Auch wenn es sich wie ein bislang unentdecktes Pokémon anhört, handelt es sich bei Turflon um eine beinahe schon legendäre Institution. Es ist quasi das IKEA für Kötten mit zu viel Geld. Doch heute soll es nicht um hochpreisiges Sperrholz gehen, denn im Büdericher Möbelhaus gibt es obligatorisch auch was auf die Gabel. Seit ein Hersteller von gezuckerten Haferflocken es verlautbart hat, wissen wir, dass das Frühstück die wichtigste Mahlzeit des Tages ist. Wer kostengünstig futtern und dabei auch noch was für die Fitness tun möchte, ist bei Turflon an der richtigen Adresse. Wir haben unseren Jochen Schweitzer Gutschein eingelöst und berichten über unser Abenteuer.
Der frühe Vogel belegt das Brötchen
Wer sich das Schlachtfeld auf dem Parkplatz des lokalen Möbelgiganten zu Gemüte führt, wird an Szenen aus der glorreichen ALDI-Zeit erinnert, wo Billigrechner zu Massenanstürmen geführt haben. Bereits lange vor Öffnung der Pforten kampieren die hungrigen Gestalten im Bereich der Drehtüre und bringen sich in Position. Die Autos stehen möglichst nah am Eingang, was aus zweierlei Beweggründen geschieht. So ist der Weg bis zum Startschuss möglichst kurz, was Kräfte schont. Da man nicht weiß, in welchem Zustand sich der Körper nach dem Gefecht befindet, ist ein kurzer Gang zum bereiften Wagen ebenfalls zu empfehlen.
Die Teilnehmer bereiten sich auf den Startschuss vor, wobei sehr individuelle Taktiken zu beobachten sind. Nach und nach füllt sich die Arena. Einige Gladiatoren tragen ihre Bewaffnung offen zur Schau, wollen die Kontrahenten mit der schieren Präsenz ihrer Ausrüstung einschüchtern. Kenner des Martialischen nehmen sich bei dem zu bestaunenden Arsenal in Acht. Kampfwagen des Typs Rolator, an denen geschliffene Klingen montiert wurden, bieten auch im späteren Verlauf entscheidende Wettbewerbsvorteile. Andere Streitkräfte sind mit Knüppeln ausgestattet, die als Gehstöcke getarnt, eine höhere Bewegungsfreiheit im teils undurchsichtigen Geschehen ermöglichen.
Es geht los!
Die Anspannung steigt spürbar. Die hungrigen Athleten scharren mit den Hufen. Im Inneren kommt ebenfalls Unruhe auf, denn die Kampfrichterin nähert sich der Drehtür der Verdammnis. Plötzlich rotiert das gläserne Ungetüm. Wer nicht aufpasst, gerät schon hier unter die Räder. Geschickt winden sich ungelenk wirkende Gestalten aneinander vorbei. Wer genau hinsieht, kann erkennen, wer schon länger professionelles Drängeln betreibt. Die Anfangsphase kann für den Ausgang des Wettstreits von entscheidender Bedeutung sein. Bereits hier trennt sich die Spreu vom Weizen, wie man in der Jugendsprache zu sagen pflegt.
Möbelhäuser sind ähnlich aufgebaut wie das Labyrinth, welches Dädalus für den Minotaurus konzipiert hat. Ziel ist es, die prall gefüllten Geldbeutel möglichst lange im Bann der Sonderangebote zu belassen. Der Weg zum Frühstücksbuffet führt über mehrere Treppen, die sich unübersichtlich in den zugestellten Gängen befinden. Ein Aufzug steht den Teilnehmern ebenfalls zur Verfügung, fasst aber nur Platz für 2 Gladiatoren. Endlich nähert sich die Truppe dem eigentlichen Schlachtfeld. Das Buffet ist hergerichtet und die Regeln bzw. Vorgaben sind allgemein bekannt und werden in urdeutscher Weise gekonnt ignoriert.
Das Ende einer Schlange ist Frage der Perspektive
Das undurchsichtige Treiben auf dem Schlachtfeld nimmt nun unaufhaltbar Fahrt auf. Die unterschiedlichen Kampfstrategien kommen zum Tragen. Tabletts werden eilig vom Stapel genommen, dienen anschließend als Kombination aus Defensiv- und Offensivwaffe. Mit dem Schild des Spießbürgers stellt sich die Frage nach dem weiteren Vorgehen. Zunächst Backwaren auf Teller werfen oder erst das Aufschnittrondell aufsuchen? Alternativ begeben sich rüstige Recken in den Bereich der Verköstigung, wo sie sie die Taktiken aus dem letzten Urlaub flexibel an die veränderten Umstände anpassen. Gekonnt schleudern sie ihre gesteppten Jacken über die stilvollen Stühle, damit der Sitzplatz mit Blick auf die Frontlinie zwischen Kuchentheke und Rühreistation gewährleistet ist.
Das Getümmel wird unübersichtlich. Großväterlich wirkende Herrschaften zeigen ihre düstere Seite. Mit einem gezielten Rempler bahnen sie sich den Weg zu den Frikadellen. Profis heucheln dabei ein reumütiges „Entschuldigung“. Einige Damen, die mit ihrer Garderobe eher in eine Oper passen würden, betrachten derweil den Auflauf am Rondell. Das Outfit ist übrigens Teil der ausgetüftelten Taktik. Derartig adrett aussehenden Frauen würde man schließlich keine niederträchtigen Handlungen zutrauen. Die Schlange am Aufschnittkreisel reicht bis zur Treppe. Das kann natürlich nicht angehen. „Ach Gertrud, hier ist doch noch frei.“ Nach Verkünden des geheimen Schlachtrufes quetscht sich eine kleine Gruppe mitten in die Schlange. Welch wagemutiges Manöver!
Immer wieder sind Hinweise zu vernehmen. „Das hier ist nicht das Ende der Schlange.“ Zwar werden diese Aussagen in einem dezenten Tonfall getätigt, doch ihnen schwingt eine unterschwellige Aggression mit, die beim genauen Hinhören den Subtext verständlich macht. „Wenn ich könnte, würde ich dir die dritten Zähne rauskloppen.“ Veteranen entgegnen schulterzuckend „Ich brauche nur ein bisschen Butter“. Dabei schaufeln sie pfundweise Streichfett auf ihre Teller, deren Bestückung gekonntes Balancieren erfordert.
Der erste Schwung von Tabletts wird der Kasse zugeführt und landet auf den reservierten Plätzen, wo krümelnd Brötchen aufgeschnitten werden. Trotz der scheinbaren Entlastung bleibt es wuselig. Kaffeetassen werden mit dampfenden Flüssigkeiten befüllt. Die Mitarbeiter schleppen Tabletts mit Aufschnitt, um die leergefegten Lücken wieder nutzbar zu machen. Dass es dabei nicht zu schweren Verletzungen kommt, grenzt an ein Wunder heran. Geschickt manövrieren sie sich durch die wuselnden Haudegen und gewährleisten ein Fortschreiten des mampfenden Wettkampfs.
Abpfiff
Allmählich verliert das Hauen und Stechen an Vehemenz. Die Mägen haben zu tun. Unmengen an Fleisch in allerlei Farben und Formen befindet sich nun im emsigen Verdauungstrakt, vermischt sich dort mit Rührei, Torte und Kaffee. Wer sich so ein Frühstück einverleibt, hat erst einmal ein paar Tage Ruhe, was Nahrungsaufnahme angeht. Auf dem Raucherbalkon gönnen sich erschöpfte Teilnehmer das eine oder andere Zigarettchen, tauschen sich dabei über Krankenakten, den neuesten Nonsens vom Soester Anzeiger und das kommende Kreisligaspektakel am Bruchbach aus.
Nachdem das Tablett abgeliefert wurde, geht es wieder Richtung Auto. Beim schleppenden Gang durch das Möbelhaus nimmt man noch eine Fuhre Teelichter (Nicht Teelichte! Ich weigere mich, das so zu schreiben, außer um darauf hinzuweisen, dass ich es schlichtweg falsch finde) mit und bestaunt einen Schreibtisch für 2700 Euro. Wobei mit Ratenzahlung ist der ja quasi geschenkt.
Das Frühstück selbst ist definitiv in Ordnung. Das Erlebnis an sich mit Geld nicht aufzuwiegen. Woanders zahlt man viel Geld, um Paintball zu spielen. Hier ist der moderne Nahkampf im Preis inbegriffen. Außerdem sollte ernsthaft in Erwägung gezogen werden, die Kampftruppen der Bundeswehr im Rahmen der Buffetveranstaltungen auszubilden. Das spart Geld und gewährleistet ein Mindestmaß an Qualität. Guten Hunger und lasst die Rücksicht da, wo sie hingehört. Beim Blick in den Spiegel 😉
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