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  • AutorenbildWerler Kötte

Werler Nachhaltigkeitstage

Ideologie? Idiotie? Oder einfach ne gute Idee?


Vom 13.-26. September finden die Werler Nachhaltigkeitstage statt. Anlass genug, mal ein paar wirre Wörter aneinanderzureihen.


Als Grundlage für den definitiv zu lang geratenen Bericht diente die Broschüre, welche sich auch bequem von der Kloschüssel aus studieren lässt. Zum Stöbern hier der Link.



Ich möchte gar nicht groß die Klimakeule schwingen, muss aber kurz darauf eingehen. Ich bin kein Wissenschaftler, wenn man von den soziologischen Studien in Werl absieht. Dennoch vertraue ich auf das, was von denjenigen, die sich damit befassen, seit Jahrzehnten kommuniziert wird und bin froh, dass ich (Lebensstil und Geburtsjahr sei Dank) die Folgen nicht mehr so richtig miterleben werde. Sicherlich gibt es auch andere Auffassungen, aber selbst, wer den Klimawandel und die auf uns zueilende Klimakatastrophe leugnet, sollte dem Thema Nachhaltigkeit aus anderen Gründen etwas abgewinnen können. Grundvoraussetzung wäre natürlich, dass man sich die Inhalte anschaut, ohne reflexartig „linksgrünversifft, woke, Verbotsideologie“ oder sonstige Beweise eigener Engstirnigkeit in die Tasten zu hämmern. Schließlich geht es bei Nachhaltigkeit um vielfältige Themen.


Genau darum soll es heute gehen, denn beim Klimatreff Werl handelt es sich nicht um eine terroristische Vereinigung von bewaffneten Hippies, sondern um einen bunten Haufen von Leuten, die sich in ihrer Freizeit treffen, um beispielsweise die Nachhaltigkeitstage zu organisieren. Regelmäßige Treffen im Dreiklang dienen dem Austausch und alle Interessierten sind herzlich willkommen.



Im Rahmen der unterschiedlichen Angebote werden eben nicht nur Ökofuzzis angesprochen. Um einen kleinen Einblick in die unterschiedlichen Programmpunkte zu geben, haben wir uns mal die Broschüre zu Gemüte geführt. Natürlich mit einem kleinen Gläschen des guten Werler Tropfens, weil Nachhaltigkeit schon beim Süppeln beginnt und wir nicht den aus der Ferne eingeflogenen oder herbeigeschifften Rum saufen wollen.


Wer da nicht fündig wird, sollte seine Glubscher überprüfen lassen.

14.-24. September Kleiderbörse im Café Dreiklang


Kleider machen Leute und Leute machen Kleider. Das schnöde Bedecken unserer unförmigen Leiber kostet uns viel Geld, Zeit und Energie. Die Arbeitsbedingungen in vielen Produktionsländern muss und möchte ich jetzt hier nicht als moraltriefendes Thema aufmachen, sondern es nur am Rande erwähnen. Doch selbst, wenn nicht kleine Blagen an den Nähmaschinen hocken, werden bei der Fertigung der Klamotten Unmengen an Wasser und Energie benötigt. Dank des bequemen Shoppens während ausgedehnter Klositzungen werden tonnenweise hässliche Textilien quer über den Globus transportiert, um sie dann wieder zurückzuschicken, weil man anscheinend doch nicht Größe XS hat.


Bei der Kleiderbörse wird ein klassischer Ansatz der Nachhaltigkeit umgesetzt. Nutzen, was eh schon da ist. Wer seinen Kleiderschrank mal wieder ausgemistet hat, kann die inzwischen wieder trendigen Brocken ins Café Dreiklang bringen. Dort besteht die Möglichkeit, sich aus dem zusammengetragenen Sortiment zu bedienen. Man muss nichts abgeben, man muss nichts zahlen, darf aber natürlich etwas spenden.


Upcycling am 18. September um 19 Uhr im Dreiklang


Aus alt mach neu gehört ebenfalls zu den klassischen Nachhaltigkeitsansätzen. Upcycling ist ein gigantischer Sammelbegriff, der einen einfachen Grundgedanken in sich trägt. Bevor ich etwas in die Tonne kloppe oder zum Ausflugsziel Abfallwirtschaftszentrum chauffiere, kümmere ich darum, dass besagter Gegenstand wieder instandgesetzt oder einem anderen Zweck zugeführt wird.


Warum könnte Upcycling sinnvoll sein? Törichte Frage. Es spart Ressourcen, reduziert Abfall, was wiederum auch nicht ganz so schlecht ist und nebenher versprüht es einen individuellen Charme. Außerdem spart man Geld, jedenfalls, wenn man die umgesetzten Projekte wirklich gebrauchen kann.


Die Flasche Werler Tropfen ist leer? Zack, hat man eine Vase. Die Dose Faxe gesellt sich dazu und dient nun als dekorative Aufbewahrung für Pfandbons. Die ausgetretenen Sportschuhe fungieren nach Beendigung der ursprünglichen Verwendung als abschreckender Duftspender vor der Haustür, um Hausierer und Betrüger fernzuhalten.


Aus dem Kram könnte man herrlichen Kram zaubern oder ihn dekorativ platzieren.

Beim Abend im Dreiklang werden einige Ideen vorgestellt und umgesetzt. Beispielsweise werden Schwämme aus alten Socken geflochten, mit denen Menschen, die zu blöd für Lieferando sind, ihre Töpfe säubern können. Aus ausgedienten Kalenderblättern werden Geschenktüten gebastelt, die man sonst bei TEDi und Co. kaufen würde. Kaminanzünder und Aufbewahrungsmöglichkeiten entstehen aus Eierkartons und leeren Konservendosen. Also die Dosen werden nicht als Kaminanzünder verwendet, falls da Missverständnisse entstanden sein sollten. Ebenfalls werden einfache Badezusätze hergestellt. Zwar muss dabei auf das kostbare Mikroplastik verzichtet werden, aber man kann eben nicht alles haben.

Daneben besteht die Möglichkeit, eigene Ideen mitzubringen (idealerweise mit den entsprechenden Materialien) und sich mit anderen Interessierten auszutauschen.


19. September- Foodsharing


Wir Menschen lieben Müll und produzieren lediglich wenig zielführende Facebook-Kommentare in ähnlicher Menge. Das sorglose Wegwerfen von einwandfreien Geräten und allgegenwärtiger Verpackungen ist ein unerfreuliches Thema. Davon losgelöst ist der Umgang mit Lebensmitteln zu betrachten. Ja, da kann man die Moralkeule gerne schwingen, ist aber gar nicht nötig. Die Verschwendung und Entsorgung von genießbaren Lebensmitteln stellt ohne komplexe Argumentation eine riesige Baustelle dar.


Privat kaufen wir mal wieder zu viel für den Grillabend ein, im Restaurant überfüllen wir den Teller beim Gang zum Buffet und kapitulieren letztlich vor unseren zu großen Augen. In den Supermärkten geht das Vergnügen dann weiter und findet seinen Höhepunkt. Gesetzgebungen sei Dank lohnt es sich für viele Läden nicht, den Überschuss zu spenden und Containern ist eh nur was für Kriminelle. Wer denkt, dass Foodsharing nur etwas für hippe Großstädte, wie Buxtehude oder Lippstadt ist, kann sich am 19. September um 19 Uhr im Dreiklang eines Besseren belehren lassen. Bei einem Vortrag mit Diskussion werden lokale Angebote zur Lebensmittelrettung vorgestellt und Hinweise gegeben, wie man das unsägliche Wegschleudern kostbarer Kalorien vermeiden kann.



20. September- Nachhaltigkeit in Kita, Schule und Elternhaus


Früh übt es sich. Deshalb sollten kleine Blagen bereits vor der Kita die Kniffe bei Candy Crush und die Funktionsweise eines Spielautomaten kennenlernen. Um das Thema Nachhaltigkeit auch in die schwammigen Rüben der Jüngsten zu bekommen, findet von 19-20:30 Uhr ein Workshop im Café Dreiklang statt.


Wer beruflich mit Kindern zu tun hat (ErzieherInnen und Lehrkräfte beispielsweise), kann sich hier zahlreiche Impulse holen, um abstrakte Zusammenhänge in anschaulicher Form zu vermitteln. Experimente für die Kita, klimafreundliche Ernährung und die Materialkiste des Klimatreffs werden vorgestellt. Wer selbst Kinder hat (Glückwunsch nachträglich), kann im Rahmen des Workshops Ideen zur nachhaltigen Gestaltung einer Geburtstagsfeier erhalten. Es muss eben nicht immer ein Einkaufswagen voller Plastik sein, den man bei TEDi und Action zusammengestellt hat.


Eigene Ideen und Materialien sind ebenfalls willkommen. Wer Interesse an der Teilnahme hat, sollte sich im Vorfeld anmelden.



Der Mensch hinterlässt kunterbunte Spuren.

Anna Käse meets Theo Tütenlos (22. Und 23. September)


Wenn die heroische Müllabfuhr mit der Abholung von gelben Säcken an der Reihe ist, bietet sich ein spektakuläres Bild. Bergeweise randvoller Tüten, in denen die Überreste modernen Lebens zu finden sind. Plastikverpackungen allerlei Mikrowellen oder Backofengourmetgerichte, leere Dosen, Kippenschachteln, mit Krümeln befüllte Chipstüten und abscheulich müffelnde Duschgeltuben. Ich klammere Luftpolsterfolien bewusst aus, denn mit ihnen kann man eine tolle Zeit haben. Wir hinterlassen so viel Müll, dass es die Vorstellungskraft in Schutt und Asche legt. Klar, man kann das Zeug in die Meere leiten, damit deren Einwohner mit dem Kram spielen können. Soll sich das Salzwassergetier eben an die neuen Lebensumstände anpassen, aber das ist nicht der Weisheit letzter Schluss. An anderer Stelle haben wir uns bereits mit dem Thema der Unverpacktläden beschäftigt und verweisen hiermit auf den rabiat recherchierten Artikel.



An besagten Tagen können sich Interessierte (Lebensmittel ohne Plastikfolie sind nicht unmittelbar tödlich) ein Bild vom Angebot des Unverpacktladens Theo Tütenlos machen. Vor Ort werden weitere nachhaltige Ansätze vorgestellt. Eine Second-Hand Kleiderstange, Ernteüberschüsse aus lokalen Gärten, eine Geben & Nehmen Kiste und Büchertausch laden zum Entdecken ein. Da ein gesunder Körper und eine positive Grundhaltung nicht unbedingt von Nachteil sind, können Neugierige auch in die Welt des Yogas reinschnuppern. Wir bevorzugen das Torkeln vom Tresen zur Toilette, aber das ist nur was für richtige Kötten.



Am 22. September wird Anna Käse ab 19 Uhr bei Theo Tütenlos zu Gast sein und über die Verbindung zwischen Kunst und Nachhaltigkeit sprechen. Die Werler Künstlerin bietet auch einen Workshop an, bei dem aus scheinbarem Müll (alte CDs, TetraPaks) per Tiefdruckverfahren kleine Kunstwerke entstehen.


Ein netter Anblick

Da sich ihre Kunst immer mal wieder mit Werl auseinandersetzt, befinden sich kleinere Produktionen bei uns in der Redaktion. Ein Magnet befestigt die Fuseleinkaufsliste am Kühlschrank. Und ein Schlüsselanhänger begleitet unseren Praktikanten bei jedem Einkauf.



Fahrradcheck am 23. September in der Fußgängerzone (10-12 Uhr)


Vorweg ein kleiner Verweis auf unsere differenzierte Auseinandersetzung mit der Gattung des Radelnden.



Radfahren ist eine klimafreundliche Alternative zum Heizen im klimatisierten SUV. Doch auch, wenn man den Klimaaspekt als eine Wahnvorstellung betrachtet, birgt die trampelnde Fortbewegung einige Vorteile. Es ist fraglos kostengünstiger mit dem Drahtesel zum Pfandautomaten zu radeln, als den Lieferwagen zu starten. Als netten Nebeneffekt bringt man seinen schwabbeligen Körper in Form. Bei der Nutzung des klapprigen Rades gehen viele allerdings recht unbedarft vor. Der Reifendruck gehört noch zu den Nachlässigkeiten, deren Konsequenzen sich im überschaubaren Rahmen bewegen. Die Lösung ist wiederum recht simpel, bisschen Pumpen. Die richtige Beleuchtung, Kontrolle der Bremsen und die korrekte Einstellung des unbequemen Sattels überfordern Ottonormalkötte schon eher. Daher bietet die Ortsgruppe Werl des ADFC (wie der ADAC, nur mit etwas weniger Skandalen) einen Radcheck am Salzsieder (gegenüber von DM) an.


Viele Aktionen finden rund um den Salzsieder und im Dreiklang statt.


Und sonst so?


Das vom Klimatreff zusammengestellte Angebot setzt unterschiedliche Schwerpunkte, sodass tatsächlich für jedermann und jederfrau was dabei sein dürfte.


So kann man an einem Kochabend teilnehmen, bei dem der Nachhaltigkeitsgedanke im Vordergrund steht. Das ist an sich nicht kompliziert. Schließlich wird in unserer Region erstaunlich viel essbares Zeugs angebaut und das Nutzen dieser Produkte erscheint sinnvoller als das Rankarren aus aller Welt. Dennoch wird ein exotischer Touch gewährleistet. Wer also mal eine Pause von Mecces und Co. möchte, sollte sich ins Dreiklang trauen.


Ebenfalls gibt es einige Infostände und Vorträge über fairen Handel, Energiewirtschaft und den Bördeboden. Da trockene Informationen den Motor nicht immer am Laufen halten, können Wagemutige auch kostenlose Kostproben von fair gehandelten oder lokalen Produkten verköstigen (köstliche Wortansammlung übrigens). Ein Besuch des Waldlabors, welches sonst Schulklassen und Kindergartenblagen als Bildungsstätte dient, ist ebenfalls möglich.


Wer Nachwuchs hat (nochmals Glückwunsch nachträglich), wird wissen, dass die DM-Gutscheine aus dem Freundeskreis bei weitem nicht ausreichen, um den Bedarf an Windeln zu decken. Stoffwindeln wirken auf den modernen Menschen oft wie ein unhygienischer Rückschritt in die Zeiten des Aderlasses, weshalb über dieses Thema aufgeklärt wird. Egal wie toll die Werbung auch ist, egal, wie viele Tonnen an Ausscheidungen sie aufnehmen können, sie landen eben im Müll. Allgemein ist das Wachsen und Gedeihen der kleinen Kötten oftmals mit der Anhäufung großer Müllmengen verbunden. Tipps für den Alltag warten hier auf Eltern.

Abgeschlossen werden die Werler Nachhaltigkeitstage am 24. September mit dem Markt der Möglichkeiten. Rund um den Salzsieder gibt es zwischen 13-18 Uhr einiges zu entdecken. Mitmach-Aktionen für die kleinen Kötten, Vorstellungen von Umweltverbänden, Musik, Kleinkunst, Informationen zu Projekten und die einfache Möglichkeit, miteinander in den Austausch zu kommen.


Abschlussbefund


Wir haben uns an viele Dinge gewöhnt, die nicht gut für uns sind, wie bei frühkindlicher Gewöhnung an den zauberhaften Zucker. Und dann kommen irgendwelche Leute mit ungewaschenen Haaren um die Ecke und wollen einem alles verbieten. Es so zu betrachten, ist menschlich. Nicht klug, aber menschlich.


Es geht nicht darum, auf alles zu verzichten, was man gerne macht oder seine eingerosteten Routinen komplett über den Haufen zu werfen, sondern darum, ein Bewusstsein zu schaffen. Ein Bewusstsein dafür, was der persönliche Konsum für Folgen hat, wie die Kosten jenseits des Preisschildes aussehen.


Und genau hier bieten die Werler Nachhaltigkeitstage eine gute Gelegenheit, über den eigenen Tellerrand hinauszuspähen. Menschen, die sich für ein Leben ohne Nachwuchs entschieden haben, rennen jetzt sicherlich nicht zur Infoveranstaltung über Stoffwindeln. Keiner soll alles ändern. Wenn alle ein bisschen was ändern, dürfte schon etwas erreicht sein (klingt kitschig klebrig, ist aber so). Unabhängig von politischen, wissenschaftlichen oder sonstigen Ansichten haben nachhaltige Ansätze einen positiven Effekt auf unterschiedliche Aspekte des Lebens. Geld sparen und Müll vermeiden sind ja jetzt wohl keine teuflischen Sünden.


Der Klimatreff (eine bunte Ansammlung ehrenamtlich tätiger Kötten) hat ein abwechslungsreiches Programm auf die Beine gestellt, was nicht selbstverständlich ist. Wir aus der Redaktion sind dankbar für das Engagement und freuen uns auf ein paar Impulse, wobei nachhaltiges Saufen vielleicht ein Thema für das kommende Jahr wäre.


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