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Theme Park- Eine Runde rückwärts!


Da die Spieleauswahl für die PS5 weiterhin beschämend kläglich daherkommt, schmeißen wir heute mal wieder die Playstation 1 an. Passend zur Soester Allerheiligenkirmes, die mit Bullenaugen bewaffnet vor der Pforte steht, wollen wir heute einen Blick auf Theme Park werfen.

Simulationen- Die Sparte für Träume


Mittlerweile gibt es für alle möglichen Berufsfelder eigene Simulationsspiele, die allerdings teils von höchst zweifelhafter Qualität sind. LKW-Fahrer fehlen in der Wirklichkeit, im Virtuellen werden etliche Güter auf pixeligen Autobahnen durch die Gegend manövriert. Äcker bestellen, Operationen durchführen, Rettungseinsätze organisieren und sogar die Nachahmungen vom Leben einer Ziege oder eines Toastbrotes finden sich in den digitalen Regalen der Verkaufsplattformen. Als Köttenkind konnte ich mit Mr. Mosquito eine japanische Familie in Gestalt einer Mücke terrorisieren. Die Grenzen des Vorstellbaren werden durch Spieleentwickler regelmäßig gesprengt.


Viele der Umsetzungen sind vor allem für das Zocken auf dem PC ausgelegt, was für mich von Nachteil ist, da ich den Rechner lediglich als papierlose Schreibmaschine betrachte und aufgrund meiner Sozialisation ein unverbesserlicher Konsolennutzer bin.

Ohne mit der kontaminierten Gülle in Kontakt zu kommen, können Gamer den Traum eines erfolgreichen Bauernhofes ausleben, dicke Maschinen bedienen, die ein Vermögen kosten und dabei keine Existenzängste wegen schwankender Weltmarktpreise befürchten. Das gilt für die anderen Vertreter ebenso. Die positiven Aspekte können genossen werden, ohne die teils abscheulichen Nachteile in Kauf nehmen zu müssen.


Achterbahn auf dem Röhrenbildschirm


Erstmals Kontakt hatte ich mit Theme Park auf dem Super Nintendo. Aktuell rotiert der Klassiker in der PS2, die bekanntlich auch Playstation 1 Titel zum Laufen bringt. Das zeitlose Meisterwerk vollführt dabei einen außerordentlichen Spagat zwischen Spieltiefe und Spaßfaktor, wozu wir später noch etwas ausführlicher kommen werden.

Der Spielablauf ist relativ simpel. Anfangs sucht man sich ein Grundstück aus, auf dem man seinen Traumpark gestalten möchte. Zu Beginn muss man mit einem einkommensschwachen Land vorliebnehmen. Dann geht es ran an die Schüppe!


Sehr gut, aber ohne Bedienungsanleitung...

Planung ist das halbe Leben


So ein Freizeitpark ist ein hochkomplexer Organismus und dementsprechend müssen zahlreiche Faktoren beachtet werden. Die Menüführung gestaltet sich für Konsolenverhältnisse sehr übersichtlich. Aus den unterschiedlichen Untermenüs kann man die Elemente wählen, die dann per Drag and Drop-Prinzip auf der Fläche platziert werden.

Dabei gibt es eine Bandbreite, die im Verlauf der Spielzeit immer weiter in die Tiefe führt, doch bis dahin dürfte man sich in der Welt der Parkunterhaltung zurechtfinden.


Was braucht ein Freizeitpark? Ziemlich viel… Die Gehwege müssen in möglichst sinnvoller Weise angelegt werden. An diese Pfade reihen sich die jeweiligen Publikumsmagneten. Geisterbahnen, Trampoline, Karussells und Kletterbäume werden nach der Platzierung mit Wartereihen versehen, um die Gehwege nicht zu verstopfen. Damit man beim Herumwirbeln in der Luft auch etwas zum Ausspeien hat, muss für das leibliche Wohl der Besucher gesorgt werden. Cafés, Frittenbuden, Burgerschuppen und Limonadenstände sorgen für Reibach. Durch die aufregenden Fahrten sind endlich genügend Endorphine in der Blutbahn unterwegs, sodass die Kids ihr Glück versuchen wollen. Für diesen Zweck hat der findige Parkbetreiber einige Glücksspielhallen und Dekoläden an die Wege gestellt, damit auch der letzte Taler aus dem Plastikportemonnaie in der Kasse landet.


Das Auge isst mit


Um den Besuchern auch etwas Atmosphäre zu bieten, stehen dem Planer unzählige Dekorationselemente zur Verfügung. Hecken, Blümchen, Bäume, Brunnen, Mauern und viele weitere Gegenstände lockern das Erscheinungsbild der Geldmaschinerie auf.

Langsam könnte man meinen, dass der Aufbau eines Vergnügungsparks ein Kinderspiel ist. Das wäre der Fall, wenn da nicht allmählich die erwähnte Tiefe zur Geltung kommen würde. Denn es ist nicht damit getan, einige Attraktionen und Bäumchen zu platzieren.

Die Auswahl an Fahrgeschäften ist anfangs arg eingeschränkt, weshalb man in Forschung investieren muss. Die verrückten Wissenschaftler entwickeln in ihren Laboren Unterhaltungsbestien, die für Nachschub in Sachen zahlender Kundschaft sorgen.



Ganz schön komplex


Allerdings gibt es in Theme Park kein TÜV-Siegel, sodass gewisse Vorkehrungen getroffen werden müssen. Wenn man keine Wartungsmitarbeiter einstellt, kann es vorkommen, dass die kleinen Kids aus der Geisterbahn Richtung Bildschirm geschleudert werden oder gar spektakuläre Explosionen zur Zerstörung des Kapitals führen. Die meiste Zeit mampfen die Handwerker zwar ihre Brote und hocken auf dem Rasen herum, können durch ihren Einsatz aber entscheidend zum Erfolg beitragen. Schließlich kann man im späteren Verlauf komplexe Achterbahnen, Rutschen und Kartbahnen bauen (ganz individuelle Streckenführung!), deren Neubau empfindliche Löcher in die Geldbörse reißen würde.


Die Aspekte der Einflussnahme sind weitreichend. Geschwindigkeiten der Fahrgeschäfte können angepasst werden, damit die Blagen auch ein anständiges Schleudertrauma erhalten, was sich wiederum positiv auf die Attraktivität des Parks auswirkt.


Weitere Mitarbeiter kümmern sich um das Stutzen der Rasenflächen, sammeln Unrat auf oder belustigen die Besucher. Den unterbezahlten Gehilfen kann man bestimmte Arbeitsbereiche zuweisen, sodass Müll in der Nähe von Burgerbratereien schnellstmöglich entsorgt wird. Die Gäste zeigen während ihres Aufenthaltes auch, was ihnen zwischen den Ohren so in den Sinn kommt bzw. geben Feedback. Der eine hat Hunger, dem anderen ist es zu dreckig usw., wodurch man schnell Anpassungen vornehmen kann, wenn man denn Lust hat. Schließlich kennt jeder das Vorgehen von SIMS- Zockern, die ihre Avatare eingesperrt oder sie im Pool haben ertrinken lassen. Ebenso kann man die Attraktionen zu Todesfallen umfunktionieren, Müllberge anhäufen (Werl lässt grüßen) oder auf das Platzieren von Toiletten verzichten.


Die Mitarbeiter wollen wiederum angemessen bezahlt werden. In Gehaltsverhandlungen übernimmt man die reizvolle Aufgabe, das richtige Maß zwischen Gewinnlust auf der einen Seite und drohenden Streiks auf der anderen Seite zu erreichen.

Wie stark der Einfluss auf die Abläufe im Paralleluniversum sind, wird deutlich, wenn man die Feinjustierungen betrachtet, die das Spiel ermöglicht. So kann der Zucker-,Wasser- und Eisgehalt in den Limonaden angepasst werden. Der Salzgehalt der Fritten ist ebenso einstellbar. Mehr Salz à mehr Durst! Davon abgesehen muss man auch die Vorräte im Lage im Blick behalten und rechtzeitig Fritten und Plörre nachbestellen.


Kifft da jemand auf dem Trampolin?!

In Deutschland dürfen Glücksspielautomaten pro Stunde nur eine gewisse Summe an Gewinneuros ausspucken. In Theme Park liegt das alles in der Hand des Spielers. Er kann die Wahrscheinlichkeit und die Wertigkeit der Preise frei wählen. Das gilt ebenso für die Eintrittspreise, die für den Besuch zu entrichten sind.


Am Ende eines jeden Kalenderjahres gibt es dann eine Rangliste aller Freizeitparks, die in unterschiedlichen Kategorien bewertet werden. Attraktivität, Kosten und der Wert werden dabei berücksichtigt.


Da nicht jeder Gelegenheitsspieler alle möglichen Stellschrauben permanent im Blick halten möchte, stehen unterschiedliche Schwierigkeitsgrade zur Verfügung, sodass die logistischen Herausforderungen (Frittenbestand auffüllen, Verhandlungen führen) auch von der KI übernommen werden können.

Wenn man genug Geld gescheffelt hat, versucht man sich in anderen Ländern, die teils etwas anspruchsvollere Einwohner haben.

Übrigens kann man durch Knopfdruck Besucher des eigenen Parks werden, was zwar wenig ansehnlich ist, aber ein nettes Gimmick, wenn man das Erscheinungsjahr betrachtet.


Die Geisterbahn ist wirklich gruselig...


Bauen oder nicht bauen?


Viele Titel der mittelalterlichen Konsolengenerationen sind unfassbar miserabel gealtert. Das gilt vor allem für die frühen Umsetzungen, die sich an 3D-Grafiken probierten. Theme Park hat die Jahrzehnte (Erstveröffentlichung 1994!!!) recht gut überstanden.


Die isometrische Ansicht, die ausgezeichnet mit der comicartigen Aufmachung harmoniert, verursacht keine Kopfschmerzen und passt sich der Stimmung an, welche durch die launige (nach Stunden etwas nervige) Rummelmusik ergänzt wird. Dem Spieler wird ziemlich viel Freiheit geboten und mit etwas Erfahrung steigert sich auch die Motivation, denn Symmetrie, passende Dekoration (gruselige Bäume an der Geisterbahn) und ein möglichst reibungslos funktionierender Park stellen eine erreichbare Herausforderung dar.


Sicherlich ist das Spielprinzip auf Dauer etwas abwechslungsarm, allerdings hat Peter Molyneux damit einen zeitlosen Klassiker erschaffen. Leider konnte der als Genie gefeierte Entwickler in den letzten Jahren nicht mehr an seine Kracher aus der Vergangenheit anknüpfen und genießt inzwischen einen eher zweifelhaften Ruf.

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