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  • AutorenbildWerler Kötte

Overberg-Schule- Eine Erinnerung

Auf dem Bildungssektor muss sich unsere Köttenstadt nicht verstecken. Grundschulen, allerlei Weiterführendes und Förderschulen für verschiedene Schwerpunkte decken den vielseitigen Bedarf grundsätzlich gut ab. Eine Legende in diesem Bereich ist zweifelsohne die Overbergschule, deren lehrreichen Pforten allerdings seit 2017 geschlossen sind. Mit dem heutigen Bericht möchten wir uns verneigen und erinnern.


Ausbildungsstätte für richtige Köttenkinder

Schnöde Historie


Da wir auch einen Bildungsauftrag verfolgen, kommen wir um die Beleuchtung der staubigen Geschichte nicht herum. Wer sich für derartigen Nonsens nicht interessieren sollte (vollkommen verständlich), sollte diesen Abschnitt ungelesen überspringen. Ich werde aber versuchen, es möglichst kurz zu halten.


Im Jahre 1894 wurde eine private Präparandie (Institution zu Ausbildung von Lehrkräften) in Werl gegründet, die zeitnah in eine städtische Einrichtung umgewandelt wurde. 1900 wurde das Hauptgebäude fertiggestellt, welches zum Lehrerseminar erweitert wurde. Die Ausbildung wurde in strenger, fast militärischer Weise durchgeführt (Kontrollen, Rauchverbot, klare Hierarchie etc.) und hatte einen großen Fokus auf den musischen Bereich, weshalb viele Lehrer auch als Organisten in den Gemeinden tätig waren.


1928 wurde der Name Overberg-Schule gewählt und zunächst wurde der Pausenhof lediglich von Jungen heimgesucht. Zwischenzeitlich waren auch Fröbelschule und Mariengymnasium in einigen Räumlichkeiten zu Gast.


Allgemein war ein sehr praxisorientierter Ansatz schon früh an der Gestaltung zu erkennen. Hauswirtschaft, Kochschule, Handwerksberufe und eine Gärtnerklasse fanden sich beispielsweise in den heiligen Hallen wieder. Vor dem ersten Weltkrieg war sogar eine Jugendherberge in dem Gebäude eingerichtet. Einen Nebensatz wert ist die Tatsache, dass seitens der Overberg monatliche Bäder für die Schüler angeboten wurden.

Im Zuge des zweiten Weltkrieges wurde die Overberg zum Lazarett umfunktioniert, einzig die Jungen durften verletzte Soldaten besuchen und mit eingemachten Speisen versorgen.

Nach dem Krieg wurde phasenweise koedukativ (Männlein und Weiblein gemeinsam) unterrichtet, was von vielen Eltern sehr kritisch gesehen wurde. 1968 wurden endlich alle Jahrgangsstufen gemischtgeschlechtlich behandelt. Veränderungen benötigen Zeit, da der Mensch bekannt für seine Sturheit und Widerstand gegen ungewohnte Vorgänge ist.



Hauptschule


Infolge einiger Schulreformen erhielt die Overberg im Jahr 1968 den Status der Hauptschule. In dieser Form dürfte sie auch den meisten Bewohnern unseres Städtchens am besten bekannt sein.


Was gibt es über Hauptschulen allgemein zu wissen? Die Tatsachen stellen sich einfacher dar, als man es befürchten müsste. Die Hauptschule ist ein Sammelbecken für asoziale Drecksblagen von arbeitslosen und stinkfaulen Eltern. Sie sind meist mit dem Buchstabieren ihrer an Lächerlichkeit nicht zu überbietenden Namen dermaßen überfordert, dass sie ihre eigenen Defizite mittels körperlicher Gewalt an intellektuell überlegenen Mitmenschen auslassen. Meist beginnen die Hauptschulkinder spätestens in der 6. Klasse mit dem Rauchen (falls sie es nicht schon während der Grundschulzeit von den kettequalmenden Eltern gelernt haben sollten), in den folgenden Jahren gehen die Serenada-Glumandas und Gandalf-Pikachus dann zu Cannabis, Heroin, Crystal und Oregano über.


Die Lehrkräfte wurden an den Klugscheißer-Universitäten auf viele Dinge vorbereitet. Sternchen verteilen, Tageslichtschreiber bedienen, Noten würfeln und Namensschilder basteln. Aber niemand hat sie auf die Overbergschule vorbereiten können, es sei denn ein paar Jahre an der Front stehen im Lebenslauf. An vielen Bildungsorten fungieren die Pädagogen neben ihrer lehrenden Tätigkeit auch als eine Art Sozialarbeiter*in. Sich die unwichtigen Probleme der Blagen anhören, Interesse heucheln und im Zweifel Jugendamt und Bullen auf die nervtötenden Familien hetzen.


Tageslichtschreiber, Digitalisierung in den grauen Zeiten

An der Overberg reichte dies aber nicht aus, denn die Schüler hatten ein ganz anderes Kaliber. Sie zündelten auf dem Dachboden des Hauptgebäudes herum, verkloppten sich gegenseitig und scheuten auch die Auseinandersetzung mit der Pseudoautorität der Lehrer nicht, handelten mit geklauten Waren, schweren Drogen und waren gefährlicher bewaffnet als das SEK.

Allgemein waren die Schüler*innen auf der Overberg ihren Pendants an den Gymnasien in vielerlei Hinsicht überlegen und einfach anders. Während man am MG heimlich seine Hausaufgaben abschrieb, hier und da ein verirrtes Komma setzte, um Variation hineinzubekommen, verzichtete man an der Hauptschule einfach gänzlich auf die Anfertigung der unnützen Kritzeleien.


„Jeróme-Pasqualle, hast du die Englisch-Hausaufgaben gemacht?“ „Halt die Schnauze, du dumme Fotze!“ Erschüttert blickt die Referendarin in die von einer Mono-Augenbraue verzierten, hasserfüllten Glubscher. „Soll ich deine Eltern informieren?“ Mit dieser angedrohten Frage hat sie an der Realschule alle Kinder weichkochen können. Jeróme-Pasqualle zückt sein Handy, das er von einem Realschüler gegen körperliche Unversehrtheit getauscht hat und hält es der irritierten Lehrkraft entgegen. „Mach doch! Die ist jetzt eh in der Spielo und Papa dürfte schon voll sein.“


Besondere Merkmale


An den übrigen Schulen sieht man die Schüler*innen obrigkeitshörig, sozial angemessen und in eine Form der öden Gleichhaftigkeit gegossen, die jedwede Individualität im Keim erstickt. An der Overberg tickten die Uhren noch anders.


Köttenkunst an der Overberg

Morgens in Werl. Die Köttenkinder sind mit beleuchteten Rädern und behelmten Birnen auf dem Weg in die Bildungseinrichtungen. Dabei achten sie auf die Rotphasen der schlampig eingestellten Ampeln, gewähren brav Vorfahrt und denken auch immer vorbildlich an den Schulterblick beim Einordnen vor dem Abbiegen. In der Nähe von Kostas, wo die Overbergblagen ihr fettiges Pausenbrot besorgten, sah es etwas anders aus.


Wer etwas auf sich hielt, der besaß schon frühzeitig ein motorisiertes Zweirad, um den leidigen Weg zur Schule zu absolvieren. Genau hier zeigten sich die Unterschiede in der persönlichen Entwicklung und der Diskrepanz zwischen Klischee und Realität. Denn Hauptschüler verfügen bekanntlich über eine äußerst geringe Anzahl von funktionstüchtigen Gehirnzellen, sind faul und ungehobelt. So denken zumindest die vokabelbüffelnden Streber vom Gymnasium, die sich schon einnässen, wenn sie einen waschechten Overbergabsolventen in der Ferne erblicken. Im Gegensatz zum Vorgehen am MG und UG, wo man tote Sprachen im künstlichen Koma hält und sich rhetorische Figuren aneignet, wehte der Wind an den Hauptschulen eher in Richtung praxisorientierter Lebenswirklichkeit.


Allerdings handelte es sich bei den Mopeds nicht um gedrosselte Blender, sondern die Teile wurden filigran aufgemöbelt. An der Ampel ließen die New York-Gluraks jeden Porsche in den Auspuff glotzen und hätten problemlos die linke Spur auf der Autobahn in Beschlag nehmen können. Jetzt würde man denken, dass die tölpelhaften Hauptschüler*innen sicherlich von der uniformierten Exekutive zur Raison gebracht wurden, aber das ist natürlich völlig falsch. Die aufmotzenden Schrauber waren einfach cleverer als ihr Ruf. Sie bauten Knöpfe und Mechanismen ein, welche die wahre Leistung der unscheinbaren Rennmaschinen in Windeseile hinter einem Vorhang versteckte, den zu lüften die Beamten nicht imstande waren.


Wer an Hauptschulen denkt, hat unmittelbar bestimmte Bilder vor Augen. Drogenhandelnde Jünglinge mit tätowierten Totenköpfen auf der Stirn. Mit Butterfly-Messern bewaffnete Schüler*innen, die Bandenkämpfe um den besten Verkaufsplatz für die gestreckten Waren austragen. Besprühte Fassaden, zerstörtes Inventar, fehlender Respekt vor Autoritäten und die immer greifbare Aura des Verruchten.


Jenseits des Klischees


Overberg ist aber mehr als semikriminelle Energie heranwachsender Köttenkinder, deren Zukunft wenig aussichtslos erscheint. Klar, es gab den „Trainingsraum“, in dem sich ungehobelte Subjekte wiederfanden, wenn sie mal wieder den Unterricht mit selbst erdichteten Raps über die Größe ihrer Vorhaut zum Besten gaben. Ja, und auf dem Dachboden wurde auch mal gezündelt, Schlägereien kamen gelegentlich mal vor und das eine oder andere Graffiti war auch zu erspähen.


Die Overbergschule war aber auch für andere Eigenschaften bekannt. So wurde für die Schüler*innen ein Streitschlichterkurs angeboten, der dazu führte, dass Konflikte auch mal ohne Bewaffnung bewältigt werden konnten. Ebenfalls arbeitete die Schule eng mit der Kinder- und Jugendhilfe (bspw. Westuffeln) zusammen, um besser auf die Bedürfnisse fremduntergebrachter Kinder eingehen zu können. Allgemein ein Thema, welches im Konzept und der Praxis einer jeden Bildungsanstalt Beachtung finden sollte.



Die Schüler*innen sollten auf das Leben nach dem Abschluss vorbereitet werden, was durch die Verzahnung mit lokalen Firmen sogar ansatzweise erreicht werden konnte. Daher muss die Werler Kötte konstatieren, dass die Schließung 2017 eine Lücke hinterlassen hat, die auch durch Sekundarschule nicht kompensiert werden konnte. Ich denke immer gerne an die alte Overberg und deren Haudegen zurück.

R.I.P.

628 Ansichten4 Kommentare

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4 comentarios


Hubertus Uvermann
Hubertus Uvermann
30 nov 2022

da erinnert ma sich gerne zurück 👌🏼😂


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Hubertus Uvermann
Hubertus Uvermann
30 nov 2022
Contestando a

Ich hab noch mehr 😂😂

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