Partnerstadt:
Ham wa. Die Wallfahrtsstadt Halle in Belgien ist mit Werl befreundet. Das heißt, dass sich beispielsweise Vereine gegenseitig besuchen. Seit Anfang der 70er Jahre besteht diese Partnerschaft.
Pöbeln:
Wer in Werl nicht wie ein dahergelaufener Eventtourist wirken möchte, muss sich eine angemessene Kommunikationsweise aneignen. Fragen nach dem Weg werden mit einem cholerisch vorgetragenen Das geht dich nen Scheißdreck an! beantwortet. Wer aus Gewohnheit Bitte oder Danke nutzen sollte, darf sich auf entsprechende Reaktionen einstellen, physisch geführte Diskussionen miteingeschlossen.
Parkfriedhof:
Was kommt nach dem letzten Herzschlag? Gibt es Verlängerung mit Elfmeterschießen? Golden Goal? Trifft man die verhassten Weggefährten vergangener Tage wieder? Spielt man Mau-Mau mit dem Herrgott oder seinem rotgetünchten Pendant in der Sauna? Was bleibt außer der vermüllten Behausung, einer umfangreichen Sammlung von Pfandflaschen und den peinlichen Accounts in sozialen Medien? Wir wissen es (noch) nicht. Klar ist nur, dass mit der faltigen und verlebten Hülle etwas geschehen muss. Traditionell geht es unter Tage. Entweder wird die Leiche in einen hölzernen Sarg oder die kremierten Überreste in eine handliche Urne gefüllt. Danach wird gebuddelt und die letzte Ruhestätte unter der Erde hergerichtet.
Werl ist zwar bekannt für gewöhnungsbedürftige bzw. für den Unwissenden eher schwer zu ertragende Anblicke. Das gilt aber nicht für den Parkfriedhof, der zu den ansehnlichsten in Westfalen gehört. Ein schicker Brunnen, viel Flora, etwas Fauna, ne Trauerkapelle und viel Erinnerung machen diesen Ort zu einem netten Fleckchen Erde. Hier kann man zur Ruhe kommen, selbst, wenn man noch Puls hat. Zwitscherndes Vogelvieh, historisch bedeutsame Grabmäler, verdreckte Bänke und viel Biomüll für die Gasanlage malen ein würdevolles Bild der letzten Ruhestätte. Ein ausführlicher Bericht verbirgt sich hinter dem folgenden Link.
Pfand:
Den neuronalen Irrungen Jürgen Trittins ist es zu verdanken, dass wir in Deutschland Pfand auf verschiedenste Behältnisse zahlen dürfen. Pfand ist Liebe, sagte schon Mahatma Ghandi, jedenfalls stand das im Internet.
Zusätzliche Kosten für Flaschen und Dosen sollten dazu führen, dass die rücksichtslosen Konsumenten ihre geleerten Plastikgefäße nicht ins Meer schleudern, sondern dem Zyklus der scheinbaren Wiederverwendung zuführen. Ein netter Gedanke, der nicht unbedingt zur Abnahme von Colapullen im Atlantik geführt hat, stellt allerdings die Lebensgrundlage vieler Menschen dar. Leider ist Einweg trotz höherer Bepfandung in vielen Supermärkten die Regel, doch wollen wir hier nicht den moralischen Stinkefinger heben, schließlich verfügen wir in Werl über die wohl leistungsstärksten Pfandautomaten der Welt. Mehr zu dem Thema in unserer fiktiven Kurzgeschichte, in der es um einen Pfandsammler geht.
Pimmel:
Ja, du hast richtig gelesen. Wir leben in einem Patriarchat. Jedenfalls wird uns das von feministischen Damen mit geflochtenen Achselhaaren so vorgegaukelt. Aber hier soll es nicht um gesellschaftliche Diskurse gehen, schließlich bewegen wir uns immer noch im Spannungsfeld Werls, wo Tiefgründigkeit eher im seichten Bereich angesiedelt ist.
Jedenfalls sei zu erwähnen, dass im gesamten Stadtgebiet etliche Geschlechtsteile zu finden sind. Stilisierte Glieder in allen Farben und Formen zieren Mauern, Laternen und gar Bäume. Vulven sind wahrscheinlich zu aufwendig für die hiesigen Kritzelkünstler…
Post:
Die jüngeren Leser werden jetzt denken, dass es um Beiträge in den sozialen Medien geht, was gar nicht mal so verkehrt ist, stellen die posts bei Insta, Gruschel und Co. doch eine logische Weiterentwicklung der ursprünglichen Post dar.
Früher hat man seine retuschierten (gephotoshoppten/mit Filter versehenen) Urlaubsfotos nicht auf Instagram hochgeladen, sondern in Papierform auf die Reise geschickt, die einer Odyssee glich. Das Polaroidfoto vom Schnitzel auf Malle wurde mit einer sogenannten Briefmarke versehen und in einen mülleimerähnlichen Behälter geworfen. Mit etwas Glück kam die Sendung dann wenige Monate später beim Nachbarn an, der inzwischen umgezogen war.
Spaß beiseite, in den Zeiten ohne Internet, Handy und anderen modernen Kommunikationsmitteln stellte der Brief ein bewährtes Instrument dar, um seinen Mitmenschen Aufmerksamkeit und Uninteressantes zukommen zu lassen. Dafür setzte man sich an einen Schreibtisch, rupfte den Wellensittich, tauchte dessen Feder in frisch gezapfte Tinte und malte mit dem ganzen Gedöns unleserliche Worte auf eine Rolle Papyrus. Anschließend das gute Stück in einen Umschlag gestopft, eine Briefmarke abgelutscht, deren Front von der Hindenburg geziert war und klatschte das Teil dann vorne drauf. So schrieb man sich abwechselnd, was in gewisser Weise ein zeitlich verzögerter Chat war, doch eher von ganzen Sätzen als phallischen Obstsymbolen geprägt.
Nun gut, was hat diese antiquierte Kommunikationsform mit Werl zu tun? Wie es sich für ein anständiges Mittelzentrum gehört, verfügt Werl natürlich über ein eigenes Logistikzentrum der deutschen Post. Eine kaiserliche Poststation war in der Nähe des Ursulinengymnasiums stationiert. Später gab es in der Bahnhofstraße eine Filiale, die aber auch schon seit einigen Jährchen ihre Pforten geschlossen hat. Inzwischen bietet jeder Kiosk nebenher einen Post/Paketservice an, weil der Verkauf von Glimmstängeln allein nicht gerade Reichtum verspricht. Im Industriegebiet an der Hammer Straße kann man ein Logistik- bzw. Verteilzentrum der Paketschlepper bestaunen.
Pizza:
Ursprünglich stammt die runde Ofenspezialität aus Italien, wenn man den verlogenen Quellen aus dem Internet Vertrauen schenken möchte. Wir Teutonen haben diese lieblose und kümmerliche Mahlzeit auf ein überragendes Niveau gehoben, indem wir schmackhafte Ingredienzen hinzugefügt haben. Auf die wenig einfallsreiche Tomatensauce warfen wir Ananasscheiben, Fischstäbchen und einen Batzen Sauerkraut, um aus dem „Arme-Leute-Essen“ eine würdige Delikatesse zu zaubern.
In Werl gibt es allerdings auch noch zahlreiche Anlaufstellen, bei denen die Originalrezepturen angeboten werden. Hier stehen richtige Italiener am Steinofen und wenden die handgewirbelten Teigfladen. Die High-Society trifft sich bei Bruno im Rimini, wo schon seit den 70er Jahren üppig aufgetischt wird. Prominente Fußballer eines schwarz-gelben Ruhrgebietsvereins waren hier des Öfteren zu Gast. Ebenfalls für den romantischen Abend zum Jahrestag eignet sich Calabria. Wer sich die richtige Position am Ausgabefenster sucht, kann auf den Smartphones der Pizzabäcker das gerade laufende Fußballspiel der italienischen Serie A betrachten. Die Pizzeria Rustika kochte schon an mehreren Standorten in der Fußgängerzone Nudeln und hat vor kurzem unter neuer Leitung wieder eröffnet. Zum Abschluss sei die Steh-Pizzeria Capriccio erwähnt, in der man allerdings auch sitzen kann. Alle traditionell angehauchten Pizzamanufakturen können ohne Vorbehalt empfohlen werden. Stilecht genehmigt man sich das Mahl auf den Treppen vor der Basilika.
Pengelpad:
Die Geschichte des kleinen Schleichwegs im Werler Norden reicht bis ins Jahr 1892 zurück. In eben jenem Jahr wurden sogenannte Klein-Privatanschlussbahnen geplant, deren Qualitätsstandards bewusst niedrig gehalten wurden, um die Baukosten überschaubar zu halten.
Die Bahn fuhr u.a. zwischen Ostönnen-Westönnen-Werl, später auch gen Hamm. Allerdings wurde nicht nur die Bevölkerung transportiert, die sich im Rahmen der Industrialisierung fleißig vermehrt hatte, sondern diente auch zur Beförderung von Gütern. So verfügte das Wulf-Hefe Werk über eine eigene Haltestelle. Im Jahr 1952 wurde der Personenverkehr endgültig eingestellt, da inzwischen alternative Fortbewegungsmittel von den Kötten bevorzugt wurden.
Pengelpad heißt der Weg übrigens, weil der Lokführer beinahe permanent pengelte, also mit der Glocke läutete, um die Passanten vor der Bahn zu warnen, denn die Sicherheitsvorkehrungen hielten sich in Grenzen.
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