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  • AutorenbildWerler Kötte

Bisschen zocken?

Die Playstation begleitet mich bis heute. Das mag daran liegen, dass ich alterstypisch gerne in vergangenen Zeiten schwelge, melancholischen Gedanken nachhänge und ein eher altbackener, rückwärtsgewandter Mensch bin. Allerdings liegt es definitiv auch daran, dass die Playsie über ein unfassbares Spektrum an gelungenen Spielen verfügte. Nachdem ich die Zuschauerrolle abgedeckt habe, geht es nun um die aktive Rolle, denn ich habe viel gezockt. Leck mich am Arsch, echt verdammt viel…


Kuseng


Bis 2000 habe ich gelegentlich (also viel) FIFA gespielt. Irgendwann wurde EA Sports Gepöhle allerdings von der Reihe ISS Pro Evolution Soccer abgelöst. Mein Kuseng (ja, so schreibt man das!) war viel bei uns. Wir fuhren gemeinsam in den Urlaub, spielten draußen Fußball und verbrachten generell viel Zeit miteinander. Das galt ebenso für die Playstation.


Mit der besagten Sportsimulation beschäftigten wir uns mit Abstand am meisten. Wir starteten eine Karriere mit einer Truppe voller Carsten Ramelows (Der Toyota Yaris unter den Sportwagen), errangen mühsam Punkte und kauften uns Michael Owen, denn der war schnell. Entweder übernahmen wir zusammen die Kontrolle über alle Spieler oder er legte sich fest und steuerte den Stürmer, den ich mit gelupften Pässen in den Lauf fütterte. Stundenlang feilten wir an unserer Mannschaft, diskutierten über Taktik und Neuzugänge oder überlegten, ob wir von vorne starten sollten.


Allerdings spielten wir auch eifrig gegeneinander. Standardmäßig dauerten Partien früher ca. 10 Minuten. Wir entschieden uns jedoch immer für die üppigste Länge, sodass Duelle über eine halbe Stunde dauerten. Das Besondere an der Reihe war, dass die Ergebnisse trotz der Überlänge nicht 12:11 lauteten, sondern 3:2 oder nach einem 2:2 in Verlängerung und Elfmeterschießen endeten. Auch später waren die Nachfolger im Freundeskreis sehr beliebt. Turniere auf Leinwänden oder unter Einfluss des Deutschen liebster Getränke waren so obligatorisch, wie nackte Oberkörper am Ballermann.


Gerne denke ich auch an die Stunden zurück, die wir mit dem Fußball Manager verbrachten. Bei dieser Art des Spiels steuert man nicht die Gladiatoren auf dem Rasen, sondern ist für den gesamten Rahmen verantwortlich. Welche Schwerpunkte werden im Training gesetzt, wie geht man die Vertragsverhandlungen mit dem Talent aus der Jugend an, wie lockt man Sponsoren an Bord und viele weitere Dinge waren zu beachten. Warum ich mich daran erinnere? Zwei Schlüsselsituationen. Einmal holten wir uns alle Titel, die möglich waren und wurden dennoch entlassen. Ein anderes Mal stiegen wir mit unserer Truppe ab. Eigentlich kein Grund zum Feiern, aber wie handhabten es, wie die Fans im Stadion. Mit im Takt geschwungenen Händen skandierten wir „Absteiger, Absteiger!“ und holten so richtig Atmosphäre ins Kinderzimmer.



Zwei alte Teile auf einem Bild

Time Crisis


Ich war früher sehr oft in Belgien. Genauer gesagt in Charleroi. Dazu werde ich an anderer Stelle sicher ausführlicher Stellung beziehen, doch bezüglich meiner Zockerbiographie hatte die Stadt einen konkreten Einfluss auf mich. Auf der Kirmes gab es eine Spielhalle. Nicht diese Glücksspielgeldgräber, die es bei uns gibt, sondern Automaten mit Videospielen. House of the Dead, Rennsimulatoren und Time Crisis. In Gestalt Richard Millers, ballerte ich Horden austauschbarer Gegner über den Haufen. Es hat unfassbar viel Bock gemacht. Daheim hatte die Videothek (damals noch gegenüber vom REWE) ein Exemplar samt G-Con 45 (bis heute die beste Lightgun) im Angebot, welches ich auslieh und mit meinem italienischstämmigen Kumpel von „oben drüber“ zockte.


Als ich eines Tages in Belgien eine Einkaufspassage durchschritt, erblickte ich das Bundle (Spiel + Wumme) und nervte so lange, bis Mamma es kaufte. Endlich konnte ich daheim ohne Ende den James Bond Verschnitt mimen. Kurz zum Spiel. Es handelt sich um einen sogenannten Railshooter. Man kalibrierte die Knarre, damit sie im Gegensatz zu den Gewehren auf der Kirmes dahinschoss, wo man hinzielte, und legte anschließend los. Man musste nicht die Bewegungen steuern, sondern ging aus der Deckung, in der man seine Wumme nachladen konnte, und ballerte die Schergen ins virtuelle Jenseits.


Time Crisis begleitete mich sogar auf Mannschaftsfahrten, auf denen dann im Stile eines Schützenkönigs alkoholisiert Schusswaffengebrauch betrieben wurde.


Gran Turismo


Zu den Starttiteln der Playstation 1 gehörte Ridge Racer, ein arcadelastiges, sehr zügig dahinfließendes Rennspiel. Es hat sehr viel Spaß gemacht, doch Gran Turismo sagte mir mehr zu. Grafisch war es (dieser Tradition folgen auch die aktuelleren Versionen) ein echter Leckerbissen, wenngleich es kein Schadensmodell gab. Man konnte den BMW also mit Karacho vor die Leitplanke setzen, ohne einen Kratzer zu hinterlassen. Für die Lernkurve eines künftigen Verkehrsteilnehmers nicht unbedingt zielführend, aber grundsätzliche physikalische Zusammenhänge waren mir durchaus bewusst.


Man musste Lizenzen erwerben, indem man mit den unzähligen Fahrzeugen Prüfungen absolvierte. Dabei unterschied sich das Fahrgefühl je nach Auto, denn es handelte sich eben um eine Simulation. Seine Karren konnte man aufmotzen, wobei stumpfes Einbauen von Teilen nicht unbedingt das beste Ergebnis einbrachte.

So feilte man über die Zeit an Feinheiten, stellte Differentiale ein, neigte die Federung stärker oder änderte die Übersetzung bei der Schaltung. Ein Paradies für Leute mit Ahnung. Für mich eher ein Herumprobieren mit zufälligen Erfolgserlebnissen, aber es bockte. Gran Turismo verfügte durch den ausgedehnten Karrieremodus über eine überwältigende Langzeitmotivation.


Colin McRae Rally


Ja, wieder Brumm Brumm. Allerdings in einer etwas anderen Herangehensweise. Ebenfalls eher simulationslastig, heizte man bei Colin McRae (lange verstorbener Rallyefahrer) über Stock und Stein, zog die Handbremse anhand von Kommandos des virtuellen Beifahrers und flog über hügelige Pisten hinweg.


Dabei bestand der Reiz in der kaum erreichbaren Perfektion. Man fuhr nicht gegen sichtbare Gegner, sondern versuchte, die beste Zeit auf der jeweiligen Strecke zu erzielen. Eine langgezogene Kurve zu risikoarm genommen und das Ergebnis stellte nicht mehr zufrieden. Mal ging es auf matschigem Schotter auf Rekordjagd, mal auf Asphalt oder ins Schneegestöber. Technisch grauenvoll gealtert, aber vom Feeling her noch immer ein gut spielbares Werk.


Thrill Kill


Das Spiel gibt es gar nicht bzw. es erschien nie offiziell, aber dennoch lief es als sogenannte „Bootleg“ in unserer Playsie, die natürlich auch illegal gebrannte CD’s abspielen konnte. Zur Story möchte ich gar nichts sagen. Es war ein 3D-Prügler, bei dem bis zu 4 vollkommen abgefahrene Gestalten aufeinander losgegangen sind. Typen mit Säbeln als Gliedmaßen, ein Kerl in einer Zwangsjacke und eine Domina. Aber auch ein Kerl, der mit einem abgetrennten Bein als Knüppel kämpfte, an dem er zwischendurch nagte. Es war ein Fest. Allerdings war das Gemetzel noch nicht fertig und erhielt auch nicht den Segen der Produzenten, weshalb es nur in unfertiger und illegaler Form seinen Weg auf die Röhrenfernseher fand.



Theme Park


Ursprünglich ein Spiel für den PC, erschien es auch für den Super Nintendo. Ich habe es allerdings auf der Playsie gespielt. Ziel war es, einen Vergnügungspark zu bauen und am Laufen zu halten. Attraktionen erforschen, bauen, warten, den Zuckeranteil in der Limonade hochschrauben, Warteschlangen ziehen, Dekoration aufstellen, Animateure positionieren und vieles mehr stand auf der To-Do Liste. Es war anspruchsvoll und hat viel Laune gemacht. Die Hintergundmusik ist mein aktueller Klingelton, aber das tut ja nichts zur Sache.



GTA


Wer an GTA denkt, wird das „aktuelle“ und bereits uralte GTA V vor Augen haben. Atemberaubende Grafik, beißende Satire, toller Soundtrack und die Möglichkeit sich von 11 jährigen bis aufs Derbste beleidigen zu lassen, wenn man sich an den Online-Modus heranwagt. Früher war alles noch etwas anders.


GTA (Grand Theft Auto) erschien 1997 für die Playstation. Eigentlich sollte es ein Rennspiel werden, doch durch einen Programmierfehler konnte man Passanten überfahren. Dieser Bug bereitete den Entwicklern anscheinend so viel Laune, dass sie das Konzept überdachten und einen Meilenstein auf CD bannten.

Damals spielten wir GTA noch nicht allzu zielorientiert. Statt aus der Vogelperspektive mit dem namenlosen Ganoven Aufträge zu erledigen, die es an Telefonzellen gab, wurde dunkle Magie angewandt. Mit Cheats statteten wir uns mit allerlei Schusswaffen aus. Anschließend wurde alles niedergemäht, was auf dem kleinen Bildschirm zu sehen war. Irgendwann stellte das trübe Auge des Gesetzes fest, dass ein Psychopath mit gelbem Pulli Amok lief. Nun musste man in geklauten Autos vor den blutrünstigen Bullen fliehen. Sobald man erwischt worden ist, gab man den Controller weiter. Ja, klingt nicht gerade wie die pädagogisch sinnvolle Beschäftigung eines Kindes, doch bisher habe ich meine digitalen Schandtaten noch im Virtuellen belassen und gedenke auch nicht, das zu ändern.


Auf der Playstation 2 schaffte die Reihe dann den Sprung in die dritte Dimension.




Tony Hawks Pro Skater (auch Teil 2)


Zwar hatte mein Bruder zuerst die Finger an dem Spiel, allerdings zockte ich beim Skaten auch einige Controller in die ewigen Jagdgründe. Es war ein beinahe süchtigmachendes Vergnügen. Zu einem der wohl stimmigsten Soundtracks, rollte man durch clever konstruierte Levels, reihte immer länger werdende Combos aneinander und wollte immer wieder einen draufsetzen.

Ich habe so viele Stunden mit den unterschiedlichen Ablegern verbracht, dass die Steuerung ins muskuläre Gedächtnis übergegangen ist. Das ist mir beim Anspielen der Remaster/Remakes aufgefallen. Skaten ist wie Fahrradfahren, man verlernt es nie. Jedenfalls, wenn es um harmlose Stunts auf dem Fernseher geht. Für die richtigen Adrenalinjunkies gibt es im Werler Sportpark auch eine Anlaufstelle.



Ach ja...

Dies, das und jenes (Honorable Mentions)


Damals gab es in Werl noch sogenannte Videotheken. Dort konnte man sich pimmelige Tittenvideos ausleihen, aber auch Serien, Filme und Spiele für PC’s und Konsolen. Diese Einrichtung besuchte ich regelmäßig und nutzte das Angebot in reger Weise. Klar, man las Fachlektüre, studierte Tests in Zeitschriften, aber bevor man 100 DM (antike Währung) ausgab, machte es Sinn, sich einen eigenen Eindruck zu verschaffen. Dabei kam man in den Genuss vieler Titel, für die sich die horrenden Summen nicht gelohnt hätten, aber dennoch viel Spaß bereiteten. Daher hier einige erwähnenswerte Spiele, die irgendwo im Gedächtnis einen Nistplatz gefunden haben.


Ich bin kein großer Anhänger von Ego-Shootern, was wahrscheinlich daran liegt, dass ich unfassbar schlecht bin. Dennoch gab es einige Exemplare, die ich vergleichsweise gerne zockte. Medal of Honor Frontline gehörte dazu. Denn allein die Präsentation der Eingangssequenz (Landung an der Normandie) war derartig intensiv, dass mich das Geballer fesselte. Daneben wurde lange James Bond- Agent im Kreuzfeuer gespielt, wobei der Storymodus wenig interessierte. Im klassischen Splitscreen schossen wir uns gegenseitig über den Haufen.

Es gibt Spiele, die sprechen ganz niedere Bedürfnisse an und bedienen die archaische Impulsivität im kindlichen Manne (oder männlichem Kinde). Dynasty Warriors gehörte zu diesen Produktionen. Ein klassischer „Button-Masher“, bei dem man die japanische Geschichte in etwas freierer Interpretation nachstellte. Es ging um Schlachten, Feldzüge und anderweitige kriegerische Auseinandersetzungen. Allerdings gab die Wirklichkeit nur einen sehr losen Rahmen, den man mit seinem Protagonisten sprengte. Mit einem Krieger mähte man Horden von Soldaten, Kontrahenten und Bösewichten um. Wie bekloppt hämmerte man auf den Knöpfen herum, was zur Folge hatte, dass auf dem Röhrenbildschirm wahre Feuerwerke zu sehen waren. Spektakulär anzuschauen, aber eher seicht, was den spielerischen Anspruch betraf.

Weniger spektakulär, jedoch auf andere Weise sehr beklemmend war Shadow of Memories. Ich habe es mir vor kurzem auf einem Trödelmarkt gekauft und hoffe demnächst mal etwas Zeit dafür zu haben, denn als Jaust habe ich es nie beenden können. Grafisch eine Augenweide, wird man zu Beginn der Geschichte Zeuge, wie man umgebracht wird. Anschließend bewegt man sich durch eine malerische Stadt und versucht mit etwas Vorlauf, den Mord an sich zu verhindern. Die Handlung wird zwar zunehmend absurder, aber ist es sowohl eine eher behäbige, wie auch nervenkostende Spielerfahrung.


Fahrenheit war das erste Spiel von David Cage, das in meinem Laufwerk rotierte. Cage ist eher bekannt für spielbare Filme (Heavy Rain, Detroit: Become Human) und da machte Fahrenheit keine Ausnahme. Der Start war direkt imposant. Man brachte auf dem Klo einen x-beliebigen Kerl in einer Art spirituellen Anfall um. Man musste direkt seine Spuren verwischen und während des Spiels seinen Gemütszustand im Blick behalten. Nebenher steuerte man die Polizei, was ein interessanter Ansatz war, der anscheinend so interessant war, dass Cage ihn bei Heavy Rain in anderer Form aufwärmte.


Mobile Gaming wird von den eingeschworenen Nerds meist belächelt. Früher verbrachte ich unzählige Stunden mit meinem Gameboy. Tetris war ein simples, aber sehr forderndes Vergnügen. Dann gab es noch ein Puzzlespiel, bei dem man eine Tomate durch knifflige Labyrinthe leiten musste. Zentraler Zeitfresser war allerdings die Pokémon-Reihe. Ich fasse mich kurz, denn der folgende Link tut das nicht.



Die Serie im TV war ein stetiger Begleiter und die Module für den Gameboy zeitlose Klassiker. Man sammelte, kämpfte, taktierte, löste Rätsel, individualisierte, tauschte und die Musik verblieb zwischen den Ohren, auch wenn man den Gameboy beiseitelegte.


Klar, zahllose Klopperspiele (Tekken, Street Fighter, Turtles in Time à ja eher ein Brawler), Jump’n’Runs (Alles vom Klempner, Crash Bandicoot, Lucky Luke, Aladin) und weitere Kuriositäten vertrieben mir die Zeit. Zum Beispiel liebte ich RTL Skispringen (PS1&2). Die Steuerung war gewöhnungsbedürftig, das Spiel recht eintönig und repetitiv, aber es motivierte über einen langen Zeitraum.



Ich könnte und müsste eigentlich noch etliche weitere Spiele erwähnen. Aber der Text ist so schon zu lang. Leider oder zum Glück habe ich nicht mehr die Zeit zum Zocken, die ich früher hatte, aber die Erinnerungen kann mir keiner nehmen. Okay, Alkoholmissbrauch und zunehmende Senilität schon, allerdings funktioniert mein neuronales Archiv noch halbwegs ohne Aussetzer. Die Anschaffung einer Playstation 2 kann ich jedenfalls vorbehaltlos empfehlen. Günstiger kommt man kaum an virtuellen Spaß.


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