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Pokémon- Rot/Blau/Gelb

Ich will der Allerbeste sein, wie keiner vor mir war *DÖDÖ* ganz allein fang ich sie mir, ich kenne die Gefahr… Ja, es wird Zeit, dass ich auf das Thema Pokémon zu sprechen komme, welches mich seit Ende der 90er Jahre auf verschiedenen Wegen begleitet. Die kleinen Taschenviecher kann man natürlich nicht in einem schnöden Bericht allumfassend würdigen, da es einfach zu viele unterschiedliche Bereiche gibt, weshalb die ersten Abenteuer auf dem Gameboy die richtige Wahl für einen Anfang zu sein scheinen. Also frische Batterien eingesetzt, das Modul durchgepustet und bis zum wohligen Klicken in den Schacht gesteckt.





Vom Freak zu Gamefreak


Die chronologische Aufarbeitung der Pokémon Historie ist zwar durchaus interessant, aber doch etwas zu dröge, um sie hier detailliert zu erörtern. Zeitliche Überschneidungen, Anachronismen in Erscheinungsdaten unterschiedlicher Plattformen (Gameboy, Anime) auf verschiedenen Kontinenten usw. bieten massig Platz für stumpfes Sammeln von Informationen. Damit wollen wir uns nicht zu lange aufhalten, sondern eher die wichtigen Eckpunkte erwähnen.


Die Idee, aus der die weltweit erfolgreiche Gelddruckmaschine entstand, hatte ein japanischer Kerl, der in seiner Kindheit gerne Insekten sammelte (Satoshi Tajiri). Die Vorstellung hinter Pokémon ist relativ simpel. Man rennt durch die Natur, in welcher Tiere leben, die man fangen, trainieren, domestizieren und gegeneinander kämpfen lassen kann. Dem menschlichen Urtrieb nach Macht, Unterwerfung und Revierkämpfen wird somit genügend Rechnung getragen. Unser Insektenfreund gründete neben einer Zeitschrift schließlich auch die gleichnamige Firma „Gamefreak“, die das Gameboyspiel entwickelt hat, welches bis heute gut gealtert ist. Alle Nachfolger bauen auf identischen Abläufen auf.



Recycling- Das Spielprinzip


Das Spielprinzip der Pokémon-Reihe ist schnell zusammengefasst und gestaltet sich entwicklungstechnisch ähnlich, wie die jährlichen Vollpreis-DLC’s für Fußball Fans. Die Grundidee aus dem Jahr 1996 stellt auch für die aktuellen Titel die Blaupause dar, der immer wieder kleinere und größere Features hinzugefügt werden.


Zu Beginn gibt man seinem Avatar (einem Jaust mit der geballten Lebenserfahrung von knapp 10 Jahren) einen Namen und wird von der alleinerziehenden Mutter aus dem Haus geschmissen, um ein großes Abenteuer zu erleben. Beim senil wirkenden Professor lernt man seinen ewigen Widersacher kennen, dem man auch einen Namen geben kann (Wichser, Trottel, AAamBein etc.). Dort darf man sich dann aus 3 Viechern sein Starter-Pokémon wählen. In klassischer Rollenspielmanier erkundet man anschließend die Region Kanto und trifft im hohen Gras auf wilde Pokémon. In den rundenbasierten Kämpfen attackieren sich die Bestien mit Sandwirbeln, Kopfnüssen, Flammenstürmen und Aquaknarren. Wenn man angegriffen wird, kann man entweder flüchten, den Aggressor ermorden (besiegen, kampfunfähig machen hört sich allerdings besser an) oder mittels eines Pokéballs einfangen und versklaven. Die einzelnen Taschenmonster sind in sogenannte „Typen“ unterteilt (Wasser, Feuer, Pflanze, Flug usw.) und haben im „Schere-Stein-Papier“ Prinzip Vor- bzw. Nachteile gegenüber anderen Vertretern. So ist eine Aquaknarre besonders effektiv, wenn sie gegen einen Köter mit Flammenmähne abgeschossen wird. Die Töle mit dem feurigen Fell ist hingegen eine gute Wahl bei Kontrahenten, die mit Unkräutern behangen sind. Einfach zu lernen, aber mit vielen Details, was Kampfstrategien und Zusammenstellung des eigenen Teams angeht.


Ein Held wird geboren.

Durch Kämpfe gegen wilde Rattenpokémon und in der Gegend herumstehende Trainer erhalten die eigenen Rekruten Erfahrungspunkte, steigen im Level auf, lernen neue Attacken und entwickeln sich weiter. Das Thema Evolution ist ein sehr heikles, weshalb Pokémon in einigen Ländern geschnitten oder gar verboten ist (Saudi-Arabien). Klar, das ist absurd, aber ein Blick auf die Geschehnisse der letzten Jahre sollten als dezenter Hinweis genügen, dass wissenschaftliche Erkenntnisse nicht unbedingt immer auf fruchtbaren Boden fallen. Zurück zum Thema.


Wenn eines der Haustiere ein bestimmtes Level erreicht hat, startet eine spannungsgeladene Zwischensequenz, in der sich das Erscheinungsbild verändert. Einer Drachenechse wachsen Flügel, aus einem Kokon schlüpft ein Schmetterling oder das Haustier wird einfach größer.


Menki: Ein richtiges Köttenpokémon, das ständig Stress sucht.


Grundsympathisch verfolgt es legitime Ziele.

Menki entwickelt sich zu Rasaff, einer ausgewachsenen Kötte.

Ebenfalls ein angenehmer Zeitgenosse.

Ich will der Allerbeste sein VS. Schnapp sie alle!


Das Ziel des Spiels ist ein wenig abhängig von der eigenen Herangehensweise. Grundsätzlich reist man zu Fuß (später mit dem Drahtesel) durch die Region, verkloppt die unterentwickelten Tierchen anderer Trainer, wofür man Geld von den armen Käfersammlern und Schuljungen erhält, und betritt dann unterschiedliche Arenen, in denen wahre Meister warten. Diese Meister sind so gut, dass sie sich meist einfach auf einen Typen festlegen und daher von allen dahergelaufenen Idioten besiegt werden. Nachdem die Arenaleiter vom Kleinkind ordentlich Prügel abbekommen haben, müssen sie sogenannte Orden abdrücken. Diese haben verschiedene Effekte auf das Spielgeschehen. Pokémon mit höheren Leveln gehorchen dem herrschenden Trainer und können bestimmte Sonderangriffe durchführen.

So können beflügelte Viecher fliegen, was zeitgleich eine Schnellreisefunktion darstellt, andere können Felsen durch die Gegend schubsen und Wasserratten dienen als lebendige Surfbretter. Auf der Reise durch Kanto erlebt der Jaust eine Menge abenteuerliche Situationen. Man marschiert durch düstere Höllen, in denen blutsaugende Nervensägen ihr finsteres Dasein fristen. Man kämpft auf Friedhöfen gegen Exorzistinnen, zeigt auflauernden Rockern die Grenzen auf, geht auf Safari, wo man wilde Pokémon mit Steinen bewerfen kann, erkundet Ruinen und betritt sogar ein Kreuzfahrtschiff. Als Anhänger von Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung fährt man allerdings nicht mit der schwimmenden Verpestungsanlage, sondern vermöbelt einfach die Pokémon aller Passagiere und zischt dann wieder ab.


Wenn man endlich alle Arenaleiter in Grund und Boden gestampft hat, geht es in die Pokémon-Liga, der Champions League für Trainer. Dort tritt man gegen die Top 4 an, einem arroganten Haufen mit gedopten Viechern, die letztlich aber keine Chance gegen einen Drittklässler haben. Danach wartet noch der ewige Widersacher „Arschpups“ auf den Spieler und bezieht ebenfalls eine Tracht Prügel. Ende…


Den Sklaven darf man sogar Namen geben.



Jäger und Sammler


Bereits der Untertitel der bekannten Animeserie (Schnapp sie alle!) appelliert an den Sammeltrieb, der einem jeden Menschen innewohnt, wie die Fähigkeit, sich im Vollsuff jeglichen Schamgefühls zu entledigen. Schaut euch einfach mal in eurer Bude um und sagt mir allen Ernstes, dass nicht ein kleiner Messi in euch lauert. Als die ersten Module für den Gameboy in die Regale gestellt wurden, gab es 151 Pokémon, die es zu unterwerfen galt. Eine halbwegs überschaubare Zahl, die man jedoch nicht ohne zusätzliche Faktoren erreichen konnte. Die gewieften Macher hinter dem Taschengeldfriedhof „Pokémon“ haben sich nämlich clevere Gedanken gemacht. So erschienen eine rote und eine blaue Version des Spiels, die inhaltlich vollkommen identisch waren, sich aber in einem entscheidenden Punkt unterschieden haben. Es gab jeweils eine begrenzte Anzahl von fangbaren Tierchen. Auswendig weiß ich noch, dass man in der Welt der roten Edition keine Habitaks vorfand, dafür in der blauen vergeblich nach Taubsis Ausschau hielt.


Das Fangen von legendären Pokémon ist nur einmalig möglich. Dennoch ziehe ich es vor, diese einzigartigen Viecher über den Jordan zu schicken. #Köttenstyle

Um doch in den Genuss der Vollständigkeit zu kommen, gab es 2 Ansätze. Entweder man nervte seine Eltern solange, bis sie beide Versionen, 2 Gameboys und ein sogenanntes „Link-Kabel“ kauften, indem sie eine Hypothek aufnahmen oder Organe verscherbelten. Alternativ konnte man Mitschüler auch bedrohen, bis man genug Scheine gehortet hatte. Oder aber ein Freund verfügte über das jeweilige Pendant. Somit konnte man die schmerzlichen Lücken in der Sammlung durch das Tauschen füllen.



Grün, Rot, Blau, Gelb? Farbenlehre


Bevor europäische Blagen ihre ersten Erfahrungen mit Videospielsucht machen durften, erschien in Japan die sogenannte „Grüne Edition“. In Deutschland gab es zunächst Rot/Blau, die jedoch auf einer Optimierung des grünen Ursprungs basierten. Da die Spiele vor der Animeserie veröffentlicht wurden, waren die Pokémon-Artworks teils noch nicht so ausgereift bzw. unterschieden sich von den finalen Designs. Übrigens war Ken Sugimori für das Aussehen verantwortlich und sein Stil ist noch bis heute bei vielen Exemplaren des Sammelkartenspiels zu bewundern.


Zwischen 1998 und 2000 erschien die „Gelbe Edition“, die generell eine Neuauflage der ersten beiden Teile war. Allerdings mit einem entscheidenden Unterschied. Da inzwischen die Anime-Serie auf den Röhrenbildschirmen der Welt rauf und runterlief, wurde die Handlung angepasst. So hat man zu Beginn nicht die Auswahl zwischen Glumanda, Bisasam und Shiggy, sondern erhält ein wildes Pikachu, das sich im Stile eines rebellischen Revoluzzers nicht in einen Pokéball einsperren lässt, sondern hinter dem Protagonisten herstiefelt. Je nachdem, ob man sein Pikachu anständig behandelt, hellt sich dessen Laune auf. Wenn man es immer an die letzte Stelle des Teams platziert, nicht kämpfen lässt oder gar im PC zwischenlagert, schaut der süße Fratz grimmig aus der Wäsche. Auch wurden die Artworks angepasst und wiesen eine deutliche höhere Ähnlichkeit zu den Viechern auf, die man auf der Mattscheibe sehen konnte.


Im Verlauf der Handlung begegnet man den Figuren aus der Serie. So kämpft man z.B. gegen bekannte Arenaleiter, trifft immer wieder auf Team Rocket, das trottelige Terrortrio.

Marketingtechnisch war dies fraglos ein Geniestreich.



Kinderspiel? Nostalgiebonus? NEIN, einfach geil!


Pokémon an sich ist ein weltweites Phänomen und hält sich seit Jahrzehnten am Olymp, wo das große Geld umgesetzt wird. Die Gründe dafür sind so mannigfaltig, wie die Welt der kleinen Taschenmonster.


Zum Gameboyspiel selbst gibt es sicher einige Faktoren, die Erwähnung finden müssen:


  • Zugängliches Abenteuer: Die Welt der Pokémon ist groß, aufregend und doch nicht voller unüberwindbarer Hürden. Die Lernkurve ist sanft und bietet genügend Möglichkeiten der Individualisierung. Wie stelle ich mein Team zusammen? Wie trainiere ich die kleinen Kampfmaschinen? Wie bereite ich mich auf das Betreten von Höhlen, Arenen oder dem Meer vor? Wie gehe ich im Kampf vor? Offensive Attacken? Defensive Vorgehensweise?


  • Lebendigkeit: In der zu bereisenden Region tummeln sich etliche Gestalten. Man kann jeden NPC ansprechen. Natürlich haben die Pixeltypen nicht immer interessante Themen auf Lager, aber ihre Anwesenheit bringt Abwechslung und Authentizität mit sich.


Andere philosophisch geprägte Dialoge: "Es lohnt sich nicht, Kinder auszurauben." Oder "Vor dem Schwimmen sollte man sich warmmachen."

  • Sammelwahn: Ja, ich habe es bereits angedeutet. Wir sammeln gerne. Zeitungen, Briefmarken, Pfand, Schlümpfe aus Ü-Eiern und weiteren Unrat stellen wir uns stolz in die Vitrinen und ergötzen uns am glänzenden Anblick.


  • Sozialer Faktor: Was hat denn der soziale Faktor bei Videospielen zu suchen, die schließlich für unzählige Amokläufe, Suchtentstehung und den Niedergang der Gesellschaft verantwortlich sind? Man konnte mit anderen Köttenkindern Pokémon tauschen. „Hier, ich gebe dir mein Tauboga für dein Lavados.“ Einige Viecher entwickelten sich auch erst, nachdem sie getauscht wurden. Wirklich interessant war jedoch die Möglichkeit, sich mit anderen Süchtigen zu messen. Mittels Link-Kabel wurden die Gameboys miteinander verbunden und man trat mit seinen Teams im Duell an.


  • Parallelwelt: Die Welt der nervigen Taschenmonster ist an unsere Realität angepasst. Man kann sich (mit etwas Phantasie) durchaus in diese Fiktion hineindenken. Auf dem Rücken gewaltiger Vögel hocken und auf das Gedränge im Bus verzichten, ist jedenfalls eine interessante Vorstellung. Sie ist definitiv nicht abwegiger als andere Fiktionen, in denen Hobbits, Orks oder andere Wesen herumstreunern.


  • Omnipräsenz: Pokémon ist eben nicht nur ein Spiel. Mangas, eine Animeserie, ein Kartenspiel, Sammelalben, Kinofilme und Merchandising für Jung und Alt. Seit einiger Zeit rennen ja auch Handybesitzer jagend durch die verwaisten Innenstädte.



Worauf wartet ihr?!


Ich habe jetzt nicht auf bekannte Glitches hingewiesen und auch nicht die eingängige Musik näher erläutert, die sich ins neuronale Gewirr einbrennt, denn ein umfassender Erfahrungsbericht würde den Rahmen schlicht und ergreifend sprengen. Und zwar massiv.

Trotz des hohen Alters kann man sich stundenlang in der pixeligen Welt der Pokémon verlieren. Auf Flohmärkten oder in diesem Internet gibt es Gameboys in allen Größen und Farben, wie auch die heiß begehrten Module. Wer vor der antiken Technik zurückschreckt, kann sich alle Titel der Gameboy-Ära auch im Nintendo-Shop auf den DS herunterladen. Das Spielprinzip ist gut gealtert, denn bis heute hat sich an den Grundlagen nicht viel getan.


Man braucht nicht zwangsläufig einen alten Gameboy.. Das ist der Redaktions-DS

Ich werde wohl auch noch während der Wartezeit beim Arzt auf dem Rolator hocken und der dudelnden Musik lauschen, wenn mal wieder ein herumlungernder Trainer eine Abreibung braucht.

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