Der Mensch steht zurecht an der selbst zurechtgeschusterten Spitze der Schöpfung. Unsere Spezies hat alles erreicht, was es zu erreichen gibt. Wir haben unnützes Getier ausgerottet, das Auto erfunden, Atombomben entwickelt, Knarren gebaut und reichlich genutzt, Köter domestiziert, den Thermomix erschaffen, das Internet mit all seinen Errungenschaften um Hass und Hetze nutzbar gemacht, Handyhüllen für unsere externen Gehirne gestaltet und das Sendeformat Talkshow erdacht. Die Liste könnte ich noch fortführen bis ich meinen letzten Atemhauch auskeuche, doch darum soll es jetzt nicht gehen. Diese kurze Aufzählung soll lediglich dem Beweis dienen, dass wir einfach geil sind.
Ein weiterer Aspekt unserer unerreichten Genialität ist die variantenreiche und massenhafte Produktion von Müll. Egal, was der Mensch Feines treibt, meist steht ein Container mit Unrat am Ende des Prozesses.
Ich pack noch nen Plastikbecher obendrauf!
Auf dem Marktplatz irdischen Daseins blicken wir auf ein breit gefächertes Sortiment, das alle Bedürfnisse befriedigt, die man sich im LSD-Rausch vorstellen kann. Schauen wir uns das kontroverse Thema mal genauer an.
Unsere tägliche Routine wäre ohne Müll überhaupt nicht darstellbar. Morgens schieben wir die Alukapsel in den Kaffeeautomaten, kippen ne Ladung Milch aus dem Tetra-Pak in die Tasse und schütten noch etwas Zucker aus dem Papiertütchen hinterher. Danach ziehen wir die Folie von der Kippenschachtel, werfen sie in die Biotonne und entzünden die Fackel der Onkologie mit einem bunten Einwegfeuerzeug. Anschließend Zähneputzen mit dem Kunststoffstengel von irgendeinem ominösen Dr., der den flexiblen Bürstenkopf konstruiert hat. Die Zahnpasta enthält natürlich auch kostbares Mikroplastik, denn wir können ja nicht alles dem Meeresgekröse gönnen. Auf dem Weg zur Arbeit genehmigen wir uns noch einen Kaffee, um richtig wach zu werden, denn die Nacht im Onlinecasino war lang. Formschön landet die Brühe im mit Kunststoff überzogenem Pappbecher. Bei der Gelegenheit kauft man noch ne Pulle Cola, die im wertigen 25-Cent Format daherkommt.
Endlich Feierabend. Der schrottreife Kühlschrank ächzt vor sich hin und muss dringend wieder befüllt werden. Also ab in einen der an jeder Ecke herumstehenden Discounter. Hier gibt es mehr Verpackungsmüll als Inhalt. Kleine Tütchen mit essbarer Diabetes finden Platz in größeren Tüten. Hat was von einer Matrjoschka für die Müllkippe. Alles, was irgendwie als nährstoffarmes Lebensmittel durchgeht, ist in mehrere Schichten künftigen Mülls gehüllt. Mit Folie umwickelt, darüber noch ein papierner Umschlag, der Nachhaltigkeit vorgaukelt und zu guter Letzt noch eine Kartonage. Das gilt aber nicht nur für Abfall, den wir in unsere hungrigen Schlünde stopfen.
Handtücher werden in durchsichtige Folien gekloppt, Stifte mit Kunststoff an Pappen fixiert, Kleidung mit zahllosen Etiketten verziert und Scheren in unzerstörbares Hartplastik gegossen. Da der Jutebeutel daheim als Aufbewahrung für dutzende Taschen fungiert, muss an der Kasse eine neue Tüte erworben werden, in der die eingekerkerten Produkte landen. Final wird sie im Jutebeutel vergeblich auf Wiederverwendung warten.
Der Einkauf war anstrengend, zu viele Menschen mit zu viel Mitteilungsbedarf plünderten die Regale. Um die Akkus wieder aufzuladen, stattet man dem favorisierten Dönermann einen Besuch ab. Die Delikatesse wird in Alufolie gewickelt und in eine unauffällige Tüte gelegt. Das Mahl findet auf einer verbeulten Bank statt. Der direkt daneben befindliche Abfalleimer quillt über. Becher, Kippenschachteln, Pizzakartons und weitere Verpackungen linsen aus der Öffnung hervor. Auf dem Boden unter dem Behältnis müffelt ein recht flüssiger Hundehaufen vor sich hin, der von Zigarettenstummeln, halbleeren Chipstüten und einem Zipper mit aufgedrucktem Cannabisblättchen flankiert wird.
Zurück im heimischen Abfalllager entfernt man die Plastikfolie von Salaten, Paprika und Tomaten, füllt die Papiertonne mit allerlei Umverpackungen und gönnt sich das Feierabendbier aus der ergonomisch schmeichelnden Dose während in der Flimmerkiste bemitleidenswerte Gestalten auf der Suche nach Pfandflaschen in spritzenübersäten Mülleimern wühlen.
Mein Speicher ist voll, brauche ein neues Handy
Kostbarer Müll begegnet uns nicht nur im Supermarkt. Unrat ist nicht nur Verpackung von Glutamatbomben, sondern allgegenwärtig. Das Handy, unser zuverlässiger Begleiter und Datenschutzbeauftragter stellt einen leistungsstarken Müllproduzenten dar, was für unsere elektronischen Langeweilebekämpfer im Generellen gilt. Ihre Herstellung verbraucht Unmengen an Ressourcen. Und dem Kapitalismus (im weitesten Sinne) sei Dank bauen wir unsere Geräte so, dass wir irgendwann Nachschub brauchen. Handy, Kaffeeautomat, Waschmaschine, Backofen, Kühlschrank und weitere Helferchen landen nach der künstlich verkürzten Lebenszeit auf der Kippe. Möbel, früher in eifriger Handarbeit aus Mammutbäumen geschnitzt, gelten inzwischen als Gegenstände, die nach einigen Monaten ausgetauscht werden müssen.
Der ganze Kladderadatsch landet einstweilen in der Wiederverwertung. Das heißt wiederum nicht, dass allzu viel von dem Schrott einen weitergehenden Nutzen hätte. Wir Deutschen sind bekanntlich Exportweltmeister, weshalb wir untauglichen Kram per Frachtschiff wegschaffen. Verbrennen geht natürlich auch, was wiederum zur erwünschten Klimaerwärmung beiträgt. Dann sind kostspielige Flüge nach Malle überflüssig und der Hautkrebs wird zunehmend heimischer in teutonischen Gefilden. Doch wollen wir nicht zu weit gehen, denn wir sind hier bekanntlich bei der Werler Kötte und der Blick auf globale Nichtigkeiten darf nicht vom eigentlichen Thema ablenken.
Werl- Heimat des Mülls
Wir leben in der Metropole des Unrats. Pfandautomaten der neuesten Generation vertilgen tausende Einwegpullen in der Stunde. Das Abfallwirtschaftszentrum dient als Anlaufstelle für alle Anhänger von Vergänglichkeit und Entsorgung. Egal, was im Kabuff vor sich hin staubt, man kann es zur Kippe bringen. Mikrowellen, Grünschnitt, Uranstäbe, ausgemusterte Gartenmöbel, vollgeschissene Windeln und leergesaugte Batterien. Abgerundet wird das Angebot von zahlreichen Containern, in welche man die mottenverseuchten Abscheulichkeiten aus dem Kleiderschrank, ausgesüppelte Schnapspullen und Elektrogeräte schleudern kann. Im Stadtgebiet befinden sich zudem zahlreiche eiserne Müllgräber, die im Kurpark, der Fußgängerzone und neben Sitzgelegenheiten auf Fütterung warten. Findige Kötten entsorgen ihren Biomüll clever auf dem Friedhof, wo es genügend Flächen für nicht vertilgte Lebensmittel gibt.
Freunde des Wegwerfens können sich in der Wallfahrtsstadt demnach nach Herzensfreude austoben und ihre Hinterlassenschaften in sachgemäßer Weise entsorgen. Doch der Mensch ist einfältig. Da braucht man sich nicht durch seitenweise Telegramchats von geschichtsrevisionistischen Vollhonks lesen, sondern einfach die trüben Glubscher auf das richten, was die Krone organischen Irrsinns in der Wirklichkeit hinterlässt.
Schön hier, aber es fehlt noch ne Prise Müll
Unsere Heimat ist nicht nur Wallfahrtsort und Köttenstadt. Nein, hier weht auch ein ganz anderer Wind. Leider säuselt die frische Brise beißend stechende Gerüche in die poplig verkrusteten Nasenlöcher. Denn wohin man im idyllischen Werl auch wandert, Unrat in allen Formen, Größen und Aggregatzuständen wartet bereits auf den Flanierenden. Sicherlich handelt es sich bei der ehemaligen Salzmetropole nicht um einen Touristenmagneten mit einzigartigen Alleinstellungsmerkmalen- wenn man mal vom allgegenwärtigen Müll absieht. Aber es lässt sich aushalten. Ein im Wandel befindlicher Kurpark, Freizeitbad, Sportpark, Feldwege, Stadtwald, eine trotz Leerständen ansehnliche Innenstadt und merkliche Bemühungen in vielen Bereichen.
Aber, und dieses ABER ist verdammich nochmal ziemlich groß, die Verschmutzung nimmt immer absurdere Züge an. Ich bin mehrmals wöchentlich in der Stadt, und Verpackungen, leere Pullen oder was auch immer springen mir wirklich jedes Mal ins Auge. Regelmäßig erhalte ich Zusendungen von Fotos, die Werke ignoranter Entsorgungsexperten zeigen.
Rücksichtslosigkeit- Kernkompetenz des Menschen
Wenn es nicht so dumm und ausgesprochen skrupellos wäre, könnte man die Handlungen als besonders kreativ bezeichnen. Denn man bekommt nicht nur vereinzelte Folien oder Verpackungen zu Gesicht, sondern die gesamte Bandbreite rücksichtsloser Gleichgültigkeit.
Besonders erbaulich sind die Bildnisse von Spielplätzen. Das sind Orte, an denen Köttenkinder klettern, rutschen, Sand fressen und sich gegenseitig verkloppen können. Hier zeigen sich Abgründe erstaunlichen Ausmaßes. Da müssen die Blagen eben aufpassen, dass sie nicht in einen Haufen Scherben stürzen, wenn sie das Gleichgewicht verlieren. Da können sie im Sandkasten eine imposante Burg formen, an die ein Flachbau mit Pizzaaufdruck grenzt.
Der Bahnhof gehört naturgemäß ebenso zu den Schauplätzen spektakulärer Einfalt. Hier wartet man vergeblich auf den verspäteten Zug, der die Flucht aus Werl ermöglichen soll. Deshalb ist man pissig, wütend, und die Frustrationstoleranz befindet sich eh im nicht messbaren Bereich. Also entsorgt man seinen Unrat gezielt neben den Tonnen. Schließlich geht es gleich eh nach Dortmund. Wenn man morgens besoffen wieder zurückkehrt, ist die Verpackung des drögen Sandwichs wie von Zauberhand verschwunden. Also war es wohl in Ordnung…
Die zahlreichen Mülleimer im Stadtgebiet scheinen die Vollpfosten anzulocken. Neben diesen landen dann nämlich die Hinterlassenschaften. Wer sich auf einer Bank ne Pizza mit lecker Knobi gegönnt hat, ist auch einfach zu träge und vollgefressen, um den unmittelbar daneben befindlichen Eimer zu nutzen. Selbiges gilt für die Container, in denen Glas, Elektroschrott oder stinkende Klamotten kostenlos entsorgt werden dürfen. Bekanntlich wird an den Containern alles abgelegt, was nicht in den heimischen Mülleimer passt. Vornehmlich Sperrmüll, kontaminierte Windeln und alles, was am Ende der Konsumkette übrigbleibt, findet sich an den magischen Behältnissen wieder.
Was kann man gegen die an Container stattfindenden Entsorgungsexzesse tun? Schilder wurden schon als klassisch deutscher Lösungsansatz in den Raum geworfen. Funktioniert im Kurpark schließlich auch gut, wo man die Enten nicht mit schimmligen Broten bewerfen soll. Absolute Halteverbote werden in ähnlicher Weise respektiert und befolgt. Höhere Strafen, Videoüberwachung und andere Ideen geistern ebenso durch Kommentarspalten. Als Reaktion auf die zunehmenden und an Dreistigkeit schwer zu überbietenden Müllansammlungen wurden bereits einige Container entfernt. Das Grundproblem bleibt.
Ich glaub, ich steh im Wald
Werl ist nicht nur geschichtsträchtige Stadt, in der Industriebetriebe von Brummis befahren werden, sondern verfügt gar über eine grüne Lunge. Die Rede ist vom Stadtwald, dem Zuhause von mit Go-Pro Kamera bewaffneten Radlern, zeckenübersäten Spaziergängern und einmal jährlich volltrunkenen Jugendlichen. Auf dem Trimm-Dich-Pfad schwitzen Kötten, die sich eine Mitgliedschaft im Fitness-Studio aus Gründen nicht leisten wollen oder können. Ein Naherholungsgebiet also, das zahlreiche Adressaten anspricht. Leider auch die Gattung des umweltverschmutzenden, erstaunlicherweise überlebensfähigen Volldeppen.
Zwischen den völlig nutzlosen Bäumen finden sich immer tolle Anzeichen, welche auf die Präsenz menschlicher Existenz hinweisen. Wir Zweibeiner müssen einfach zeigen, dass wir da waren. Fahnen werden in den Mond gerammt, mit Herzen gravierte Schlösser an baufälligen Brücken fixiert oder auf das Spülen der öffentlichen Toilette verzichtet. Im Wald finden sich dann die Rückstände der Wegzehrung in Form von halbleeren Tüten, in denen einst zuckrige oder salzige Chemiekeulen verpackt waren. So kann sich das elendige Getier des Waldes an den Resten bedienen, wofür sie gefälligst dankbar sein sollten…
Doch es bleibt nicht bei den kleinen, aber durchaus nachhaltigen Sünden des mülltonnenvermeidenden Abbild Gottes, denn Ölbehältnisse, Autoreifen und anderweitiger Schweinekram finden ihre letzte Ruhestätte ebenfalls in den Büschen des Waldes. Irgendein Doofer wird meinen Kram schon entsorgen…
Von zerbrochenen Fenstern und Abstumpfung
Wer mich persönlich kennt, weiß, dass ich mich in gewisser Weise als Misanthropen (einfach googeln) bezeichne. Wenn ich in Werl unterwegs bin, begegne ich immer (echt jedes verkackte Mal!) unnötigen, depperten und teils widerwärtigen Resultaten ignoranter Mitmenschen. Leider, und das gilt für viele Themenkomplexe, bin ich inzwischen abgestumpft.
Früher: <<Wie kann man hier seinen ranzigen Sperrmüll abladen?!>>
Heute: <<Oh, da hat jemand einen bunten Reigen Abfalls in einem Büsch entsorgt. Ich sollte mit den Schultern zucken…>>
Gründe, seine Dönerbox irgendwohin zu stellen, gibt es de facto nicht. Überall zieren Mülleimer in unterschiedlicher Bauweise das Stadtbild. Ein möglicher Erklärungsansatz wäre die „broken-windows-Theorie“, die aus den 80er Jahren stammt.
Darin geht es allerdings nicht um Müll, dennoch kann es als eine (von vielen anderen) Schablonen dienen. Kurzgefasst wirft ein Hampelmann/eine Hampelfrau die Überreste der Mantaplatte neben den Abfalleimer. Dadurch sinkt die Hemmschwelle für den nächsten Gast im Freiluftrestaurant, es mit der Entsorgung nicht allzu genau zu nehmen. Allmählich wächst der Stinkeberg an, sodass man sich beinahe dazu verpflichtet fühlt, etwas beizutragen bzw. darauf zu schleudern.
Hinzu kommt das verschwindend geringe Risiko. Falls ich bei meiner cleveren Aktion erwischt werden sollte, was recht unwahrscheinlich ist, werde ich die Schachtel Kippen einfach aufheben und vorschriftsgemäß entsorgen. Außerdem ist es ja nicht so, dass man etwas Schlimmes getan hätte…
Fazit? Lösung? Konstruktives?
Das Ende dieses umständlich langen Textes (habe mich dennoch ziemlich zusammengerissen) sollte das obligatorische Fazit beinhalten. Aber hätte, sollte oder könnte ist halt nicht. Die Vermüllung geht mir gehörig auf den Sack, so viel ist sicher. Mir bleibt nur ein Appell. Schmeißt euren Dreck bitte in die dafür gedachten Behältnisse. Falls es euch keine allzu großen Umstände bereitet. Wenn es mal wieder etwas mehr geworden sein sollte, lohnt ein Besuch beim Abfallwirtschaftszentrum. Oder macht einfach so weiter, ihr Schmierlappen.
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