Galerie:
Wer jetzt an Kunst denkt, liegt gar nicht mal so verkehrt. Ureinwohner kennen die Galerie aber unter dem Namen „Galle“. Bei der Galle handelt es sich nicht nur um ein überflüssiges Organ, ähnlich dem Gehirn, sondern auch um eine traditionsreiche Kneipe.
Hier kann man sich den verdienten Rausch nach Beendigung der Arbeit gönnen. Frisch gezapftes Pils, Schnäpse in allen Färbungen und Umdrehungsvarianten und die üblichen Vergnügungen, die mit dem Besaufen in urigen Kaschemmen einhergehen. Als das elendige Nichtraucherschutzgesetz verabschiedet worden ist, stemmte sich die Belegschaft gegen die himmelsschreiende Ungerechtigkeit. Mittels einer Clubkarte konnten Mitglieder weiterhin in den geschichtsträchtigen Räumlichkeiten stilvollen Nikotinnebel erzeugen, während sich der Blutalkoholspiegel einem angemessenen Wert näherte. Der legendäre „Galle-Burger“ sorgte nebenbei für die ausreichende Versorgung mit lebenswichtigen Fetten und Glutamaten. Inzwischen darf man zwar nicht mehr rauchen, aber saufen geht trotzdem noch.
Der Besuch der Toilette ist nur in äußersten Notfällen zu empfehlen, da die sanitären Anlagen aufgrund des Denkmalschutzes nur noch oberflächlich gereinigt werden dürfen.
Gesundheit:
Neben einem exorbitant gigantischen Kontostand gilt die körperliche und geistige Gesundheit als hohes Gut. Ganze Berufszweige haben sich aus dem Bedürfnis nach langem und problemfreiem Leben entwickelt. Gurus erläutern, wie man mit Entwurmungsmitteln, oral einzunehmenden Bleichen und Zuckerkügelchen möglichst nahe an das ewige Dasein auf Erden herankommt.
Doch nicht nur mit Headset bewaffnete Redner in Schützenhallen oder auf seriös angepinselte Youtube-Abzock-Kanäle kämpfen für uns, sondern auch akademisch ausgebildete Fachleute. In Werl kann die klapprige Kötte auf ein breit gefächertes Arsenal schulmedizinischer Errungenschaften zurückgreifen.
Für akute Beschwerden, wie dem Loch in der Rübe nach Besuch des Schützenfestes oder das gesplitterte Schienbein des Kreisligakickers steht das Mariannen-Hospital bereit (ausführlicherer Beitrag wird bei nem anderen Buchstaben folgen). Zwar sollte man das Innere des geklinkerten Alptraums wirklich nur im dringlichsten Notfall zu Gesicht bekommen, aber ein funktionstüchtiges Röntgengerät aus einem alten Museum steht bereit.
Des Weiteren haben viele göttliche Kittelträger eigene Praxen eröffnet, die auf das Erstellen von Krankschreibungen spezialisiert sind. Einfach anrufen, gewünschte Dauer der beruflichen Absenz nennen und schon erhält man eine maßgeschneiderte Lösung. Ebenso finden sich Fachärzte aller relevanten Bereiche des menschlichen Körpers im Stadtgebiet. Pimmeldoktoren, Vulvenexperten, Hautheiler, Nasenzerstückler, Glubscherbegucker und viele mehr. Selbst Jammerlappen, die auf der Suche nach Psychotherapie oder anderem Firlefanz sind, werden in der Köttenstadt fündig, falls sie sich nicht selbst in der Kneipe behandeln möchten.
Die verschriebenen Pülverchen, Pillchen und Placebos kann man dann anschließend in einer der unzähligen Apotheken gegen Abgabe des Rezepts erhalten. Wer also nicht krank ist, sollte es dringend werden, um das reichhaltige Angebot in Anspruch nehmen zu können.
Gyros:
Wer auf dem Feld des professionellen Trinkens etwas reißen möchte, benötigt eine entsprechende Grundlage. Früher konnte man bei „El Greco“ an der Mellinstraße Pizzen im Format einer CD kaufen oder zum Gyros eine Schale Zwiebeln extra bestellen. Inzwischen versorgt sich der trinkfeste Werler bei Urgestein Kostas mit dem wertvollen Fetten. Der alteingesessene Imbiss hat mutmaßlich schon zu Zeiten der Stadtgründung üppige Portionen an die hungrigen Einwohner verteilt.
Update: Mit Sorge und Unverständnis habe ich eine schauerliche Nachricht erhalten. Demnach wurden die traditionsgeschwängerten Räumlichkeiten von einem anderen Team gekapert, sodass die Frittierdämpfe nun nicht mehr von Kostas erzeugt und eingeatmet werden. Wir senken den Kopf in den Eimer mit Salatmayonnaise. Die Apokalypse scheint unmittelbar bevorzustehen…
Grundschule/Gymnasium:
Haben wir in Hülle und Fülle, doch mit dem Thema wollen wir uns im Geiste schulischer Schöpfungskraft prokrastinierend (einfach googeln) beschäftigen, wenn der Buchstabe S wie Sauklaue bzw. Sitzenbleiben an der Reihe ist.
Genusswerkstatt:
Wenn das nicht einmal ne deutsche Namensgebung ist… Ein Kompositum, welches die Sinnesfreuden mit der deutschen Tugend des fleißigen Malochens in Einklang bringt. An der Hammer Straße findet der anspruchsvolle Konsument die Räumlichkeiten, in denen mehrere Unternehmen ihre Waren feilbieten. Der obligatorische Bäcker vertickt seine Fitnessbrote und auch „das da oben links…ne, das neben dem Runden…“. Mit Hackethal ist der für ernährungsbewusste Teutonen notwendige Kadaververedler auch an Bord.
Ebenfalls auf dem Gelände ein Friseur, der das wuchernde Gewimmel auf der Birne zurechtstutzen kann, ein IT-Unternehmen, das Rentnern beim Installieren von Windows 95 behilflich ist und „Theo Tütenlos“, ein Unverpacktladen, in dem Leute einkaufen, welche kostbaren Müll geringschätzen und per Lastenrad würdevolle Dieselraser terrorisieren. Mit dem Phänomen "Unverpackter Konsum" haben wir uns bereits in der düsteren Vergangenheit beschäftigt.
Gewerbe:
Was soll das denn jetzt? Gewerbegebiet, wo Stahl gebogen wird, Asphaltmischwerke herumstehen und Lastwagen herumkurven? Nein. Es soll um Gewerbe gehen, die im Alltag zunehmend an Bedeutung verlieren. Und da hat Werl schon noch einige Anlaufstellen zu bieten.
Schneidereien: In der heutigen Zeit ist selbst eine Waschmaschine für viele Leute überflüssig, da der Neukauf bei Primark oftmals günstiger als das aufwändige Pflegen der Textilien ist. Dennoch gibt es in Werl noch mehrere Anlaufstellen für etwaige Nachbesserungen. Hier werden Buxen gekürzt, Löcher geflickt und Reißverschlüsse erneuert.
Heißmangel: Watt ist das? Kurz gesagt eine sperrige Vorrichtung, die im weitesten Sinne als gigantisches Bügeleisen fungiert. Bettlaken und andere Brocken, welche die Dimensionen eines handelsüblichen Bügelbretts sprengen, können damit u.a. geglättet werden.
Samen: Nein, du Pottsau! Hier geht es nicht um Schweinskram. In der Fußgängerzone gibt es Samen Rinsche. Ein aus der Zeit gefallener Schuppen, in dem man alles bekommt (inklusive Beratung), was man für das Begrünen des untalentierten Daumens benötigt.
Reinigung: Richtige Werler waschen ihre muffigen Brocken im Salzbach, wo auch direkt die Altreifen entsorgt werden können. Dennoch gibt es anscheinend Menschen, die Kleider, Bremsstreifen-Buxen und Stinkesocken außerhalb der eigenen 4 Wände in Ordnung bringen lassen wollen. Dafür gibt es Schnellreinigungen und Wäschereien, die auch den Wodka-Redbull-Fleck aus dem Polyestershirt bekommen.
Schuhmacher: Was soll man tun, wenn man schon wieder in zu dünn geratene Hundehaufen getreten ist? Ab zu Deichmann und neue Treter kaufen natürlich. Aber was ist, wenn sich die Sohle nach einer Woche löst? Neue kaufen natürlich! Früher war es allerdings anders. Da wurden Schuhe nicht nur von fleißig filigranen Kinderhänden zusammengebastelt, da gab es gar ein Handwerk, das sich um die Herstellung und Wartung der modischen Fußkleider kümmerte. Auch heute kann man Historie in Werl noch hautnah beim Schuhmacher erleben.
Golf:
<<Man reiche mir das 12er Eisen.>> Dieser Satz könnte von Kalle stammen, der das richtige Werkzeug zum Aufbrechen der Kiosktür um 3 Uhr nachts erbittet. In Werl lebt allerdings nicht nur der unbedeutende Bodensatz der Gesellschaft, sondern auch der elaborierte Teil, welcher mit dem pöbelhaften Fußball ebenso wenig zu tun hat, wie mit Bausparverträgen. Diese Speerspitze geht anderen Betätigungen nach, nämlich dem Edelsport der Vermögenden, politischen Entscheidungsträger und ehemaligen Profisportler, die aufgrund ihrer Karriere nicht mehr so gut zu Fuß sind. Sie spielen Golf.
Diese Disziplin verlangt Präzision, taktisches Geschick und einen Hannes, der die Schläger trägt und nach den verballerten Bällen im Tümpel taucht. Unmittelbar am Stadtwald befindet sich die Werler Golfanlage, die 9 Löcher zum Patten bietet.
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