. <<Was ham wa denn?>>, fragte ich vorsichtig. Er legte die qualmende Zigarre am Aschenbecher ab und antwortete: <<Ich kann dir Eier machen. Oder willste gebratene Fleischwurst?>> <<Kannste nicht Fritten machen?>> Seine Stirn lag in Falten. <<Hömma Jaust, wenn ich jetzt noch Kartoffeln schäle, schneide und dir Fritten mache, wird das heute nix mehr. Außerdem kommt gleich Kommissar Rex. Also Fleischwurst?>> Trotz der dezenten Enttäuschung, denn nichts ging über selbstgemachte Fritten, nickte ich und dankte.


10 Minuten später wackelte die Zimmertür bebend, denn Oppa klopfte wie es nur Kerle von damals können. Auf dem Teller lagen dicke Scheiben mit ansehnlicher Färbung. Der Duft erfüllte mein Reich. Am Rand ein Sumpf aus Ketchup. Ich bedankte mich artig, da es Seltenheitswert hatte, von Oppa bekocht zu werden. Der Chef de la cuisine nahm wieder im Wohnzimmer Platz, ich schaltete den Nintendo aus und ließ mich von der Glotze berieseln, während ich im Bett sitzend mein Mahl genoss.


Zugegeben sind gebratene Scheiben einer Fleischwurst nichts Weltbewegendes, aber sie waren verdammt lecker. Wo viele Anfänger den dampfenden Gestank aus der Pfanne scheuen, ließ Oppa die Teile so lange im Öl brutzeln, bis sie schön kross waren.


Oppas wahre Kunst bestand aber in der liebevollen Herstellung von Waffeln und Spritzgebäck. Aber darum soll es ein anderes Mal gehen.


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