Schilder
- Praktikant
- 5. Apr.
- 3 Min. Lesezeit
Wir Deutschen sind auf dem gesamten Globus und darüber hinaus bekannt für unseren ausgeprägten Ordnungssinn. Wir haben Flurwoche, die strenger eingehalten wird als die Mittagsruhe. Wir haben uns ein Ungetüm von Bürokratie aufgebaut, das weltweit unerreicht ist. Es wird getackert, kopiert, abgeheftet, archiviert, gefaxt, markiert und in Aktenschränke gestopft, bis der Locher entleert werden muss. Man munkelt, dass der gesamte Konfettibedarf der Welt von einem kleinen Bürgerbüro in Dingenskirchen gestemmt wird. Der Drang nach Ordnung verschafft Vorhersehbarkeit, Verbindlichkeit und Sicherheit, nach der wir Teutonen uns sehnlichst sehnen.
Ordnung herstellen und erhalten sind die Maxime, die unser Denken prägen. Das gilt für den privaten Raum genauso, wie für die Öffentlichkeit. Um Regeln, die für das reibungsarme gesellschaftliche Miteinander notwendig sind, mit Präsenz auszustatten, hat der liebe Gott das Schild erfunden. Wir haben dessen Einsatz in der Folge annähernd perfektioniert.
Ordnung durch Schilder
Bevor wir uns näher mit der vielschichtigen Nutzung von Schildern befassen, sollten wir erst einmal klären, was ein Schild ist. Alsooo. Meist benutzt man ein Schild in Kombination mit einem Schwert. Mit dem Schild wehrt man Angriffe des hinterhältigen Halunken ab. Ne, das war was anderes. Ein Schild ist letztlich ein visueller Informationsträger, auf dem Piktogramme (Bildchen) und oder Worte auf irgendwas hinweisen. Schilder können in Papierform vorliegen, blechern daherkommen oder auf einem Bildschirm augenkrebsverursachend vor sich hin flackern. Diese Einführung war sicher überflüssig, denn wer diese Worte lesen kann, ist des Deutschen halbwegs mächtig, und demzufolge damit vertraut, was ein Schild ist.
Verbieten verboten
Schilder prägen unsere optische Wahrnehmung im öffentlichen Raum. In deutschen Städten sieht man quasi überall Schilder, die uns dabei helfen sollen, die gesellschaftliche Ordnung aufrechtzuerhalten. Dabei gibt es viele unterschiedliche Kategorien, in denen die lautlosen Hüter hilfreiche Hinweise geben.

Absolutes Halteverbot, keine Köter, Ballspielen untersagt, Wildpinkeln unterlassen, Betreten verboten. Was haben diese beispielhaften Texte von Schildern gemeinsam? Genau, es handelt sich um Verbote bzw. die in Befehlsform vorgetragene Bitte, irgendetwas nicht zu tun. Wer sich nicht an die Gebote halten sollte, muss mit drakonischen Strafen rechnen. So könnte es durchaus vorkommen, dass die ältere Dame mit opulentem Hut kopfschüttelnd in die Richtung des Missetäters blickt. Andere tuscheln vielleicht über die schlechte Kinderstube des Schildmissachtenden. Das kann ja keiner wollen, weshalb man sich in der Regel an die Regeln hält.

Der Straßenverkehr ist dermaßen überfüllt mit Schildern, dass erfahrene Autofahrer sie einfach ignorieren, um sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Deshalb haben wir auch kein Tempolimit auf der Autobahn. Nur Baustellen, Berufsverkehr und Bekloppte.
Danke für den Hinweis
Das Leben besteht jedoch nicht nur aus Verboten und Androhungen. Denn es gibt auch nette Hinweisschilder, die auf Umstände aufmerksam machen, die dem unaufmerksamen Fußgänger vielleicht nicht gewahr waren. So wird an Containern angezeigt, wann man die geleerten Schnapspullen einwerfen kann. Hundehalter (merkwürdiger Begriff irgendwie) bringen gerne Schilder am nach DIN gebautem Gartenzaun an, auf dem dann "Vorsicht bissiger Wauwau" steht. Das Schaufenster des Cafés merkt an, dass man zur Begleichung seiner Rechnung Bargeld vorrätig haben sollte. Auch so ne deutsche Sache…

Hier nicht kacken
Schilder pflastern nicht nur den hochoffiziellen Raum, sondern werden von uns generell gerne genutzt. Wer ein Schild anbringt, muss zumindest nicht selbst mit den dahergelaufenen Deppen kommunizieren.
Im Baumarkt (eine Art Freizeitpark für Männer mit Bandscheibenproblemen) gibt es zahlreiche Schilder für zahllose Zwecke. Vorsicht bissige Meerschweinchen! Das hier ist keine Toilette! Wenn dein Hund hierhin kackt, zersteche ich deine Reifen!

Ein Schild strahlt eine gewisse Autorität aus, wirkt verbindlich und flößt Respekt ein. Daher werden Schilder gerne als schnelle Problemlöser eingesetzt. Müll wird illegal entsorgt? Einfach ein Schild aufstellen, um darauf hinzuweisen, dass es nett wäre, das Entsorgen zu unterlassen. Enten mit trockenem Brot bewerfen ist nicht gut? Okay, stellen wir mal ein Schild auf. Mehr kann man halt nicht machen. Sie sind die freiwillige Selbstverpflichtung zum Angucken und Ignorieren.

Weltkulturerbe
Schilder sind für uns Kultur, Zeichen unserer Identität und wir lieben sie. Eigentlich gehören sie in Museen, doch brauchen wir sie in der Fußgängerzone mehr, damit dort nicht Unholde mit dem Rad durchheizen. Weil uns Schilder wichtig sind, nehmen wir auf dem Heimweg nach einer durchzechten Nacht gerne mal eines mit und dekorieren uns den Partykeller. Wenn ihr also Schilder seht, befolgt ihre Anweisungen oder macht ein Foto von euch, wie ihr selbige missachtet. Anzeige ist raus.
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