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  • AutorenbildWerler Kötte

Oppas Waffeln

Kindheit verknüpft man mit vielen Dingen. Rituale, bestimmte Menschen und Essen. Düfte und Geschmäcker setzen sich in Hirnregionen fest und verbleiben dort, bis die Lichter irgendwann ausgehen. Oppas Künste nehmen dabei einen zentralen Platz ein, denn der Kerl war ein Genie, wenn es um Waffeln ging. Sein Spritzgebäck (ja, klingt lustig, du Lustmolch) wird noch Erwähnung finden, wenn es um die Weihnachtszeit geht.


Ich war bereits als kleines Köttenkind immer gerne in der Küche. Eine große Hilfe stellte ich zwar nicht dar, aber irgendwer musste sich schließlich um überflüssige Teigreste kümmern. Unsere Küche hatte einen länglichen Schnitt und war vergleichsweise schmal. Oppa stand mit der Zigarre im Mund an der Rührschüssel. Aufgeschlagene Eier, gute Butter, Mehl und weitere Ingredienzien warf er in das unkaputtbare Gefäß aus Plastik, während die Asche an der Tabakstange eine bedrohliche Länge annahm. Es widersprach den Gesetzen der Physik, dass die Spitze sich nicht zu dem Teig gesellte, der mittels Mixer in Form gebracht wurde. Doch nie flog auch nur ein Molekül der grauen Asche irgendwohin, wo sie nicht hin sollte.


Oppa konnte nicht sonderlich gut lesen und schreiben, was daran lag, dass er als Kind die Schule nur selten von innen gesehen hatte. Selbst, falls dies nicht so gewesen wäre, hätte er sicherlich auf jegliche Rezepte verzichtet. Nur gelegentlich wog er mal dieses oder jenes ab. Er hatte eben ein Gefühl für sein Werk. Ich weiß, dass Sahne im Waffelteig landete, aber im Gegensatz zum Vorgehen beim Spritzgebäck ist das genaue Rezept nicht mehr auffindbar. Liegt wahrscheinlich im Bernsteinzimmer neben einer Schachtel Zigarren. Sobald er ausreichend Teig für die Sättigung zweier Fußballmannschaften produziert hatte, nahm er eine kleine Schüssel und befüllte sie mit einer Portion, die er liebevoll mit Frischhaltefolie abdeckte und in den Kühlschrank stellte. Anschließend nahm er das Waffeleisen in Betrieb und türmte Unmengen an süßen Träumen auf einem Teller.


Auf Waffeln gehört Zimtzucker. Das Puderzeugs ist für Banausen!

Die ganze Küche duftete unvergleichlich. Jeder kennt die Waffeln, die es bei Schulfesten oder Sportturnieren gibt. Alles okay, bisschen Puderzucker und man kann die Dinger essen. Die herzförmigen Wunder von Oppa verursachten allerdings ganz andere Reaktionen im Gaumen. Bevor man sich diese Zaubereien einverleibte, wurden sie noch verfeinert. Oppa mischte Zimt und Zucker in einem verschließbaren Glas. Mit nem Löffel bestreute man die kleinen Kammern der Waffeln und schon konnte man nicht mehr aufhören zu futtern.


Wenn ich mir die gigantischen Türme von früher vorstelle, denke ich immer, wie kann man nur so übertreiben?! Allerdings blieb nie auch nur eine einzige Waffel übrig. Manchmal bestrich ich die fertigen Waffeln auch gerne mit etwas Teig aus dem Kühlschrank.

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